Aus Protest gegen die Gesetzesvorhaben der Bundesregierung bleiben am 14. Juni fast alle Apotheken geschlossen. In Wiesbaden wird es eine zentrale Kundgebung geben.
Wiesbaden/Mainz. Die Arzneimittelversorgung wird am Mittwoch, den 14. Juni, vielerorts nur über Notdienste sichergestellt sein. Mit einem bundesweiten Protesttag wollen die Apothekerinnen und Apotheker auf ihre schwierige Lage aufmerksam machen. Es geht um Lieferengpässe, Personalnot, zunehmende Bürokratie und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung.
Laut einer aktuellen Umfrage unterstützen 77 Prozent der Bürger die Streikforderungen und stellen sich hinter die Apotheken.
„Weil die Bundesregierung in ihren Gesetzesvorhaben immer wieder die Probleme der öffentlichen Apotheken übergeht, destabilisiert sie die Arzneimittelversorgung in Deutschland“, erklärte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in Berlin. „Wir streiken heute dafür, dass es auch morgen noch die Apotheke vor Ort gibt“, sagte Alexander Schopbach, Pressesprecher des Hessischen Apothekerverbands (HAV).
Apothekensterben setzt sich fort
Wie dramatisch die Situation ist, zeige das Apothekensterben: So ist im vergangenen Jahr bundesweit die Zahl der Apotheken von 18.461 auf 18.068 zurückgegangen, in Hessen von 1412 auf 1389. Dieser Trend hat sich im ersten Quartal ungebremst fortgesetzt: In ganz Deutschland gab es am 31. März noch 17.939 Apotheken, in Hessen waren es noch 1377. Auch in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Apotheken gesunken – von 1.084 im Jahr 2012 auf 871 (Stand 30. Mai). Zudem werde sich das Apothekensterben in den nächsten Jahren noch beschleunigen, da gut ein Drittel der Apothekeninhaber in Rheinland-Pfalz älter als 60 Jahre alt ist, berichtete der Apothekerverband Rheinland-Pfalz.
Immer seltener könnten sich junge Apothekerinnen und Apotheker den Gang in die Selbstständigkeit vorstellen, weil die wirtschaftliche Perspektive fehlt, erläutern die Verbände. Trotz steigender Kosten und der Inflationsentwicklung habe es in den vergangenen Jahren keine Honoraranpassung gegeben. „Heute werden wir mit 8,35 Euro je Medikament honoriert, seit 20 Jahren ohne relevante Anpassung. Angesichts der Kostenentwicklung brauchen wir 12 Euro, sonst rechnet es sich nicht“, sagte ABDA-Präsidentin Overwiening.
Zudem kritisieren die Verbände die mangelnde Wertschätzung, die das Bundesgesundheitsministerium der Apothekerschaft entgegenbringt. Im Schnitt seien Apotheken allein sechs Stunden pro Woche mit Lieferengpässen beschäftigt. Die Apotheker würden sich mit viel Herzblut um alternative Medikamente für ihre Kunden bemühen, manchmal sogar nachts, sagte HAV-Sprecher Schopbach. Vor diesem Hintergrund sei die geplante Lieferengpasspauschale von 50 Cent pro Medikament, die der Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Lieferengpässen vorsieht, ein „Schlag ins Gesicht“. Die Pauschale decke keinesfalls die Mehrarbeit ab, die durch Lieferengpässe entstehe: „Wir haben das durchgerechnet und fordern 21 Euro statt der 50 Cent“, sagte Schopbach.
Anlässlich des bundesweiten Protesttages organisiert der HAV am 14. Juni von 12 bis 14 Uhr eine zentrale Kundgebung auf dem Kochbrunnenplatz vor der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden. Der HAV geht davon aus, dass sich nahezu alle hessischen Apotheken am Streik beteiligen – mit Ausnahme der Notdienstapotheken. Auch der Landesverband Rheinland-Pfalz mobilisiere seine Apothekenteams, nach Wiesbaden zu kommen. Neben dem HA-Verbandschef Holger Seyfarth werden Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, Petra Engel-Djabarian vom Landesapothekerverband Rheinland-Pfalz sowie Vertreter der hessischen Landtagsfraktionen sprechen.