
Bei dem groß angelegten Schlag gegen mutmaßliche Unterstützer des Islamischen Staats gibt es auch Razzien in Hessen und Rheinland-Pfalz, darunter in Darmstadt, Wiesbaden und Mainz.
Wiesbaden/Mainz. Bei der Großrazzia gegen die Terrormiliz Islamischer Staat ging es am frühen Mittwochmorgen nicht um die direkte Vorbereitung von Anschlägen in Deutschland. Sondern es ging um ein internationales Finanzierungsnetzwerk dahinter, dessen mutmaßliche Helfer auch in Deutschland sitzen, und die mit gesammelten Spendengeldern IS-Anhänger in Syrien unterstützt haben sollen.
14 Beschuldigte allein in Hessen, acht in Rheinland-Pfalz
Mehr als 1000 Einsatzkräfte haben deshalb mehr als 100 Objekte in zehn Bundesländern durchsucht, allein in Hessen gibt es 14 Beschuldigte. In Rheinland-Pfalz sind es acht. Unter den sieben Festgenommenen in Deutschland, davon vier Frauen, ist auch ein Mann aus dem rheinland-pfälzischen Landkreis Neuwied. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor.
In Hessen wurden laut Landeskriminalamt (LKA) und Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Wohnungen in Kassel, Wiesbaden, Frankfurt, Offenbach und Darmstadt sowie in den Landkreisen Hochtaunus, Rheingau-Taunus, Offenbach und Groß-Gerau durchsucht. Die Beschuldigten sind demnach zwischen 20 und 44 Jahre alt und haben die algerische, italienische, türkische, österreichische, irakische, marokkanische und deutsche Staatsangehörigkeit.
Darmstädter soll Mittelsmann im IS-Spendennetzwerk gewesen sein
Einem 34-jährigen Beschuldigten aus Darmstadt werde zur Last gelegt, innerhalb eines international agierenden Spendennetzwerks als Mittelsmann tätig gewesen zu sein. Er soll Spenden entgegengenommen und mithilfe einer weiteren Person an ein mutmaßliches IS-Mitglied in Syrien weitergeleitet haben. Dazu soll er im September 2020 ein Konto bei einem Online-Bezahldienst eingerichtet und für Spendenaufrufe des Netzwerks zur Verfügung gestellt haben.
Die übrigen Beschuldigten stehen nach Angaben der Ermittler in Verdacht, in den Jahren 2020 bis 2022 mehrmals Geld an Personen aus der Zwischenebene des Spendennetzwerks überwiesen zu haben, wobei ihnen bewusst gewesen sein soll, dass das Geld an den IS weitergeleitet werden würde. Insgesamt soll so ein Betrag von rund 16.000 Euro an den IS geflossen sein. An der Razzia in Hessen waren laut der Mitteilung rund 180 Beamtinnen und Beamte des LKA, der Polizeipräsidien Frankfurt, Südosthessen, Südhessen, Westhessen und Nordhessen sowie des Hessischen Bereitschaftspolizeipräsidiums beteiligt. Es seien zahlreiche Beweismittel, insbesondere schriftliche Unterlagen, Datenträger, Kommunikationsmittel, Bargeld, Krypto-Wallets und Waffen sichergestellt worden.
In Rheinland-Pfalz gibt es laut Generalstaatsanwaltschaft Koblenz insgesamt acht Beschuldigte, von denen sieben in dem Bundesland leben und einer einen Wohnsitz im Saarland und in Hessen (Darmstadt) habe. Auch bei ihnen bestehe der Verdacht, über Dritte Spendengeld nach Syrien transferiert zu haben. Razzien gab es demnach in den Landkreisen Mainz-Bingen und Germersheim, im Rhein-Pfalz-Kreis, im Donnerbergkreis, in Mainz, in Koblenz sowie in Saarbrücken. Sichergestellt wurden auch hier Papiere, Datenträger und Kommunikationsmittel.
„Die Festnahmen und Durchsuchungen zeigen, dass der Staat die finsteren Machenschaften des IS und seiner Verbündeten nicht duldet“, teilte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) mit. „Unsere Sicherheitsbehörden treten terroristischen Vereinigungen und deren Strukturen entschlossen entgegen, um solchen Bestrebungen jede Grundlage zu entziehen.“ Dazu gehöre es auch, Netzwerke zur Finanzierung zu kappen.
Spendengelder sollten inhaftierten IS-Anhängern in Syrien helfen
Laut Bundesanwaltschaft wurden die gesammelten und weitergeleiteten Spendengelder „insbesondere zur Verbesserung der Versorgungslage von in den nordsyrischen Lagern Al-Hol und Roj inhaftierten Angehörigen der Vereinigung“ genutzt. Teilweise sei den IS-Anhängern mit dem Geld die Flucht oder Schleusung aus den Lagern ermöglicht worden. Auf diese Art und Weise seien von Deutschland aus insgesamt mindestens 65.000 Euro an den IS in Syrien transferiert worden. Festgenommen wurden neben dem Mann im Landkreis Neuwied zwei Männer und vier Frauen in Ulm (Baden-Württemberg), Bremen sowie je zwei im Kreis Heinsberg und im Rheinisch-Bergischen Kreis (beide Nordrhein-Westfalen).