Neue Corona-Variante: Keine Panik vor dem „Höllenhund“

aus Coronavirus-Pandemie

Thema folgen

Die Corona-Variante BQ.1.1 ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Einige Fachleute kritisieren den Spitznamen, der in den Medien kursiert. Was man über die Variante weiß.

Anzeige

Berlin. Eine neue Coronavirus-Variante sorgt wieder einmal für Schlagzeilen: Weil die Omikron-Subvariante BQ.1.1. mit einer erhöhten Ansteckungswahrscheinlichkeit einhergeht, hat sie inoffiziell den Namen Cerberus erhalten, den Namen des „Höllenhundes“ in der griechischen Mythologie. Die Bezeichnung ist höchst umstritten, weil sie dazu geeignet ist, Panik zu schüren – bislang gibt es keine Hinweise auf eine höhere Krankheitsschwere.

Die Variante, die ein Abkömmling der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante BA.5 ist, verbreitet sich schnell. Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC geht davon aus, dass sie bis Anfang 2023 in Europa die derzeit vorherrschende Variante nahezu verdrängen könnte. Es wird damit gerechnet, dass bereits ab Mitte November bis Anfang Dezember mehr als 50 Prozent aller Corona-Infektionen auf BQ.1 und seine Unterlinie BQ.1.1 zurückzuführen sein werden.

Rascher Anstieg der Ausbreitung

In Deutschland liegt der Anteil von BQ.1 und BQ.1.1 am Infektionsgeschehen zwar derzeit noch bei unter drei Prozent, die Experten gehen aber davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen bereits höher sind, da hierzulande im weltweiten Vergleich eher seltener auf Varianten sequenziert wird. Zudem würden die RKI-Daten der tatsächlichen Entwicklung hinterher hängen, wie Moritz Gerstung vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg der Nachrichtenagentur dpa sagte. Seinen Berechnungen zufolge müsste der Anteil von BQ.1 und BQ.1.1 bereits zwischen sechs und sieben Prozent betragen.

Anzeige

Der beobachtete Anstieg der Wachstumsrate von BQ.1 wird laut ECDC hauptsächlich durch sogenannte Immunflucht verursacht: Weil es gerade an den Stellen mutiert ist, an denen die Antikörper an das Spike-Protein binden, kann das Virus vom Immunsystem nicht mehr so gut erkannt werden. Laut Gerstung steckt ein Infizierter 60 bis 80 Prozent mehr Menschen an als ein mit BA.5 Infizierter. Nach den derzeit verfügbaren Daten gibt es laut ECDC allerdings keinen Hinweis darauf, dass BQ.1 und BQ.1.1 schwerere Erkrankungen hervorrufen als BA.5.

„Auch wenn BQ.1.1 eine gewisse Immunflucht hat, es kann der Immunität nie ganz entkommen“, sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, dem „Spiegel“. Watzl kritisierte in dem Bericht die inoffizielle Namensgebung, die unter anderem bei Twitter und in Medienberichten kursiert: „Höllenhund“ sei sicherlich kein geeigneter Name. Der Immunologe schlug vor, für Varianten, die vorherrschend werden, offizielle und einfachere Namen als BA.1, BA.2, BA.5 oder BQ.1.1 zu finden. Auch der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung stimmte Watzl zu. Man sollte damit nicht Schlagzeile machen, twitterte er.

Schutz vor schweren Verläufen und Todesfällen

Laut den Experten haben die meisten Menschen inzwischen einen Immunschutz aufgebaut – entweder durch Impfung oder durch eine überstandene Infektion. Und diese „geht auch nicht wieder weg“, wie der Bioinformatiker Richard Neher von der Uni Basel, in einem Interview mit der „Tagesschau“ erläutert. Es werden daher nicht mehr diese schweren Verläufe beobachtet, die es gab, als es noch überhaupt keine Immunität in der Bevölkerung gab.

Anzeige

Zwar sei BQ.1.1 selbst für Geimpfte und Geboosterte relativ ansteckend, weil es die Antikörper im Blut besonders effektiv umgehen könne, nicht jedoch die zelluläre Immunität von B- und T-Zellen, das sogenannte Immungedächtnis. Das erläuterte die Virologin Jana Schröder, Chefärztin am Mathias-Spital in Rheine, im Deutschlandfunk. Dass die verfügbaren Corona-Impfstoffe weiter vor schweren Verläufen und Todesfällen schützen, bestätigte auch Christine Falk, Präsidentin der deutschen immunologischen Gesellschaft der dpa.