Corona: Die Ständige Impfkommission will vor allem besonders gefährdete Gruppen mit einer vierten Impfung schützen.
BERLIN. Überraschend empfiehlt die Ständige Impfkommission, dass es noch vor dem Omikron-angepassten Impfstoff einen zweiten Booster geben soll. Für wen das gilt, mit welchem Impfstoff und mit welchem Abstand - ein Überblick über die Entscheidungen.
Wem empfiehlt die Stiko die vierte Impfung?
Die Stiko empfiehlt eine zweite Auffrischimpfung (also die vierte Impfung) für vier Gruppen: Menschen ab 70 Jahren, Bewohner von Pflegeheimen, Menschen mit Immunschwäche (ab fünf Jahren), Mitarbeiter in Krankenhäusern, Praxen und Pflegeeinrichtungen, insbesondere bei direktem Kontakt zu Patienten und Bewohnern.
In welchem Abstand sollen sich die Menschen zum zweiten Mal boostern lassen?
Auch dazu macht die Stiko konkrete Vorschläge: Die zweite Auffrischimpfung soll bei gesundheitlich gefährdeten Personen frühestens drei Monate nach der ersten Booster-Impfung erfolgen. Das Personal in Krankenhäusern, Praxen und Pflegeheimen soll die zweite Auffrischung frühestens nach sechs Monaten erhalten.
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Was gilt für Genesene?
Hier empfiehlt die Stiko keine Booster-Impfung. Die Experten schreiben: „Personen, die nach der ersten Auffrischimpfung eine Infektion durchgemacht haben, wird keine weitere Auffrischimpfung empfohlen.“
Warum soll jetzt doch ein zweites Mal geboostert werden?
Experten sahen das bislang kritisch. Erst vor zwei Wochen hat Leif Erik Sander, Impfstoff-Forscher an der Berliner Charité, von einem zweiten Booster abgeraten. Weitere Auffrischungen mit den bekannten Impfstoffen seien nur in Einzelfällen, etwa bei transplantierten Menschen, sinnvoll. Nun sagt die Stiko: „Aktuelle Daten zeigen, dass der Schutz nach erster Auffrischimpfung gegen Infektionen mit der Omikron-Variante innerhalb weniger Monate abnimmt.“ Dies sei insbesondere für Menschen ab 70 und für Personen mit Immunschwäche bedeutsam, da diese das höchste Risiko für einen schweren Verlauf haben.
Was sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu?
Der Minister schrieb dazu beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Die Entscheidung der Stiko zur vierten Impfung bei Älteren und Risikopatienten ist richtig und gibt zusätzliche Sicherheit für diese Menschen.“ Trotzdem müssten weiterhin Erstimpfungen und Booster unsere Priorität bleiben.
Wie wird die neue Stiko-Empfehlung in der Ärzteschaft aufgenommen?
Die Hausärzte haben es begrüßt, dass die Stiko bei der Frage nach einer vierten Impfung Klarheit schaffe. „Die Hausärztinnen und Hausärzte stehen bereit, um auch die nächste Phase der Impfkampagne voranzutreiben“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, dem Berliner Büro dieser Zeitung.
Wie viele ältere Menschen sind nach Ansicht des Gesundheitsministeriums nicht ausreichend immunisiert?
Virologen warnen mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter vor einer Immunisierungslücke bei Menschen ab 60 Jahren. Bleibt die Lücke bestehen, könnte sie zu einem erneuten Anstieg der Corona-Zahlen mit den bekannten Folgen führen. Wer nicht mindestens dreimal geimpft (geboostert) ist, wird von den meisten Experten als nicht ausreichend immunisiert angesehen. Das Bundesgesundheitsministerium teilte auf Anfrage mit, dass nach seinen Berechnungen rund sechs Millionen Personen in der Altersgruppe über 60 Jahre noch keine Auffrischungsimpfung erhalten hätten.
Von Jan Drebes, Antje Höning und Jana Wolf