Wir fragen in unserer Serie Wählerinnen und Wähler, was sie von der neuen Bundesregierung erwarten. Heute sagt Start-Up-Unternehmerin Sarah Kutschkurov aus Bürstadt ihre Meinung.
BÜRSTADT. Es klingt nach einer Start-Up-Bilderbuch-Idee für die Corona-Pandemie. Ein Lieferdienst, der die lokalen Kleinhändler stärkt, die Ware kontaktlos beim Kunden abliefert und das obendrein umweltschonend mit dem E-Fahrzeug bis zur Wohnungstür erledigt. Entstanden ist „Onkel Alfred“ zwar nicht wegen Corona. Das Bürstädter Start-Up von Gründerin Sarah Kutschkurov funktioniert aber wohl auch gerade deswegen.
Digitalisierung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit – in ihrem Unternehmen hat Sarah Kutschkurov die Dinge zusammengeführt, die ihr besonders wichtig sind. In wenigen Wochen erwartet die Geschäftsführerin von „Onkel Alfred“ ihr drittes Kind. Dennoch nimmt sie sich im Arbeitsalltag kaum zurück. Ein Start-Up ist schließlich immer in Bewegung, will mit neuen Ideen gefüttert werden, muss im Gespräch bleiben und sich stetig wandeln, neuen Gegebenheiten anpassen.
Die Idee hinter „Onkel Alfred“: Kunden kaufen auf sogenannten Marktplätzen bei kleineren Unternehmen Lebensmittel ein und bekommen die Bestellung nach Hause geliefert. Das Start-Up spricht gezielt mittelständige Unternehmen in der Region an, die sich beteiligen können. Sozusagen ein kleines Gegengewicht zu den Logistikriesen. Geliefert wird Obst und Gemüse, Backwaren und Fleisch vom Metzger um die Ecke. Aber auch Gastronomen und Einzelhändler finden sich auf der Plattform.
"Ich fände es toll, wenn Deutschland in Sachen Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnehmen würde." Sarah Kutschkurov, Gründerin
Der Umweltaspekt im Kleinen hat „Onkel Alfred“ entstehen lassen. Das Start-Up folgte keiner großen Geschäftsidee oder einem Masterplan – sondern war zunächst ein „Familiending“, wie Kutschkurov erklärt. Mit ihren beiden Geschwistern wohnt sie in Bürstadt eng mit ihren Eltern beieinander. „Teilweise haben wir uns dann mit vier Autos beim Einkaufen getroffen“, sagt Kutschkurov. Erst beim Metzger, dann beim Bäcker, später noch im Supermarkt. Natürlich waren alle mit einem Verbrenner unterwegs. In Familiengesprächen wurde schließlich die Idee eines nachhaltigen Lieferdienstes geboren und im Sommer 2020 in die Tat umgesetzt.
Hoffen auf ambitionierte Ziele
Innovation und Mut – zwei Dinge, die sich Sarah Kutschkurov auch von der neuen Regierung wünschen würde. Dabei sind Klima- und Umweltschutz die Probleme, die sie gerne als erstes angegangen sehen möchte. Mehr noch: Sarah Kutschkurov hofft, dass sich Deutschland in der nächsten Legislaturperiode sehr ambitionierte Ziele stecken wird. Ziele, die zunächst einmal nur schwer zu erreichen scheinen.
Sie sind noch nicht sicher, welche Partei Sie wählen? Hier gibt es Entscheidungshilfe: Noch unentschlossen? Wahl-O-Mat ist freigeschaltet.</em>
„Ich fände es toll, wenn Deutschland in Sachen Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnehmen würde.“ Dass andere Länder auf Deutschland schauen und diesem Vorbild nacheifern. Das wünscht sich Sarah Kutschkurov von der nächsten Regierung. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Digitalisierung und die Infrastruktur im privaten Bereich und an Schulen in Kutschkurovs Augen zwar verbessert. „Investitionen in Schule und Bildung müssen aber weitergehen“, meint die Gründerin.
Wie groß der digitale Nachholbedarf ist, bekommt Sarah Kutschkurov regelmäßig in ihrem beruflichen Alltag zu spüren. Vielen Kleinbetrieben sei die Notwendigkeit bewusst, digitaler arbeiten zu müssen. Den Schritt ins Netz gehen von sich aus aber die Wenigsten. Selbst viele jüngere Kunden seien mit dem Online-Banking nicht so vertraut. Deshalb hat „Onkel Alfred“ eine Hotline für die sogenannten „Offline-Kunden“ eingerichtet.
Baerbock-Euphorie ist verflogen
Was die Eigenschaften des neuen Bundeskanzlers oder der neuen Bundeskanzlerin angeht, legt Sarah Kutschkurov eine nüchterne Betrachtungsweise an den Tag. Durchsetzungsstark und glaubwürdig solle sich die Merkel-Nachfolgerin oder der Nachfolger präsentieren. „Ehrlichkeit wäre vielleicht zu viel verlangt“, meint die Bürstädterin.
Als sich die Parteien positionierten und ihre Kandidaten benannten, war Sarah Kutschkurov zunächst begeistert. Dass die Grünen mit Annalena Baerbock eine Frau ins Rennen um das Kanzleramt geschickt haben, imponierte ihr. Mittlerweile ist die Euphorie ein bisschen verflogen. „Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, eine Frau zu wählen nur weil sie eine Frau ist“, sagt Sarah Kutschkurov.