Aiwanger: Sehe keinen Grund für Rücktritt oder Entlassung

aus Landtagswahl 2023 in Hessen

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Viel beachteter Wahlkampfauftritt: Hubert Aiwanger bei einem Hoffest der hessischen Freien Wähler in Wetter-Mellnau (Marburg-Biedenkopf). Ihm gegenüber (im schwarzen Anzug) der Landesparteichef Engin Eroglu.
© Olaf Streubig

Der bayerische Freie-Wähler-Chef fordert ein Ende der „Hexenjagd“. Bei einem Wahlkampfauftritt in Hessen bekommt er viel Rückendeckung von der Parteibasis.

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München/Wetter. In der Affäre um ein altes antisemitisches Flugblatt sieht der Freie-Wähler-Vorsitzende Hubert Aiwanger nach eigenen Angaben keinen Grund für einen Rücktritt oder eine Entlassung. Vielmehr geht er davon aus, dass mit seiner Beantwortung des Fragenkatalogs von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) alle Gründe für eine mögliche Entlassung ausgeräumt seien, sagte der 52-Jährige der „Bild am Sonntag“. Er forderte ein Ende der „Hexenjagd“. Bei einem Wahlkampfauftritt im hessischen Wetter-Mellnau (Kreis Marburg-Biedenkopf) wurde er am Samstagmittag von Anhängern mit viel Beifall empfangen. Auf die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Flugblatt ging er jedoch nicht weiter ein.

„Großen Dank für das zahlreiche Erscheinen“, sagte Aiwanger zu Beginn seiner knapp einstündigen Rede, „das stärkt mir den Rücken in schwieriger Zeit.“ Zu dem Hoffest der Freien Wähler waren rund 300 Anhänger gekommen – zudem zahlreiche Journalisten und Kamerateams. Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt; die Veranstaltung war der offizielle Wahlkampfauftakt für die Partei, die in Hessen bislang nicht im Landtag vertreten ist und derzeit in Umfragen bei rund drei Prozent liegt. Klarer Tenor der lokalen Parteivertreter vor Ort: Aiwanger müsse nicht zurücktreten; es gelte die Unschuldsvermutung, die Aufmerksamkeit helfe der Partei eher. Von Landwirt Wilhelm Hartmann aus Fulda, der als Fluthelfer im Ahrtal überregionale Bekanntheit erlangt hat, erhielt Aiwanger ein Lenkrad. Das Signal: Der Politiker möge Kurs halten. Eine Freie-Wähler-Anhängerin allerdings merkte an, dass die Krisenkommunikation Aiwangers schlecht gewesen sei. Am Ende der Rede gab es für ihn Beifall im Stehen.

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Viel beachtete Ankunft zum Wahlkampfauftritt: Hubert Aiwanger bei einem Hoffest der hessischen Freien Wähler in Wetter-Mellnau (Marburg-Biedenkopf), neben ihm (im schwarzen Anzug) der Landesparteichef Engin Eroglu.
Bei seinem Wahlkampfauftritt in Wetter-Mellnau (Kreis Marburg-Bidenkopf) bekommt Hubert Aiwanger von Landwirt Wilhelm Hartmann aus Fulda - bekannt als Fluthelfer im Ahrtal - ein Lenkrad überreicht. Das Signal: Aiwanger solle Kurs halten.
Plakat-Unterstützung beim Wahlkampfauftritt: Hubert Aiwanger trat am Samstagmittag bei einem Hoffest der hessischen Freien Wähler in Wetter-Mellnau (Marburg-Biedenkopf) auf.
Wahlkampfauftritt: Hubert Aiwanger bei einem Hoffest der hessischen Freien Wähler in Wetter-Mellnau (Marburg-Biedenkopf).
Wahlkampfauftritt: Hubert Aiwanger bei einem Hoffest der hessischen Freien Wähler in Wetter-Mellnau (Marburg-Biedenkopf).
Wahlkampfauftritt: Hubert Aiwanger bei einem Hoffest der hessischen Freien Wähler in Wetter-Mellnau (Marburg-Biedenkopf).

Hessischer Freie-Wähler-Chef Eroglu stellt sich hinter Aiwanger

Der hessische Landesvorsitzende der Freien Wähler, Engin Eroglu, hat sich ebenfalls hinter Aiwanger gestellt. Auch wenn die seit einer Woche kursierenden Vorwürfe gegen den bayerischen Vize-Regierungschef „alle schlimm“ seien, gebe es „nicht einen Beweis“ dafür, sagte Eroglu vor Beginn der Veranstaltung. Aiwanger habe „glaubwürdig versichert“, dass er das Flugblatt nicht geschrieben habe, und sei „nicht Auslöser dieser Kampagne“.

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Der Freie-Wähler-Chef und bayerische Wirtschaftsminister hatte vor Tagen einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zurückgewiesen, in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben. Er räumte aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Aiwangers älterer Bruder gab an, das Pamphlet geschrieben zu haben. Daraufhin forderte Bayerns Ministerpräsident Söder Aiwanger zur Beantwortung eines Fragenkatalogs zu dem Flugblatt auf. Seine Antworten auf die 25 Fragen waren am Freitagabend übermittelt worden. Sie würden nun „in Ruhe“ ausgewertet, hieß es am Samstagmorgen aus CSU-Kreisen.

Aiwanger will Koalition in Bayern mit der CSU weiterführen

Aiwanger sagte der „Bild am Sonntag“ weiter: „Ich weiß nicht, zu welcher Einschätzung der Ministerpräsident kommt, aber ich sehe nach meinen Antworten überhaupt keinen Grund für einen Rücktritt oder eine Entlassung.“ Die Koalition mit der CSU möchte er weiterführen: „Ich wünsche mir, dass es nach den Wahlen eine Fortsetzung der Koalition von uns mit der CSU geben kann, natürlich hängt das aber vom Wahlergebnis ab.“ Die Landtagswahl in Bayern findet wie in Hessen am 8. Oktober statt.

Bei seinen Wählern sei „die Empörung über diese Kampagne“ groß, sagte Aiwanger. „Ich habe mich für Fehler von mir entschuldigt. Wir müssen uns jetzt wieder der Tagesarbeit für unser Land widmen können.“