Samstag,
23.11.2019 - 00:00
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Kommentar zu Israel: Netanjahus Chuzpe
Der Kommunikationsminister gewährt einem Medienunternehmen rechtliche Vorteile, damit dieses auf seinem Nachrichtenkanal positiv über ihn berichtet. Der Minister und seine Familie lassen sich von zwei Geschäftsleuten Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von umgerechnet 230 000 Euro schenken – die Gegenleistung sind Steuererleichterungen in Millionenhöhe. Das sind nur zwei der Vorwürfe, mit denen Israels national-konservativer Premier Benjamin Netanjahu konfrontiert ist. Es geht um Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Formuliert werden die Vorwürfe nicht auf irgendeiner dubiosen Internetseite, sondern von Israels Justiz: Der Generalstaatsanwalt hat nach intensiven Ermittlungen Anklage erhoben. Das alles ist schon starker Tobak. Geradezu atemberaubend aber ist die Chuzpe, mit der Netanjahu auf die Anklage reagiert. Nicht nur, dass er einen Rücktritt ablehnt – trotz Unschuldsvermutung wäre ein solcher Schritt für einen demokratisch gewählten Politiker ein Gebot des Anstands. Netanjahu bezeichnet die Ermittlungen der Staatsanwälte gegen ihn als Putschversuch. Indirekt fordert er damit seine Anhänger zum Widerstand auf. In grenzenlosem Egoismus legt der Premier die Axt an die Wurzeln der Demokratie in Israel. Über seine Politik, insbesondere über seinen Kurs in der Siedlungsfrage, kann man geteilter Ansicht sein. Über die Eignung Netanjahus als Premier kann es keine zwei Meinungen mehr geben. Er muss aus dem Amt entfernt werden. Es liegt in der Hand seiner Likud-Partei, ihn aus dem Spiel zu nehmen. Dann bestünde auch die Chance zur Bildung einer Einheitsregierung, die das zerrissene Land so dringend braucht.