Die Mondlandung: Im Kampf gegen Verschwörungstheorien und "Fake-News"
1969 erlebt der Raumfahrt-Ingenieur Rainer Kresken mit dem Anblick Mondlandung im Fernsehen einen Schlüsselmoment, der den Werdegang des damals siebenjährigen Darmstädters begründet. Seit er bei der europäischen Raumfahrtbehörde ESA arbeitet, beantwortet er den Zweiflern und Neugierigen auf Vorträgen ihre Fragen rund um Mondlandung und Raumfahrt.
Von Stephen Wolf
Spaziergang auf dem Erdtrabanten: Der US-Astronaut Edwin Aldrin wird von seinem Kollegen Neil Armstrong (er ist im verspiegelten Visier zu erkennen) bei seinen ersten Schritten auf dem Mond fotografiert. Archivfoto: Nasa/dpa
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DARMSTADT - Viele sind überzeugt, die Mondlandung habe nie stattgefunden. Ein Darmstädter Raumfahrtingenieur argumentiert gegen diesen Klassiker moderner Verschwörungstheorien. Aber wirken nüchterne Fakten auch gezielten Manipulationen entgegen?
Am 21. Juli 1969 hatte Rainer Kresken so etwas wie ein Erweckungserlebnis. Gebannt verfolgte der damals sieben Jahre alte Junge im Fernsehen, wie Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat. "Ohne dieses Ereignis wäre ich nicht der geworden, der ich heute bin", sagt der 54 Jahre alte Raumfahrtingenieur, der bei der europäischen Raumfahrtbehörde ESA in Darmstadt arbeitet. Seit Jahren verteidigt er die Apollo-Mission mit wissenschaftlichen Argumenten gegen Menschen, die glauben, dieses Ereignis, aber auch die anderen Mondlandungen zwischen 1969 und 1972, hätten niemals stattgefunden, seien Propaganda der US-Regierung gewesen.
In Vorträgen antwortet er Frauen und Männern die sich fragen, wieso Fotos etwa eine wehende US-Flagge auf dem Mond zeigen. Dabei gebe es dort keine Luftbewegung, es könne also keine Fahne wehen. Auch dass es keinen Krater unter der Landefähre gab, bewegt Zweifler. Dass eine Stange die Fahne stabilisierte und kein Krater entstand, weil der Mond nur von einigen Zentimetern Staub bedeckt ist, sei eine nachprüfbare Begebenheit, sagt Kresken.
MISSION APOLLO 11
Der erste bemannte Flug zum Mond war im Dezember 1968 mit der Apollo 8. An Bord waren Frank Borman, William Anders und James Lovell. Sie umkreisten zehnmal den Mond und waren die ersten Menschen, die die Rückseite des Mondes sahen.
Am 21. Juli 1969 um 3.56 Uhr Mitteleuropäischer Zeit betraten im Zuge der Mission Apollo 11 die ersten Menschen den Mond, Neil Armstrong und Edwin Aldrin. Fünf weitere bemannte Mondlandungen des Apollo-Programms fanden in den folgenden drei Jahren statt. . Noch vor Apollo 11 versuchte die Sowjetunion, Mondgestein auf die Erde zu bringen. Dies gelang allerdings erst mit der am 20. September 1970 gelandeten Luna 16. Das bemannte Mondprogramm der Sowjetunion wurde nicht umgesetzt. Quelle: Wikipedia
Angebliche Ungereimtheiten prüft er auf wissenschaftliche Weise, mit beteiligten Astronauten hat er persönlich gesprochen. Für den Ingenieur ist klar, die Amerikaner waren auf dem Mond. Heute gibt es im Internet zahlreiche Foren und Dokumentationen, in denen das Thema diskutiert wird. Eine Theorie besagt, der große Regisseur Stanley Kubrick selbst habe die Mondlandungen gefälscht. Das Thema greift der 2016 erschienene Kinofilm "Operation Avalanche" auf und thematisiert eine nur vorgetäuschte Mondlandung im Filmstudio.
Schon seit den 1970er Jahren geistern Verschwörungstheorien zur Mondlandung durch die Welt. "Sicher, es gibt Leute, die wollen keine Fakten hören und an ihrem Weltbild festhalten", sagt Kresken, der am Telefon auch schon als "Nasa-Scherge" beschimpft wurde. "Die meisten Zuhörer lassen sich aber überzeugen", sagt er und plädiert für nüchternes Abwägen von Argumenten. Es säßen auch nicht nur Anhänger von Verschwörungstheorien im Publikum. Viele Leute seien neugierig und wollten sich über das Thema informieren. Verschwörungstheorien gibt es viele, die angebliche Konspiration zur Mondlandung gehört zu den harmloseren. Theorien reichen von einer angeblichen jüdischen Geheimorganisation, die eine Weltherrschaft anstrebe bis hin zu Illuminaten, die das gleiche wollen. Wie gefährlich solche Theorien sein können, zeigt sich etwa bei den "Reichsbürgern". In ihren Reihen befinden sich Rechtsradikale, Esoteriker sowie Verschwörungstheoretiker, die die Bundesrepublik Deutschland für einen Schwindel halten. Der Medienwissenschaftler Jochen Hörisch sagt, solche Theorien wie auch "Fake News" zielten vor allem auf die Gefühlswelt der Empfänger. Sie bestärkten jene, die zwanghaft überall konspirative Machenschaften witterten und sich mit anderen Sichtweisen nicht ernsthaft auseinandersetzen wollten. Rationale Argumente kämen dabei an Grenzen, was die Demokratie bedrohe: "Demokratische Prozesse funktionieren, wenn sich Akteure auf sachlich unstrittige Daten stützen können und Bereitschaft zum Kompromiss besteht."
Bernd Harder von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) sieht im rationalen Ansatz zwar eine Möglichkeit, um mit Verschwörungstheoretikern ins Gespräch zu kommen. Aber es stelle sich auch stets die Frage, ob es einer solchen Person wirklich um Fakten gehe oder ob ihr Weltbild schon so gefestigt ist, dass rationale Argumente nicht mehr wahrgenommen werden. "Sehr häufig - und das ist das Problem - geht es nämlich gar nicht um Fragen, sondern es geht von vorneherein um einen dumpfen Verdacht und tiefes Misstrauen", sagt Harder. In diesem Fall habe man es mit Weltanschauungen, teilweise mit geschlossenen Weltbildern, zu tun. Die Verschwörungstheorie diene im Grunde nur dazu, eigene Vorurteile scheinbar zu rationalisieren.
Die 1987 gegründete GWUP mit Sitz im südhessischen Roßdorf untersucht parawissenschaftliche Thesen nach wissenschaftlichem Kenntnisstand und berichtet öffentlich darüber. Forscher unterschiedlicher Gebiete sind hier aktiv.
Harder sagt, die Besorgnis sei groß, dass Verschwörungstheorien oder "Fake News" ein unkontrollierbares Gewicht bekommen. "Letztendlich wird es darum gehen, Mittel zu finden, tatsächlich Menschen außerhalb des eigenen Spektrums zu erreichen. Darüber öffentlich nachzudenken, zu sensibilisieren, neue Strategien gegen Radikalisierung zu entwickeln, das scheint im Moment der einzige Weg."
Der heute 87 Jahre alte Astronaut Buzz Aldrin gab 2002 einem Verschwörungstheoretiker jedenfalls seine ganz eigene Antwort. Als der Filmemacher Bart Sibrel den zweiten Mann auf dem Mond zur Rede stellen wollte und ihn einen Lügner nannte, holte Aldrin aus und verpasste seinem Gegenüber einen Faustschlag ins Gesicht.