Maskulismus: Arne Hoffmann aus Wiesbaden kämpft für Männerrechte

Der Mann als Opfer. Foto: Aus „Die Zweideutigkeit der Warenästhetik am Beispiel der Indienstnahme des sexuellen Scheins” von Christiane Schmerl  Foto: Aus „Die Zweideutigkeit der Warenästhetik am Beispiel der Indienstnahme des sexuellen Scheins” von Christiane Schmerl
© Foto: Aus „Die Zweideutigkeit der Warenästhetik am Beispiel der Indienstnahme des sexuellen Scheins” von Christiane Schmerl

Nein, Arne Hoffmann fühlt sich in unserer Gesellschaft nicht diskriminiert. Sehr wohl aber sein Geschlecht. Der 48-jährige Wiesbadener, der rund 50 Bücher verfasst hat, hält...

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. Nein, Arne Hoffmann fühlt sich in unserer Gesellschaft nicht diskriminiert. Sehr wohl aber sein Geschlecht. Der 48-jährige Wiesbadener, der rund 50 Bücher verfasst hat, hält sein 2014 erschienenes „Plädoyer für eine linke Männerpolitik“ bereit.

Der Mann als Opfer. Foto: Aus „Die Zweideutigkeit der Warenästhetik am Beispiel der Indienstnahme des sexuellen Scheins” von Christiane Schmerl  Foto: Aus „Die Zweideutigkeit der Warenästhetik am Beispiel der Indienstnahme des sexuellen Scheins” von Christiane Schmerl
Utopist und Maskulist: der  Wiesbadener Schriftsteller Arno Hoffmann.Foto: Torsten Boor  Foto: Torsten Boor

Darin räumt er gleich zu Beginn mit einem Vorurteil auf, das ihn ärgert: Denn Maskulismus bedeute mitnichten allein Bekämpfung von Männer-Diskriminierung. Maskulismus sei „Weltsicht und Theoriegebäude der Männerrechtsbewegung“, der zufolge auch einem Mann Zuwendung und Unterstützung zustehe, wenn er diskriminiert, zum Opfer wird oder aus anderen Gründen leidet.

Strategien für eine gerechtere Politik

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Und: Maskulisten erforschen Benachteiligungen, soziale Problemlagen und Menschenrechtsverletzungen in Bezug „auf alle Menschen“ und entwickeln realistische Lösungsstrategien, die dann in „einer gerechten Politik zur Anwendung kommen“. Hoffmann räumt ein, dass „Humanismus“ der bessere Begriff für die Bewegung gewesen wäre, „aber der ist ja schon besetzt“.

Der Schriftsteller, der 1996 nach dem Studium der Literatur- und Medienwissenschaft an der Universität Mainz ein Thema für sein erstes Buch suchte und bei Recherchen auf die häusliche Gewalt gegen Männer stieß, hat sich ganz der Männerrechtsbewegung verschrieben. Dass er auch Sex-Ratgeber verfasst, liege daran, dass sich mit diesen Büchern mehr Geld als mit seinen wissenschaftlichen Abhandlungen über Sexismus gegen Männer verdienen lasse. Er betreibe, sagt der im Elternhaus im Taunus lebende Autor, bis zu zehn Stunden täglich Quellenarbeit, und müsse nicht alles erlebt haben, „um darüber schreiben zu können“.

Hoffmann mag häusliche Gewalt nicht erlebt haben, doch „Männer sind generell häufiger Opfer von Gewalt als Frauen“. Zu diesem Schluss kommt der Sozialwissenschaftler Peter Döge, der 2010 im Auftrag der „Männerarbeit der evangelischen Kirche“ für seine Studie „Männer – die ewigen Gewalttäter?“ insgesamt 1470 Männer und 970 Frauen befragte. Dabei war der Gewaltbegriff sehr weit gefasst, reichte von verbaler Gewalt, Kontrolle und Zwang bis hin zu leichten und schweren Gewalttaten sowie sexualisierter Gewalt.

„An wen soll sich ein misshandelter Mann werden?“, fragt Hoffmann. Ginge er zur Polizei, werde er doch nur belächelt. Doch obgleich männliche Opfer von häuslicher Gewalt nicht zuletzt auch aus Scham schwiegen, zeigen Daten des Bundeskriminalamtes, dass die Partnerschaftsgewalt gegen Männer von zunehmender Relevanz zu sein scheint. Der kriminalstatistischen Auswertung zur Partnerschaftsgewalt aus dem Jahr 2015 zufolge ist die Zahl männlicher Opfer zwischen 2012 und 2015 von 19 971 auf 23 167 gestiegen. „Die Dunkelziffer ist hoch“, interpretiert Hoffmann die vielen Zuschriften, die ihn zumeist anonym erreichen. Hilfe leistet ein Männerberatungsnetzwerk, eine unabhängige Vernetzungsplattform, die von häuslicher Gewalt betroffenen Männern zur Seite steht.

Dazu gehören in Hessen der Verein KlarMann in Darmstadt-Dieburg und in Rheinland-Pfalz „Männer Mainz“, Mitglied der Mainzer Männerinitiative. Die fragt sich seit geraumer Zeit, sagt Mit-Initiator Michael Schwarz, wie sich politisch vorgehen und „mehr Druck“ aufbauen lasse, um die Rechte für Männer zu stärken. Schwarz berichtet von „teilweise richtig heftigen Fällen“, die am Mainzer Männer-Telefon bekannt werden. Es sei schlimm, den Ratsuchenden dann keine entsprechende Hilfe anbieten zu können. „Die Einrichtung eines Männerhauses für die Region Rhein-Main wäre ein sinnvolles Pilotprojekt“, meint er. Und: „Wir müssen politisch aktiv werden, um uns zu professionalisieren. Sonst schläft das bisher aufgebaute Hilfsangebot womöglich wieder ein.“

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Die Einrichtungen des Netzwerkes finden sich auch auf „Genderama“, dem Blog des linken Flügels der antisexistischen Männerbewegung, den Hoffmann seit 2004 betreibt. Das Forum bietet eine Flut nahezu täglich aktualisierter Veröffentlichungen und vielfach auch kommentierter Abhandlungen zum Maskulismus. Nach Hoffmanns Angaben hat das Blog rund 4000 Leser täglich, insgesamt seien es zwischen 10 000 und 20 000 zumeist männliche Leser.

Früher „Freaks“, heute im Mainstream angekommen

Arne Hoffmann wünscht sich mehr mediale Öffentlichkeit für den Maskulismus. Die Bewegung vergleicht er mit den Väter-Rechtlern vor mehr als 25 Jahren. Auch sie hätten seinerzeit „als Freaks“ gegolten, seien heute jedoch längst im Mainstream angekommen. „Männerpolitik ist für Konservative uninteressant“, kommentiert der ehemalige Schüler des Wiesbadener Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums das mangelnde Interesse seitens der etablierten Parteien: Sie „geben nicht gerne zu, dass Männer auch Opfer sein können“, urteilt der Single mit Faible für Fantasy-Rollenspiele, Kino und Cocktails. Der Autor, der den Feminismus begrüßt und gleichzeitig beklagt, dass der „das Feindbild ,Mann‘ noch braucht“, gibt sich optimistisch. „Es ist ja nicht so, dass gar nichts passiert“, kommentiert er Vorhaben der Politik, etwa die Rechte von Scheidungsvätern zu stärken. Und auch die im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte Studie „Männer-Perspektiven – Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung“, die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums am Delta-Institut für Sozial- und Ökologieforschung erarbeitet wurde, scheint Hoffmann zu bestätigen. Sie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass Männer sich zunehmend für mehr Gleichstellung einsetzen wollen. „Sorgende Männlichkeit“ und Männer als Täter und als Opfer von Gewalt stehen mit im Fokus eines unlängst gestarteten Projektes „Männer im Wandel“ des Bundesforums Männer, das ebenfalls vom Bundesfamilienministerium gefördert wird.

Den Maskulisten Arne Hoffmann motiviert eine Utopie. Die Utopie von einer starken Lobby für Männer und einer starken Lobby für Frauen, „die an einem Strang ziehen“. Und der Idealfall stellt für ihn eine Parteienlandschaft dar, in der jede Partei einen männerpolitischen und einen frauenpolitischen Sprecher hat.

Seine Utopie gipfelt in der Vorstellung einer gewaltfreien Gesellschaft, in der es weder körperliche noch sexuelle Gewalt gegen Männer und Frauen gibt.