Der Bundesgesundheitsminister macht vorsichtig Hoffnung: Die Infektionszahlen sinken, das Impftempo hat zugelegt. Die Zahlen auf Bundesebene im Überblick.
BERLIN. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat trotz erster Anzeichen für eine allmähliche Entspannung der Corona-Lage weiter zur Vorsicht gemahnt. Es gehe darum, jetzt diese dritte Welle zu brechen, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin beim digitalen Ärztetag. "Die Zahlen sinken, das ist ermutigend." Sie seien aber noch nicht stark genug gesunken. Es sei zu sehen, wie sich das Reduzieren von Kontakten bewähre. Zugleich beginne das Impfen, Schritt für Schritt einen Unterschied zu machen.
Spahn verwies auf das deutlich höhere Impftempo und konkretisierte die Aussicht auf Impfmöglichkeiten für alle Bürger dank erwartungsgemäß wachsender Impfstoffmengen. "Das macht es uns möglich, in der ersten Hälfte des Junis die Priorisierung aufzugeben." Die Bundesregierung hatte ein Ende der festgelegten Impf-Reihenfolge mit einem Vorrang für Risikogruppen schon grundsätzlich für Juni in Aussicht gestellt. Es werde aber natürlich auch noch Wartezeiten geben, sagte Spahn.
Spahn möchte ab Juli diejenigen überzeugen, die zögern
Der Minister äußerte sich außerdem optimistisch zum generellen Impffortschritt. Es sei "sicherlich im Juli" der Zustand zu erreichen, "wo wir eigentlich alle, die unbedingt wollten, geimpft haben werden". Dann sei es eine gemeinsame Aufgabe, jene zu überzeugen und zu erreichen, die zögerten oder Fragen hätten. Die Bundesregierung hatte zugesichert, allen Bürgern bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot zu machen.
Einen Überblick zur aktuelle Lage beim Impfen in Deutschland, inklusive interaktiver Grafik, finden Sie hier.
In Deutschland haben 28,7 Prozent der Menschen mindestens eine Corona-Impfung erhalten. Das geht aus dem Impfquotenmonitoring des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Dienstag hervor (Stand: 4. Mai, 12.00 Uhr). Den vollen Impfschutz erhielten bislang gut acht Prozent der Bevölkerung.
Am Montag wurden demnach 424.777 Impfspritzen gesetzt. Der bislang höchste Tageswert seit Beginn der Impfkampagne war am vergangenen Mittwoch mit mehr als einer Million Impfungen erreicht worden. Insgesamt verabreichten alle Impfstellen bislang etwas mehr als 30,6 Millionen Dosen, davon fast 23,9 Millionen bei Erstimpfungen und weitere knapp 6,8 Millionen bei Zweitimpfungen.
Je nach Bundesland variiert die Impfquote. Die höchste Quote an mindestens Erstgeimpften hat das Saarland mit 32 Prozent. Brandenburg liegt mit 25,8 Prozent leicht hinter den anderen Bundesländern zurück. Von etwa 35,7 Millionen gelieferten Impfdosen wurden bislang 85,7 Prozent verbraucht. Die Impfkampagne in Deutschland hat Ende vergangenen Jahres begonnen.
Infektionsgeschehen scheint sich zu beruhigen, doch es gibt starke regionale Unterschiede
Jeder vierte Landkreis in Deutschland hat mittlerweile wieder eine 7-Tage-Inzidenz von weniger als 100. So lagen 103 von 412 erfassten Kreisen und kreisfreien Städten nach Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) von Dienstagmorgen unter dieser politisch gesetzten Marke. Zum Vergleich: Vor einer Woche waren nur 57 Kreise unter der 100er-Schwelle. Liegt die Inzidenz - also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche - an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100, greift die sogenannte Bundes-Notbremse. Damit gelten automatisch strengere Regeln wie Ausgangsbeschränkungen.
Die Infektionslage ist in den Ländern recht unterschiedlich. So gab das RKI die Inzidenz in Schleswig-Holstein am Dienstag mit 57 an. Auch Hamburg und Niedersachsen lagen als Bundesland unter der Marke von 100. Thüringen (217) und Sachsen (204) lagen hingegen bei über 200. Auf Kreisebene sieht es in Flensburg (32) besonders gut aus, der Saale-Orla-Kreis (557) in Thüringen ist Schlusslicht.
Bundesweit betrachtet weisen mehrere Kennzahlen zum Infektionsgeschehen in Richtung Entspannung. Das kann am Verhalten der Menschen liegen, aber auch am Fortschritt beim Impfen. Für deutliche Effekte der Bundes-Notbremse ist es wohl noch zu früh.
Wöchentliche Neuinfektionen haben abgenommen
Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 7534 Corona-Neuinfektionen, wie aus Zahlen von Dienstagmorgen hervorgeht. Zum Vergleich: Am Dienstag vor einer Woche hatte der Wert bei 10.976 gelegen. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz lag bei 141,4 (Vortag: 146,9) und damit deutlich niedriger als noch vor einer Woche (167,6). Auf den Intensivstationen hatte sich die Lage in der vergangenen Tagen nicht mehr verschlimmert.
An weniger PCR-Tests kann der deutliche Rückgang bei den Corona-Nachweisen kaum liegen. Die Testzahlen sind nach Angaben der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) nur leicht gesunken, von 1,23 Millionen in der Woche ab 19. April auf 1,19 Millionen in der vergangenen Woche (ab 26. April). Die Rate der positiven Tests sank in der Zeit deutlich stärker, und zwar von 13,3 auf 11,7 Prozent.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Montagabend bei 0,88 (Vortag: 0,92). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 88 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen.
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Deutschlandweit wurden nach RKI-Angaben binnen 24 Stunden 315 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 344 Tote. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.433.516 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.061.500 an. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 83.591.
Von dpa