Am 9. Mai, der in Russland als "Tag des Sieges" gefeiert wird, rechnen die Innenministerien verstärkt mit pro-russischen Demonstrationen in Deutschland.
BERLIN. Sicherheitsbehörden rechnen mit verstärkten pro-russischen Demonstrationen und Aktivitäten in Deutschland zum 9. Mai, der in Russland als "Tag des Sieges" gefeiert wird. Das ergab eine Umfrage der Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) bei den Innenministerien der Bundesländer. Schwerpunkte könnten den Angaben der Länderbehörden zufolge in Berlin und Nordrhein-Westfalen liegen. Dort seien bereits jeweils vier pro-russische Demonstrationen angemeldet worden, auch in anderen Ländern seien Aufzüge angemeldet.
Der am 9. Mai in Russland gefeierte "Tag des Sieges" habe für das Land Russland traditionell eine große Bedeutung, erklärte die Hamburger Innenbehörde. Daher sei an diesem Tag bundesweit mit erhöhten Aktivitäten zu rechnen. Der Feiertag soll in Russland traditionell an den Tag des Sieges über das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg erinnern. Hinweise auf eine erhöhte Gewaltbereitschaft pro-russischer Demonstranten gebe es den Informationen aus den Ländern zufolge bisher nicht, hieß es. Auseinandersetzungen würden von den Sicherheitsbehörden jedoch nicht ausgeschlossen. Angesichts zahlreicher Demonstrationen verschiedener Akteure sowie der emotionsgeladenen Thematik könne "grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zu verbalen oder tätlichen Aktionen durch Personen aus allen Lagern kommen könnte", hieß es den Zeitungen zufolge aus dem nordrhein-westfälischen Innenministerium.
Vor dem Gedenktag beobachteten Sicherheitsbehörden vermehrt die Verbreitung von Falschnachrichten im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine, wie es hieß. Das Potenzial an Desinformation und Verbreitung sogenannter Fake News sei für das gesamte Bundesgebiet hoch, erklärte die Hamburger Innenbehörde. Auch das niedersächsische Innenministerium sprach von einer bundesweit gesteigerten Aktivität bei der Verbreitung pro-russischer und antiwestlicher Narrative und Fake News.
Warum Russland seinen Sieg im Zweiten Weltkrieg erst am 9. Mai feiert
Am Montag begeht Russland seinen wichtigsten Feiertag, den "Tag des Sieges", traditionell mit einer großen Militärparade am 9. Mai. Dabei hatte die deutsche Wehrmacht bereits vorher die bedingungslose Kapitulation erklärt. Das erste Dokument wurde am 7. Mai im Hauptquartier der Alliierten Streitkräfte in Reims unterzeichnet. Die Kapitulation und damit das Ende der Kampfhandlungen sollten am 8. Mai um 23.01 Uhr Mitteleuropäischer Zeit in Kraft treten. In Moskau weiter östlich war da aufgrund der Zeitverschiebung schon der 9. Mai angebrochen.
Stalin bestand zudem auf einer Ratifizierung des Dokuments, die bildwirksam auch im Hauptquartier der Roten Armee in Berlin Karlshorst vom Oberkommandierenden der Wehrmacht, Wilhelm Keitel, am 9. Mai kurz nach Mitternacht unterzeichnet wurde. In Moskau wird daher dieses Datum als Tag des Sieges gefeiert.
Die Siegesfeiern am 9. Mai berücksichtigen dabei nicht den Kriegseintritt der Sowjetunion gegen Japan auf Drängen der USA im August 1945. Der Krieg in Asien endete am 2. September mit der Kapitulation Japans.
Russen feiern Ende des Großen Vaterländischen Kriegs
Die Russen begehen generell nicht das Ende des Zweiten Weltkriegs, sondern das Ende des Großen Vaterländischen Kriegs. Damit wird in Moskau die Kriegsphase nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 bezeichnet. Die Ereignisse der zwei Jahre zuvor - der deutsche Überfall auf Polen und die gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt erfolgte Aufteilung Osteuropas - werden hierbei weitgehend ausgeblendet. Großer Vaterländischer Krieg heißt der Krieg in Abgrenzung zum Vaterländischen Krieg 1812, als Russland die Truppen Napoleons von seinem Gebiet vertrieb.
Militärparaden auf dem Roten Platz haben eine lange Tradition. Zu sowjetischer Zeit fanden sie jedoch hauptsächlich am 1. Mai (bis 1968) und am 7. November, dem Tag der Oktoberrevolution, statt. Nur zu großen Jahrestagen des Weltkriegsendes, 1965, 1985 und 1990, gab es auch am 9. Mai Paraden. Die jährlichen Militärparaden an diesem Datum gibt es erst seit 1995.
Von epd