Corona brachte die Lufthansa an den Rand der Pleite. Trotz eines Rekordverlustes will Konzernchef Spohr durchstarten - mit weniger Mitarbeitern und einer kleineren Flotte.
FRANKFURT/MAIN. Lufthansa will nach einem Milliardenverlust in der Corona-Krise in diesem Jahr wieder an Höhe gewinnen. „International anerkannte Impf- und Testnachweise müssen an die Stelle von Reiseverboten und Quarantäne treten, damit Menschen wieder fliegen können“, forderte Vorstandschef Carsten Spohr in Frankfurt. Zum Sommer hofft Deutschlands größte Fluggesellschaft auf einen steilen Nachfrageanstieg.
„Wir können kurzfristig bis zu 70 Prozent unserer Kapazität an den Start bringen.“ In diesem Jahr wird nach einem aufgrund der zweiten Pandemiewelle missglückten Start im Schnitt nur noch mit einem Angebot von 40 bis 50 Prozent des Vorkrisenniveaus gerechnet. Eine Umsatz- und Ergebnisprognose für das laufende Jahr traut sich der Vorstand angesichts der ungewissen Entwicklung allerdings nicht zu. „Im Jahr 2024 wollen wir 90 Prozent des Vorkrisenniveaus erreichen“, gibt Spohr als Ziel vor.
„Wir haben im vergangenen Jahr ums Überleben gekämpft“ betonte Spohr. In diesem Jahr werde Lufthansa mit einer deutlich verkleinerten und modernisierten Flotte antreten, die Belegschaft reduzieren und Tochtergesellschaften verkaufen. „Der Weg zurück in eine neue Normalität ist schmerzhaft“, sagte der oberste Lufthanseat. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Beschäftigten weltweit bereits um rund 28.000 auf 110.000 gesunken. In Deutschland werden weitere 10.000 Stellen gestrichen. Alternativ könnten die entsprechenden Personalkosten auch über Teilzeitmodelle oder andere Maßnahmen gesenkt werden, erläuterte Spohr. Bisher gilt für die Mitarbeiter am Boden und im Cockpit ein Kündigungsschutz bis zum Frühjahr 2022, in der Kabine gibt es noch länger laufende Vereinbarungen. Über Abfindungen, Altersteilzeit und Fluktuation sowie reduzierte Arbeitszeit sollen die Personalkosten gedrückt werden. Zeitweise waren bis zu 80 Prozent der Belegschaft in Kurzarbeit.
Gleichzeitig schrumpft die Flotte. Von früher 800 Flugzeugen wurden im Pandemiejahr 2020 bereits 115 ausgemustert. Im Jahr 2023 sollen im Konzern noch 650 Maschinen bereitstehen. „Wir fliegen nur dann, wenn die variablen Kosten eingeflogen werden“, sagte Spohr. In diesem Jahr werden noch 350 Maschinen am Boden geparkt.
Angesichts der massiven Reisebeschränkungen ist im Pandemiejahr 2020 die Zahl der Fluggäste drastisch um 75 Prozent auf 36,4 Millionen eingebrochen. Die Lufthansa-Airlines haben nur rund ein Drittel der Flüge angeboten. Der Umsatz sackte um 71 Prozent auf 13,6 Milliarden Euro. Im Konzern summierte sich der Jahresverlust auf 6,7 Milliarden Euro nach einem Gewinn von 1,2 Milliarden im Vorjahr 2019. Eine Dividende zahlt Lufthansa nicht. Während die Passagier-Flüge weitgehend am Boden blieben, verzeichnete das Frachtgeschäft ein Rekordergebnis.
Lufthansa verbrannte nach Ausbruch der Pandemie etwa eine Million Euro pro Stunde, da den laufenden Kosten kaum Einnahmen gegenüberstanden. Der Geldabfluss konnte über eingesparte Kosten auf derzeit zehn Millionen Euro am Tag reduziert werden, wie der neue Finanzvorstand Remco Steenbergen bilanzierte. Die Verschuldung stieg um mehr als drei Milliarden Euro auf 9,9 Milliarden Euro. Lufthansa verfügte über liquide Mittel von rund 10,6 Milliarden Euro, davon 5,7 Milliarden Euro auf nicht in Anspruch genommene staatliche Hilfen.
Bis zum Jahresende wurden Hilfen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro abgerufen, von denen zwischenzeitlich bereits eine Milliarde Euro zurückgezahlt wurden. Über Anleihen und Flugzeugfinanzierungen hat sich Lufthansa frisches Geld besorgt. „Wir verschulden uns lieber am Kapitalmarkt als beim Steuerzahler“, sagte Spohr. Auch der Verkauf des außereuropäischen Cateringgeschäfts LSG und des Geschäftsreise-Dienstleisters AirPlus sollen Geld bringen. Zudem steht ein Minderheitsanteil der Lufthansa-Technik mittelfristig zum Verkauf.