Der Bundesligist RB Leipzig hat mit einem kleinen buchhalterischen Kniff seine Eigenkapitalquote von 4 auf 44 Prozent angehoben. Das sorgt für Wirbel und Verwunderung.
. Da kommt Dagobert Duck angewackelt, tapp, tapp, tapp, Blick auf die Kontoauszüge, ein missmutiges Kopfschütteln, Sprechblase: „Hm, nee, gibt´s doch nicht, das sind aber viele Schulden“, ein verschmitztes Grinsen – und dann macht Duck aus dem Minuszeichen vor den 100 Millionen Dollar mit einem entschlossen gesetzten kleinen senkrechten Strich einfach ein Pluszeichen. Das war so das erste ulkige Bild, das mir in den Kopf geschossen ist, als die Meldung kam: Der Bundesligist Rasenballsport Leipzig hat mit einem kleinen buchhalterischen Kniff seine Eigenkapitalquote von 4 auf 44 Prozent angehoben (bekommen).
Der Red-Bull-Konzern, Hauptsponsor und 99-prozentiger Gesellschafter des Leipziger Fußball-Unternehmens, hat in der Tochtergesellschaft 100 Millionen Euro Schulden in Eigenkapital verwandelt. Das nennt man einen Debt Equity Swap. Toll. Ein paar Jahre tut man so, als müsse der Fußballzweig Investitionen aus dem Mutterhaus – angeblich geliehenes Geld - ordentlich zurückzahlen. Monat für Monat abstottern mit Zins und Tilgung. Und dann werden beim Schuldner die Schulden irgendwann einfach in Eigenkapital umgewandelt. In der Hoffnung, dass das da draußen entweder keiner merkt – oder keiner kapiert.
„In der Wirtschaft nicht ungewöhnlich und nicht zu bemängeln“, hat ein Professor von der Handelshochschule Leipzig dann erklärt. Das sei eine „rechtskonforme Bilanz-Optimierung“. Das entspanne bei der Konzerntochter die Liquiditätssituation und stärke „die Grundpfeiler des künftigen operativen Handelns“. Und: „Der Tatbestand einer Schenkung im steuerrechtlichen Sinn“, so der Professor, „ist nicht erfüllt“. Klar. Denn sonst hätte die Fußball GmbH ja Schenkungssteuer bezahlen müssen. Da war es günstiger, im Rahmen des Debt Equity Swap eine Vorabdividende von 647.000 Euro zu berappen.
Wenn dieser Kniff der Fußball GmbH eine Steigerung der Eigenkapitalquote von 4 auf 44 Prozent beschert, die Liquidität verbessert und das künftige operative Handeln stärkt, dann müsste man davon ausgehen, dass davon das Financial Fairplay betroffen ist. Nein, heißt es aus Leipzig, DFL und DFB hätten da keine Einwände. Axel Hellmann, Vorstandsmitglied bei Eintracht Frankfurt, hat nun diese Interpretation öffentlich gemacht: „Das Geschäftsmodell von RB Leipzig ist hochdefizitär und der sportliche Erfolg ist auf Pump ausgerichtet.“ Das wäre dann genau das, was in der Corona-Krise dem Fußball-Business vorgeworfen wird – und was viele der handelnden Personen auch eingestehen: zu wenig bis gar keine Nachhaltigkeit. Wobei man im Falle von RB sagen muss: Wenn der Getränke-Mogul Dietrich Mateschitz Schulden erlässt, dann kann man das Gebaren am Ende durchaus als nachhaltig bezeichnen. Nur: Das Modell koppelt sich ab vom Wettbewerb.
Viele der Bundesliga-Konkurrenten haben gar keine Chance, mitzuhalten. Die überwiegende Mehrheit der Klubs musste in der Corona-Krise Bankkredite in Anspruch nehmen. Von den Banken kommt keine auf die Idee, dem Kreditnehmer Schulden in Eigenkapital umzuwandeln. Zins und Tilgung bleiben. Und Zins und Tilgung stärken nicht das weitere operative Handeln. Die wirtschaftliche Schere in der Bundesliga zwischen den von Konzernen/Mäzenen alimentierten Unternehmen und jenen Klubs, die rein vom Umsatz aus dem Fußball-Geschäftsbetrieb leben, geht immer weiter auseinander.