Rehberg: Profis sparen, der Vorstand verprasst

Bruno Labbadia ist neuer Chefcoach von Hertha BSC. Foto: dpa

Mit dem Trainerteam um Bruno Labbadia bezahlt Hertha BSC nun sechs statt drei Leute in der sportlichen Führung. Kolumnist Reinhard Rehberg zu Gehaltsverzicht und...

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. Wer will, der kann in diesen Corona-Wochen vieles bis alles moralisch betrachten. Wer will, der könnte nun auch Hertha BSC auf dieses hohe Podest heben. Am 1. April haben die Spieler, das Funktionsteam und die maßgeblichen Funktionäre des Bundesligisten auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet. Die Büroangestellten sind in Kurzarbeit geschickt worden.

Gut eine Woche später haben die Berliner ihren Chefcoach Alexander Nouri, dessen Co-Trainer und den Athletiktrainer beurlaubt. Einher ging mit dieser Meldung: Die Hertha hat mit Bruno Labbadia einen neuen Chefcoach verpflichtet, der einen eigenen Co-Trainer und einen eigenen Athletiktrainer mitbringt.

Da muss man kein großer Rechenkünstler sein, um zu erkennen: Statt drei Leuten in der sportlichen Führung bezahlt der Klub ab sofort sechs Leute. Wie passt das in die Krisenstrategie mit Gehaltsverzicht und Kurzarbeit? Gesellschaftspolitisch betrachtet: In diesem Moment passt das überhaupt nicht. Davon abgesehen: Auch der Starttrainer in dieser Saison, Ante Covic, steht noch auf der Hertha-Lohnliste.

Michael Preetz hat umgehend die Rechtfertigungs-Trommel angeleiert. Der Trainerwechsel sei zum 30. Juni sowieso geplant gewesen, und da sich jetzt abzeichne, dass die Sommerpause diesmal mit hoher Wahrscheinlichkeit wegfalle, so der Hertha-Manager, habe man dem neuen Trainer mehr Einarbeitungszeit geben wollen. Und darüber hinaus verzichte auch Labbadia vorerst auf einen Teil seines ausgehandelten Salärs. Da will Preetz in der Öffentlichkeitsarbeit retten, was in dieser Situation gerade noch so zu retten ist.

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Das soll auch kaschieren, dass die Berliner den notwendigen klaren Schnitt nach der merkwürdigen Kurzarbeitszeit von Jürgen Klinsmann verpasst haben. Der frühere Bundestrainer sah sich als Projektleiter. Die Hauptarbeit auf dem Platz sollte Nouri erledigen. Am Tag von Klinsmanns Flucht hätte Preetz erkennen müssen, dass die Lösung, Klinsmanns Vertrauten vom Co-Trainer zum Cheftrainer zu befördern, nicht förderlich sein konnte für das Binnenklima im Kader und auch nicht für die sportliche Weiterentwicklung der Mannschaft.

Der Manager hat den richtigen Zeitpunkt für eine radikale Abkehr von den großspurigen, fachlich nur bedingt untermauerten Ideen des Visionärs aus den USA verstreichen lassen. Nun muss Preetz mitten in der wirtschaftlichen Krise, in der die Bundesliga längst steckt, den verspäteten Trainerwechsel moderieren wie ein PR-Manager. Das kommt wenig überzeugend rüber. Zumal die Hertha sich ja schon sehr früh darauf darauf festgelegt hatte, in Nouri nicht mehr zu sehen als eine Notlösung bis zum Saisonende.

Unwidersprochen hat Preetz akzeptiert, dass Nouri in den Medien vorgeworfen wurde, er habe sich in der Corona-Zwangspause überhaupt nicht um seine Spieler gekümmert. Wir dürfen davon ausgehen: Nouri wusste schon mit Beginn der Saison-Unterbrechung, dass ihm die Verantwortung für den Kader kurzfristig entzogen wird – oder sogar schon entzogen worden ist. Es wäre anständiger gewesen, Preetz hätte das der Öffentlichkeit mitgeteilt.

Nun also Bruno Labbadia. Der Trainerroutinier ist das, was man im Floskeljargon einen ehrlichen Arbeiter nennt. Einer, der für eine gewisse Zeit einer verunsicherten Mannschaft Selbstvertrauen und Stabilität verleihen kann. In Berlin soll er das jetzt schaffen mit Kontaktverbots-Training und Gesprächen in ganz kleinen Gruppen. Und in ein paar Monaten wird er daran gemessen werden, ob er aus dem heutigen Big-Chaos-Klub den Big-City-Klub machen kann. Einfach nur noch mehr Geld vom Investor Lars Windhorst, das wird es nicht regeln. Labbadia sitzt auf einem Feuerstuhl.