Rehberg: Fanprotest war erfolgreich

Fans protestieren gegen den DFB. Foto: dpa

Auf beiden Seiten ist abgerüstet worden. Die Fußball-Fans haben ihre Kritik zurückgefahren und versachlicht, die Verbandsfunktionäre bieten Diskussionsrunden an. Jetzt wird...

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. Wir staunen. Binnen weniger Tage ist die Diskussion um die Fan-Proteste im deutschen Profifußball sachlicher geworden, tiefgründiger, weniger polemisch. Auf allen Seiten ist verbal und/oder in Schriftform abgerüstet worden. Plötzlich ist bei den Funktionären von DFB, DFL oder den Klubs nicht mehr von Idioten, Chaoten bis hin zu Kriminellen die Rede, sondern von Angeboten zu Diskussionsrunden. Und in den Fankurven hängen in der Mehrzahl Banner mit Texten, die nicht mehr ausgrenzenden Hass und persönliche Diffamierung verströmen, sondern harte Kritik verpacken in Humor und Satire.

Endlich wird über das gesprochen, worum es einigen Vertretern der protestierenden Fan-Organisationen tatsächlich geht. Die Liste: Wegfall der Kollektivstrafe, Erhalt der Stehränge, Kampf dem Rassismus, Stopp der ausufernden Kommerzialisierung, Stopp der institutionell geduldeten Aushöhlung der 50+1-Regel, Stopp der zunehmenden Entfremdung zwischen entrückten Verbänden und Fans.

Und einige Banner beschäftigten sich auch mit dem Thema Korruption: bei der Fifa mit dem enthemmten Machtmenschen Gianni Infantino und seinem geldgierigen Gefolge, beim DFB mit seinem unwürdigen Umgang mit dem womöglich gekauften „Sommermärchen 2006“, bei diversen Klubs in Europa, die sich in die Abhängigkeit begeben haben von Berateragenturen, die mit ihren mafiösen Strukturen und ihrem Investitions- und Steuergebaren kriminellen Vereinigungen gleichen (nachzulesen im Buch „Football Leaks – Die schmutzigen Geschäfte des Profifußballs“).

Probleme mit der neuen Sachlage haben noch einige TV-Leute. Es nervt, wenn sich Fußballkommentatoren aufschwingen zu Zensoren des Proteststils. Ja, hm, das geht gerade noch in Ordnung; hm, ja, das ist an der Grenze, aber das kann man gerade noch so durchgehen lassen; hm, ja, das ist kein guter Stil, aber da niemand persönlich diffamiert wird, lassen wir das mal noch so stehen... Ausdrucksformen von Protest sind von jeher hart, bissig, anstößig, ja, bis zu einer gewissen Grenze auch beleidigend.

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Davon abgesehen: Die Maximal-Provokation der Fangruppen vor einer Woche muss man Stand heute als Erfolg werten. DFB, DFL und einige Klubvertreter sind zumindest wach geworden, einige Verantwortungsträger sind inzwischen auch besser informiert. Von Karl-Heinz Rummenigge, der den „Wohltäter“ Dietmar Hopp am Händchen durch die Sinsheimer Arena führte wie ein geprügeltes Auflaufkind, hört man seit jenem angeblich denkwürdigen Spieltag gar nichts mehr.

Eines gilt es zu beachten: Die protestierenden Fan-Organisationen sind kein homogenes Gebilde. Da gibt es durchaus genügend Wirrköpfe, die nicht nur ehrbare Ziele verfolgen. Wer auf dem Weg zur Durchsetzung von Maximalforderungen bewusst mit Spielabbrüchen kokettiert, dem muss man auch weiterhin auf die Finger schauen. Erpressungsversuche müssen nicht geduldet werden.