Wie die Oberdiebacher sich ihre Kerb von Covid-19 nicht vermiesen ließen und mit Baum und Umzug feierten.
OBERDIEBACH. Dorfkerben in Corona-Zeiten gibt es nicht? Funktionieren nicht? Doch. Aber eben anders. Die Oberdiebacher ließen sich ihre geplanten und traditionellen Festtage auch im von Covid-19 dominierten Mai 2020 nicht vermiesen. Ausfallen lassen geht gar nicht. „So gut wie es eben geht und vor allem in deinem Herz!“, lautete das Motto. Klein, aber oho. Der vierköpfige Kerbejahrgang mit Annabell, David, Isabell und Ronja hatte sich mit Unterstützung der evangelischen Kirchengemeinde, des Sportvereins SpVgg Viertäler, des MMMCD-Kerbeclubs und der Heinzelmänner alle Mühe gegeben.
Natürlich steht auch zur „Corona-Kerb“ an bewährter Stelle vor der Fürstenberghalle der Baum. Okay. Ein bisschen kleiner ist er geraten. Gerade einmal so groß, dass ihn zwei Leute ohne Probleme und mit gebührendem Abstand voneinander tragen konnten. Das Besondere: Er ist wunderbar gleichmäßig gewachsen, hat dazu gleich zwei Kronen. „Wir haben versucht, das Beste aus der Situation zu machen“, erklärte Sascha Laudert vom Organisationsteam. Und wenn die Menschen nicht zum Fest kommen können, dann muss das Fest eben zu den Menschen gehen. Zumindest partiell.
Bei der Disco am Freitag ließ der Jahrgang ab 19 Uhr in den Straßen etwas von sich hören, am Samstag wurde dann der Baum aufgestellt. Wäre doch gelacht, wenn das nicht hätte möglich sein sollen! Für die Livemusik am Abend sorgten Jürgen Zimmer und Benjamin Reiter mit einem Konzert der ganz eigenen Art. Die beiden Profis beschallten nicht nur die Halle, sondern das ganze Diebachtal mit einem Kammermusikwerk für Klavier und Gitarre von Anton Diabelli. Dank leistungsstarker Boxen vom Turm der Kirche St. Moritz aus. „Allein die Technik den engen Kirchturm hochzuschleppen und anzuschließen, kostete einen Tag Arbeit“, erklärte Erik Trapp vom Kerbeclub.
Am Sonntag wirkte das Gitarrenduo LauderZio beim Online-Gottesdienst mit. Und am Nachmittag gab es auch einen Umzug. Einen kleinen. Einen ganz kleinen. Jeder allein. Sportverein, Jugend und Club sei Dank. Den besonderen Kerbegruß gab es für jedes Haus: Überall wurde er vor die Tür gelegt. Gebrannte Mandeln mit einem Schöppchen Wein schmeckten jedem. „Alle waren froh, dass jemand bei ihnen zuhause vorbeikam“, schilderte Laudert, wie Trapp begeistert von der großen Zahl der Oberdiebacher Fahnen, die die Bürger aushängten.
Hart war das Erlebnis am Montag, der für den zünftigen, von der Rentnertruppe „Heinzelmänner“ gestalteten Frühschoppen bekannt ist. Das Orga-Team hatte sich die Mühe gemacht und Bilder „aus besseren Tagen“ mit alten Jahrgängen gesammelt. Die wurden am Vormittag online gestellt, über Facebook und Instagram gepostet. Zusätzlich sind sie in den Schaukästen im Ort ausgehängt. Bis zum Jahrgang 1940 sei man gekommen, berichtete Laudert stolz über die gelungene Überraschung.
Kurz: In außergewöhnlichen Zeiten etwas Besonderes machen, das war das Oberdiebacher Motto, dem sich alle anschlossen. Auch Jagdpächter Georg Moller-Racke, dessen Sohn Martin eine Wildsau erlegen konnte, und der die eigens angefertigten Bratwürste als kleinen Lohn an die Beteiligten überreichte. Schließlich war dann jeder zumindest ein Stück weit in der Lage, privat zuhause nach eigenem Gusto weiterzufeiern.