Mit Corona infiziert trotz Impfung

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Beim PCR-Test. Symbolfoto: dpa
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Eine vollständige Impfung schützt nicht zu 100 Prozent vor einer Corona-Infektion. Experten sprechen von Impfdurchbrüchen. Wer davon betroffen ist und ob das Grund zur Sorge ist.

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REGION. Ein Corona-Ausbruch in einem Altenheim im Kreis Bergstraße sorgt für Betroffenheit. Trotz vollständiger Impfung haben sich dort 14 Bewohner und vier Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert, zwei der Bewohner sind verstorben (Stand 17. August). Sogenannte Impfdurchbrüche werden als Ursache dafür genannt. Ist das ein tragischer Einzelfall oder waren die Corona-Impfungen womöglich vergeblich? Die wichtigsten Antworten.

Was ist ein Impfdurchbruch? Als Impfdurchbruch wird eine Corona-Infektion bezeichnet, die bei einer vollständig geimpften Person auftritt. Ein vollständiger Impfschutz besteht laut Robert-Koch-Institut (RKI) frühestens zwei Wochen nach der abgeschlossenen Impfserie – also nach zwei Dosen des Impfstoffes von Biontech, Moderna oder Astrazeneca oder einer Dosis Johnson&Johnson.

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Wie oft kommen Impfdurchbrüche vor? Dass Menschen nach einer Impfung keine Antikörper bilden, kommt bei jeder Impfung vor. Bei der Masern-Impfung reagiert laut RKI ein geringer Prozentsatz der Geimpften nicht auf die erste Impfung, bei der Hepatitis-B-Impfung entwickeln drei bis fünf Prozent der Geimpften keine Immunität. Bei der Corona-Schutzimpfung gab es seit dem 1. Februar bis zum 10. August 10.827 Impfdurchbrüche in Deutschland, bei mehr als 46 Millionen Menschen, die vollständig geimpft wurden. Das sind rein rechnerisch 0,02 Prozent.

Ist das besorgniserregend? Dass die Impfstoffe keinen 100-prozentigen Schutz bieten, hat sich bereits in den Zulassungsstudien gezeigt, denn es sind auch Probanden trotz vollständiger Impfung erkrankt – allerdings viel weniger als in der ungeimpften Vergleichsgruppe. So kam es in der Studie von Biontech-Pfizer zu insgesamt 927 symptomatischen Covid-19-Fällen. Davon traten 77 Erkrankungen in der Gruppe der Geimpften auf – 850 waren es in der ungeimpften Placebogruppe. Schwere Verläufe gab es jedoch nur in der Gruppe der Ungeimpften, und zwar bei 32 Personen.

Warum sind Ältere stärker von Impfdurchbrüchen betroffen? Das größte Risiko schwer zu erkranken haben nach wie vor die Hochbetagten. Zudem reagiert das Immunsystem von alten Menschen nicht ganz so effizient auf die Impfung wie das von jüngeren. Das hat ein Forscherteam der Berliner Charité herausgefunden. In einer Studie verglichen die Wissenschaftler die Immunreaktion auf den Biontech-Impfstoff von über 70-Jährigen mit Personen, die im Schnitt 34 Jahre alt waren. Dabei zeigte sich, dass schon drei Wochen nach der ersten Dosis etwa 87 Prozent der Jüngeren Antikörper gebildet hatten, bei den Älteren waren es nur 31 Prozent. Einen Monat nach der zweiten Dosis hatten 99 Prozent der jungen Impflinge Antikörper im Blut, bei den älteren waren es rund 91 Prozent. Zusätzlich reiften die Antikörper bei den älteren Menschen langsamer, sie konnten das Virus schlechter binden. Und auch der zweite wichtige Teil der Immunreaktion, die Antwort der sogenannten T-Zellen fiel schwächer aus.

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Sind die Verläufe nach einem Impfdurchbruch schwerer? Dass Impfdurchbrüche mit einem milderen Verlauf einhergehen, hatte Reinhold Förster vom Institut für Immunologie der Medizinischen Hochschule laut einem Bericht der Tagesschau erklärt. Auch die Zahlen des RKI belegen das. Demnach ist die Hospitalisierungsrate – also die Anzahl der Einweisungen ins Krankenhaus – bei Impfdurchbrüchen relativ gering. Je älter allerdings die Personen sind, bei denen die Impfung nicht anschlägt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs nach einer Corona-Infektion. So mussten laut dem Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts vom 12. August nur zwei Prozent der erkrankten vollständig Geimpften im Alter von 18 bis 59 Jahren – nämlich 145 Fälle – ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bei den über 60-Jährigen waren es 25 Prozent, beziehungsweise 748 Fälle.

Werden Corona-Ausbrüche in Altenheimen noch häufiger vorkommen? Insgesamt seien die Infektionszahlen in den Pflegeheimen seit Beginn der Impfkampagne dramatisch gesunken. Dennoch gebe es einzelne Ausbrüche und dann „scheinen ältere Menschen empfänglicher zu sein als jüngere“, da bei manchen die Immunantwort etwas schwächer ausfalle, sagte Professor Leif Erik Sander, Impfstoffforscher und leitender Autor der Charité-Studie. Laut dieser hat nach der vollständigen Impfung knapp jeder Zehnte der über 70-Jährigen keine Antikörper im Blut.

Was kann man tun, um das Risiko zu mindern? Es sei immens wichtig, insbesondere das pflegerische Personal sowie die Besucher zu impfen, sagte Dr. Florian Kurth, ein weiterer Autor der Charité-Studie. Mittelfristig komme eine weitere Auffrischungsimpfung für ältere Menschen infrage, um deren Impfschutz zu verbessern.

Diese haben die Gesundheitsminister der Länder und des Bundes inzwischen beschlossen: Ab September soll die Auffrischungsimpfung in Pflegeeinrichtungen angeboten werden. Auch Patienten mit Immunschwäche sowie Pflegebedürftige und über 80-Jährige, die nicht in einem Altenheim leben, sollen die Auffrischungsimpfung durch ihre behandelnden Ärzte angeboten bekommen.