Mehr als 150.000 Corona-Tote in Deutschland

aus Coronavirus-Pandemie

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Eine Wissenschaftlerin hält Coronavirus-Testproben in der Hand.  Symbolfoto: dpa

Eine traurige Marke, 31 Monate nach Beginn der Pandemie. Die erwartete Herbstwelle lässt zudem die Infektionszahlen stark steigen - so ist die Corona-Lage.

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WIESBADEN / MAINZ. Eine traurige Marke ist überschritten: Die Zahl der Menschen, die in Deutschland an oder mit einer Coronavirusinfektion gestorben sind, ist auf mehr als 150.000 gestiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Samstagmorgen 116 neue Todesfälle, damit steigt die Zahl auf nun insgesamt 150.064 Corona-Tote seit Beginn der Pandemie vor knapp 31 Monaten.

Die ersten gemeldeten Todesopfer waren am 9. März 2020 eine 89-jährige Frau aus Essen und ein 78-jähriger Mann aus dem Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen. Die Zahl von 100.000 Corona-Toten wurde Ende November 2021 überschritten. Knapp 85 Prozent der Toten bislang waren im Alter ab 70 Jahren - der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtzahl der übermittelten Covid-19-Fälle beträgt hingegen nur etwa sieben Prozent.

Unterdessen ist die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen erneut deutlich gestiegen, laut RKI lag sie am Samstagmorgen bei 497 (Vortag: 466, Vorwoche: 308). Nachfolgend ein Blick auf die aktuelle Corona-Lage - und ein Ausblick auf den möglichen Fortgang.

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Infektionen: Im Herbst, wenn die Grippe- und Erkältungssaison beginnt, steigen die Infektionszahlen und es werden mehr Menschen krank – dies war schon lange vor Corona so. Insofern kommt die sich nun aufbauende Corona-Herbstwelle nicht überraschend. Zumal es anders als in den ersten beiden Corona-Wintern vergleichsweise wenige Beschränkungen gibt.

Seit knapp drei Wochen steigen nun wieder die offiziellen Infektionszahlen – bei denen es nach wie vor eine hohe Dunkelziffer geben dürfte –, seit dieser Woche hat die Dynamik aber sehr stark zugenommen. Die höchsten Inzidenzen gibt es schon seit längerem im Südwesten Deutschlands, hier hat die Welle diesmal begonnen: Saarland (842, Stand Samstagmorgen), Hessen (610) und Rheinland-Pfalz (635). Dies hat sich über Wochen auch auf Kreisebene gezeigt. So wies der saarländische Kreis Sankt-Wendel noch am Freitag die bundesweit höchste Inzidenz auf (962), die zweithöchste gab es im hessischen Lahn-Dill-Kreis (956), die vierthöchste im rheinland-pfälzischen Rhein-Hunsrück-Kreis (929).

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Doch seit einigen Tagen ist nun Bayern rasant als „Hotspot“ hinzugekommen – und hat zumindest Hessen und Rheinland-Pfalz inzwischen „überholt“. Am Samstagmorgen lag die Inzidenz dort landesweit bei 705, und nun liegt in dem Bundesland auch der Landkreis mit der bundesweit höchsten Inzidenz: Fürstenfeldbruck (1020).

Der Zusammenhang des Anstiegs in Bayern mit dem Beginn des Oktoberfests vor knapp zwei Wochen liegt dabei auf der Hand (Inzidenz in München: 834, im Kreis München: 972). Auch dies ist nicht überraschend, schließlich ist die sogenannte „Wiesn-Grippe“ seit vielen Jahren ein feststehender Begriff. Das Oktoberfest ist traditionell der erste riesengroße Viren-Umschlagplatz der Grippesaison. So wie die Straßenfastnacht einige Monate später einer der letzten ist.

Lage in Kliniken: Einem Anstieg der Infektionszahlen folgte in früheren Wellen mit Verzögerung auch ein Anstieg bei den Zahlen der Patienten in den Krankenhäusern, bei denen eine Coronavirusinfektion nachgewiesen wird. So ist es auch diesmal, die Hospitalisierungsinzidenz steigt gerade. Ebenso steigt seit knapp zwei Wochen die Zahl der Intensivpatienten mit Corona, diese lag am Freitagmittag bei 900. Vergangenes Jahr waren es zur gleichen Zeit knapp 450 mehr.

Unklar ist dabei allerdings, wie viele Patienten ursächlich wegen einer Covid-Erkrankung eingeliefert wurden. Es ist zumindest auf den Normalstationen von einem hohen Anteil auszugehen, bei denen die Infektion ein „Zufallsfund“ ist. Der dann aber ähnliche Maßnahmen zur Absonderung und hinsichtlich des Personalaufwands bedeuten kann. „Anstieg war erwartet, aber das ging schnell“, hat der Lungenfacharzt Cihan Celik, Sektionsleiter Pneumologie am Klinikum Darmstadt, vor wenigen Tagen bei Twitter geschrieben. Binnen einer Woche habe sich die Zahl der Covid-Patienten auf den Normalstationen seiner Klinik – eines der Schwerpunktkrankenhäuser für die Coronapatienten-Versorgung in Hessen – verdoppelt. Bei rund der Hälfte sei eine Covid-19-Erkrankung der Grund für die Aufnahme gewesen, der Anteil der schweren Verläufe sei weiterhin gering, schrieb Celik.

Todeszahlen: Wie in den Kliniken haben sich steigende Infektionszahlen mit Verzögerung auch bei den Zahlen der Toten mit einer nachgewiesenen Corona-Infektionen gezeigt. Momentan ist noch kein größerer Anstieg zu verzeichnen, praktisch seit Juni werden im Schnitt pro Tag zwischen 60 und 120 Corona-Tote gemeldet. Derzeit sind es im Schnitt rund 80. Vergangenes Jahr lag die Zahl zur gleichen Zeit bei rund 60 – bis zum Höhepunkt der vergangenen Winterwelle, Mitte Dezember 2021, stieg der Wert dann auf fast 400. Im Januar 2021 waren es noch bis zu 900 Corona-Tote pro Tag.

Impfungen: Im August gab es mit rund 770.000 Impfungen einen Tiefststand der bisherigen Impfkampagne in Deutschland. In den vergangenen Wochen sind die Zahlen nun wieder leicht gestiegen, im September gab es rund eine Million. Mehr als 80 Prozent davon sind Viertimpfungen, also der zweite Booster – und nur knapp zwei Prozent Erstimpfungen. Deren Zahl liegt derzeit deutschlandweit bei nur rund 630 täglich. Insgesamt sind knapp 62 Prozent der Bevölkerung drei Mal geimpft, fast zehn Prozent vier Mal. Bei den Ab-60-Jährigen haben 26,7 Prozent den zweiten Booster.

Ausblick: Drei mögliche Szenarien hat der Corona-Expertenrat der Bundesregierung für diesen Herbst und Winter entworfen: Im ungünstigsten Fall, einer noch höheren Übertragbarkeit als bei der Omikronvariante und einer erhöhten Krankheitsschwere, würden laut den Experten über längere Zeit schärfere Einschränkungen als bislang notwendig. Zumindest bislang gibt es dafür keine Anzeichen. Vieles deutet stattdessen vorerst auf das mittlere Szenario hin: Ein ähnliches „Verhalten“ des Virus, aber mehr Infektionen und Arbeitsausfälle in der Bevölkerung und damit auch in den medizinischen Berufen. Wodurch ebenfalls, zumindest regional, stärkere Maßnahmen zur Kontaktreduzierung möglich sein könnten.

In den folgenden Wochen wird deshalb sicherlich auch die Debatte über die Beibehaltung der Isolationspflicht zunehmen. Wobei ein Merkmal der derzeit vorherrschenden Variante ist, dass die Infektionen zumindest bei Erwachsenen seltener symptomlos verlaufen – sie sind also tatsächlich krank. Sowohl Hessen als auch Rheinland-Pfalz haben angekündigt, das Infektionsgeschehen und den Druck auf das Gesundheitssystem und die „kritische Infrastruktur“ genau zu beobachten, um dann mit eventuell stärkeren Maßnahmen zu reagieren. Derzeit seien diese aber nicht notwendig.