Seit seinem 18. Lebensjahr fährt Michael Schmalz Lkw. Im Interview spricht er über den Alltag auf den Straßen Europas und den Streik an der A5-Rastanlage bei Gräfenhausen.
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Herr Schmalz, was war Ihr erster Gedanke, als sie an den Osterfeiertagen vom Streik der Kollegen aus Usbekistan und Georgien hörten, die im Dienst einer polnischen Spedition unterwegs sind?
Ich dachte, es wird ja auch mal Zeit, dass Fahrer damit an die Öffentlichkeit gehen. Seit mehr als zehn Jahren prangern wir diese Zustände an – ohne Ergebnis. Wir alle sehen ja die Fahrer der Lastwagen mit osteuropäischen Kennzeichen und die in der Szene sogenannten „Polen-Sprinter“. Am Wochenende übernachten sie auf Rastplätzen oder am Rande von Industriegebieten, kochen und waschen ihre Wäsche, weil sie nicht nach Hause fahren können und sehr sparsam leben müssen. Jedem ist klar, dass sie länger als erlaubt unterwegs sind, alle wissen, wie es läuft.
Am Osterwochenende erhielten die streikenden Fahrer schnell Besuch von Politikern, die sich solidarisch zeigten und strengere Regelungen und Kontrollen anmahnten. Hilft das?
Jede Aufmerksamkeit hilft, aber es kann mir kein Politiker erzählen, dass das Problem nicht bekannt sei. Schon 2008 hat die Europäische Transportgewerkschaft eine Studie veröffentlicht, die die Ausbeutung der Fahrer belegt. Der Verein Allianz im deutschen Transportwesen, in dem ich aktiv bin, hat auf 154 Seiten Berichte von Fahrern gesammelt und Verstöße dokumentiert. Diese Sammlung wurde damals an Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles übergeben. Ich denke, die Politik lässt sich von der Wirtschaft auf dem Kopf herumtanzen, weil auch deutsche Unternehmen von diesen Missständen profitieren.
„Es entsteht eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft”
Haben deutsche Fahrer Kontakt zu den Kollegen, die unter diesen menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen?
Wir sehen sie meistens an den Lade- und Abladestellen, aber da ist in der Regel doch eine große Distanz. Auch unter den Fahrern gibt es eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft, man bleibt unter sich. Sicher gibt es auch Kollegen, die nicht gut auf die ausländischen Fahrer zu sprechen sind, da heißt es dann schon: „Die billige Konkurrenz nimmt uns die Aufträge weg!“
Wie sehen Sie das?
Das sind Menschen und Kollegen, die von der Wirtschaft ausgenutzt werden, um deren Geldbeutel zu füllen und die Macht zu vergrößern. Der Mensch dahinter und seine Menschenrechte werden mit Füßen getreten, und die Politik lässt das zu. Die Fahrer haben das Recht, regelmäßig zu ihrer Familie zu kommen. Die streikenden Fahrer von Gräfenhausen sind anscheinend um ihren Lohn betrogen worden. Wo ist da der Staat, was ist mit den europäischen Menschenrechten, von denen immer gesprochen wird? Warum wird diese polnische Firma mit den Beweisen, die diese Fahrer gegen den Unternehmer offenlegen wollen, nicht sofort auseinandergenommen und verklagt? Und welche deutschen Unternehmen beauftragen eine solche Spedition, weil sie günstiger ist – und nehmen damit in Kauf, dass die Fahrer betrogen und menschenunwürdig behandelt werden?
Das Europäische Parlament hat die Regeln für Lkw-Fahrten in der EU 2020 reformiert, damit unter anderem bessere Arbeitsbedingungen für die Fahrer erreicht werden. Mit diesem „Mobilitätspaket“ sollte auch der Missbrauch eingedämmt werden. Hat das nichts gebracht?
Das Mobilitätspaket geht grundsätzlich in die richtige Richtung und hat einige unserer Forderungen erfüllt. Es bringt aber dann nichts, wenn es nicht ausreichend kontrolliert wird. Und das ist das Problem. Begründet wird das von den zuständigen Stellen mit Personalmangel. Ich bin seit 2020 kein einziges Mal kontrolliert worden. Das polnische Unternehmen, dessen Fahrer in Gräfenhausen streiken, hat etwa 1000 Fahrzeuge. Wenn da mal zwei Lkw kontrolliert werden und bei Verstößen ein Bußgeld bezahlt werden muss, das begleicht man aus der Portokasse. Der Druck ist nicht groß genug, und der Betrug wird zu leicht gemacht. Es gibt noch genug Schlupflöcher.
Es fehlen 70.000 Lkw-Fahrer
Andererseits wird jede Spedition gebraucht, auch wenn sie sich nicht an alle Regeln hält. Bei Lkw-Fahrern herrscht Fachkräftemangel. Allein in Deutschland fehlen laut einer Logistik-Studie 2023 etwa 70.000 Fahrer. Ist der Beruf Lkw-Fahrer für Sie noch attraktiv?
In der Regel ist man von montags bis freitags unterwegs, manchmal auch länger, und nicht bei der Familie. Man hat lange Arbeitszeiten. Das ist mein Leben, aber das funktioniert für viele nicht mehr, spätestens, wenn sie Kinder haben und sich zum Beispiel die Betreuung teilen möchten. Viele Partner machen es nicht mit, dass sie dann ganz allein sind. Es wird deshalb schwerer, junge Leute für den Beruf zu begeistern, das ist nicht nur in Deutschland so. Ich bin einer von denen, der seinen Job mit Liebe und Leidenschaft macht, ich freue mich, wenn ich montags in meinen Lkw steigen kann. Ich habe einfach Diesel im Blut.
So informieren Gewerkschafter auf Twitter über die Situation in Gräfenhausen: