Die Bewohner der Kinder- und Jugendhilfe St. Hildegard grüßen die benachbarte Seniorenresidenz mit einem bunten Plakat. Und erhalten daraufhin auch eine Antwort.
BINGEN. Es ist eine wunderschöne Geste: Aus den Fenstern der Kinder- und Jugendhilfe St. Hildegard auf dem Rochusberg hängt seit einigen Tagen ein großes beschriftetes Banner. Darauf steht: „Liebe Senioren von gegenüber, bleibt gesund, wir denken an euch. Eure Springmäuse.“ Die Springmäuse, das ist eine der Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe. Und die kam in den ersten Tagen, seit die Schulen geschlossen haben und nun auch Ausgangsbeschränkungen gelten, auf die Idee, die Bewohner der benachbarten kleinen Seniorenresidenz bei den Kreuzschwestern auf diese Weise zu grüßen. Denn die, so der Gedanke, können ja jetzt auch nicht raus und sind vielleicht auch noch in Sorge, weil sie ja in der Corona-Krise zu den besonderen Risikogruppen zählen. „Und da haben unsere jungen Bewohner dann eben dieses Banner gemalt“, erzählt Joachim Cohausz, der pädagogische Leiter der Kinder- und Jugendhilfe.
Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende: Nur wenig später erschien auf der anderen Straßenseite ein Antwort-Banner: „Herzlichen Dank, ihr Lieben!“ So vertreibt man sich auf dem Rochusberg die Zeit und knüpft Kontakte auch über die Isolation hinweg. Wobei die Verbindung zwischen den beiden Institutionen sowieso gut sei, so Cohausz. So zögen etwa die Kinder auch zur Fastnacht normalerweise rüber ins Seniorenheim, und auch mit den Kreuzschwestern pflege man freundschaftlichen Kontakt.
Das freundliche Banner kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe St. Hildegard derzeit keine ganz einfache ist. „Wir haben natürlich mittlerweile auch Besuche unterbunden“, sagt Cohausz. „Und die Schulen sind geschlossen. Auch die normalen Gruppenaktivitäten, wie etwa der Sport, sind stark eingeschränkt. Unsere Bewohner sind also viel länger am Stück beisammen als sonst. Normalerweise ist es ja etwa auch in den Ferien nicht so, dass alle hierbleiben. Das ist schon eine besondere Lage.“
Aber man versucht, das Beste daraus zu machen, sich mit Aktivitäten die Zeit zu vertreiben, und auch eine Art Unterricht findet statt: „Es ist ja jetzt nicht schulfrei, weil die Schulen geschlossen sind. Die Lehrer geben den Kindern Aufgaben, und wir versuchen, sie hier natürlich nach Kräften dabei zu unterstützen.“ Und auch von den Bewohnern selbst kommen immer wieder schöne Ideen, wie eben das Banner, das man zur moralischen Unterstützung der Nachbarn im Seniorenwohnheim gemalt hat.
Eine Sache schlage den Kindern allerdings besonders auf die Stimmung, sagt Cohausz: Besuche bei den Eltern oder durch die Eltern seien bis auf Weiteres auch nicht möglich. „Denn die meisten Bewohner hier sind ja keine Waisen, sie haben Eltern und besuchen die auch regelmäßig. Aber im Moment können wir nicht das Risiko eingehen, auf diese Weise das Virus einzuschleppen.“ Zwar habe man auch für den Fall, dass Covid-19 in der Kinder- und Jugendhilfe auftrete, schon konkrete Vorkehrungen getroffen. Aber lieber sei es natürlich allen, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen.