Die Polizei kommt im Morgengrauen. Hunderte von Beamten durchkämmen Objekte, die den Bandidos zugerechnet werden - auch in Hessen und Rheinland-Pfalz.
DÜSSELDORF. Mit Razzien in fünf Bundesländern nimmt die Polizei die Rockergruppe „Bandidos MC Federation West Central" ins Visier. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, waren an den Einsätzen in Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz am Donnerstag fast 1800 Beamte des Bundeskriminalamtes, der Bundespolizei und der Polizeibehörden der Länder beteiligt. „Es besteht der dringende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufen“, begründete das Bundesinnenministerium die Durchsuchungen.
Allein in Nordrhein-Westfalen durchsuchten 1300 Polizeikräfte seit den frühen Morgenstunden mehr als 86 Vereinshäuser und Wohnungen.
In Rheinland-Pfalz sind sechs Objekte durchsucht worden, fünf Menschen werden verdächtigt, wie das Innenministerium in Mainz mitteilte. Bei Durchsuchungen in den Landkreisen Bad Kreuznach, Mainz-Bingen, Mayen-Koblenz und Neuwied seien unter anderem IT-Geräte, Speichermedien, Geld und Gegenstände beschlagnahmt worden, welche die Vereinszugehörigkeit dokumentierten.
"Es besteht der dringende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufen", hieß es im Haus von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Rund 180 Polizeikräfte waren unter der Leitung des Landeskriminalamtes in Rheinland-Pfalz bei den vereinsrechtlichen Ermittlungen im Einsatz. Insgesamt seien in Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz fast 1.800 Beamte des Bundeskriminalamtes, der Bundespolizei und der Polizeibehörden der Länder beteiligt gewesen. "Unser Rechtsstaat ist handlungsfähig und nutzt auch das Vereinsgesetz, um kriminellem Treiben Einhalt zu gebieten", sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD). "Bund und Länder gehen seit Jahren mit einer Null-Toleranz-Strategie konsequent gegen die kriminelle Rockerszene vor."
In Hessen durchsuchten Polizisten drei Objekte, ein Vereinsheim und zwei Wohnungen, wie das Landeskriminalamt in Wiesbaden auf Anfrage mitteilte. Betroffen von den Durchsuchungen im Raum Kassel waren demnach drei Männer im Alter von 31 bis 36 Jahren vom Bandidos MC Kassel. Sichergestellt worden seien zwei scharfe Schusswaffen samt Munition, Mobiltelefone, Speichersticks und Westen mit Abzeichen, sogenannte Kutten. Wegen der Waffen werde nun wegen Verstoßes gegen dass Waffengesetz ermittelt.
Reul sagte am Donnerstag in Düsseldorf: „Wir vermuten, dass die Rockermitglieder gegen Recht und Gesetz verstoßen und schwerwiegende Straftaten begehen“. Das Gewaltmonopol habe der Rechtsstaat, nicht irgendwelche Rocker-Clubs, betonte er.
Verbot von Ortsverbänden
Im vergangenen April hatte die Polizei im Ruhrgebiet das Verbot eines Ortsverbands der berüchtigten Rockergruppe durchgesetzt. „Auf das Konto dieser Mitglieder gehen versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und Verstöße gegen das Waffengesetz. Es gab Schießereien auf offener Straße", sagte Reul damals. Das Bandidos-Chapter „Witten/Hohenlimburg“ und die dazu gehörende Teilorganisation „Los Compadres Hagen“ seien verboten und aufgelöst worden, „weil es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt“. Gegen das Verbot ging später eine Klage beim Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen ein.
Im März war in Baden-Württemberg die Rockervereinigung „Gremium MC Southgate“ verboten worden. „Bund und Länder gehen mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen jede Form von Kriminalität vor", sagte Seehofer am Donnerstag. Er hatte 2018 den rockerähnlichen türkisch-nationalistischen Verein „Osmanen Germania" verboten.
Laut Bundesinnenministerium wurde der „Bandidos MC“ 1966 im US-amerikanischen Texas gegründet und ist in Deutschland seit 1999 vertreten. Statt allein das gemeinsame Motorradfahren zu fördern, wie es der Vereinszweck vorsieht, strebe der Verein tatsächlich „einen territorialen und finanziellen Machtzuwachs gegenüber konkurrierenden rockerähnlichen Gruppierungen an“. Diesen Anspruch setzten die Bandidos auch mit Gewalt durch.
Von dpa