Die Spitzen der katholischen Kirche in Deutschland suchen einen neuen Sprecher – und ihre Rolle im Reformprozess. Worum es bei dem Treffen in Mainz geht.
MAINZ. Die Katholische Kirche steht vor einer wegweisenden Zusammenkunft. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Mainz geht es um den künftigen Reformkurs der Kirche – und ob Reformen in der Kirche überhaupt eine Zukunft haben. Gemeint ist der Fortgang des sogenannten Synodalen Weges, der gemeinsam mit Laienverbänden beschritten wird. Vor allem aber geht es bei dem Treffen um eine zentrale Personalie: die Wahl eines neuen Vorsitzenden, nachdem der Münchner Kardinal Reinhard Marx seinen Rückzug angekündigt hat – mitten in einem Richtungsstreit zwischen Reformern und konservativen Kräften in der Bischofskonferenz.
Bildergalerie
„Wir sind nicht in einer Partei, es gibt keine Kandidaten und keinen Wahlkampf“, sagt ein Kirchenmann des Bistums Mainz. Der Verzicht des bisherigen Vorsitzenden Marx, öffentlich gemacht am 11. Februar, habe alle Bischöfe überrascht. Einen klaren Favoriten gibt es nun nicht. Dafür gab es einige öffentliche Absagen, etwa vom Trierer Bischof Stephan Ackermann, zugleich Missbrauchsbeauftragter der Kirche, und Franz-Josef Bode (Osnabrück).
Wer also wird es? Oft fällt in Gesprächen mit Beobachtern der Name des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck, gehandelt wird auch Heiner Wilmer aus Hildesheim. Ebenfalls ein Kandidat: Georg Bätzing aus Limburg. Und auch eine Wahl des Gastgebers, des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf, wird für möglich erachtet. Ihm wie auch Bätzing wird neben der Fähigkeit als Moderator sehr gute Arbeit im jeweiligen Bistum attestiert, nachdem beide ein schwieriges Erbe anzutreten hatten. Bätzing als Nachfolger des „Skandalbischofs“ Franz-Peter Tebartz-van Elst, Kohlgraf musste in die sehr großen Fußstapfen von Kardinal Karl Lehmann treten, der die Bischofskonferenz 21 Jahre gführt hatte. Zu Personalspekulationen will man sich weder in Limburg noch in Mainz äußern. In einem Beitrag für die Kirchenzeitung „Glaube und Leben“ warb Kohlgraf jüngst für Zusammenhalt unter den Bischöfen. Der neue Vorsitzende sei „weder der Chef der Bischöfe noch quasi der deutsche Papst, er ist der Sprecher“.
Alle Genannten haben eines gemeinsam: Sie gelten als Vertreter des „Reformerflügels“ in der Bischofskonferenz. Zu den konservativen Kräften gehört dagegen der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer – er hat wenige Tage vor dem Treffen den Vorschlag gemacht, das Amt des Vorsitzenden alle drei Jahre rotieren zu lassen, in alphabetischer Reihenfolge der Bistümer. Sein Ansatz: Eine Personaldebatte und eine Politisierung entfielen, damit wäre das Amt auch einem Richtungsstreit enthoben.
Allerdings: Der Vorstoß gilt auch als Versuch zu verhindern, dass die Bischöfe einen ausgeprägt Liberalen aus ihrer Mitte wählen. Es ist davon auszugehen, dass Voderholzer dies mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki abgesprochen hat, der als starker Mann in der zahlenmäßig unterlegenen Gruppe der konservativen deutschen Bischöfe gilt. Der Vorschlag gilt als aussichtslos, weil er von der Mehrheit der Bischöfe und Weihbischöfe angenommen werden müsste, die sich damit eines ihrer zentralen Rechte berauben würden, nämlich der Wahl des Vorsitzenden.
Nach der Wahl am Dienstag wird am Mittwoch das Schreiben des Papstes zu den Ergebnissen der Amazonas-Synode im Mittelpunkt der Beratungen stehen. Der Brief mit der Überschrift „Querida Amazonia“ (Geliebtes Amazonien) hat die Hoffnung gedämpft, dass der Synodale Weg der Kirche in Deutschland zu einem wirklichen Aufbruch mit einer Lockerung der Machtstrukturen und einer Öffnung gegenüber Frauen führen könnte.
Die erste Versammlung des Synodalen Weges – Anfang Februar in Frankfurt – sei von einer guten Aufbruchsstimmung erfüllt gewesen, sagt Andrea Keber von der katholischen Frauenbewegung Maria 2.0. Aber das Schreiben des Papstes habe viele ernüchtert. „Große Hoffnung, dass sich wirklich etwas bewegt, habe ich nicht.“ Die reformfreudigen Frauen wollen den von Kardinal Marx zelebrierten Eröffnungsgottesdienst mitfeiern – „mit einem weißen Schal, um sichtbar zu sein und deutlich zu machen, dass wir weiter da sind“.