Kinderkrankentage werden aufgestockt

Ein krankes Kind liegt im Bett.

Seit Wochen sind die Kinderarztpraxen voll - und viele berufstätige Eltern müssen schauen, wie sie ihre jungen Patienten zu Hause betreuen. Doch es gibt gute Nachrichten.

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Region. Pandemiebedingt sind die Kinderkrankentage sowohl für das Jahr 2022 als auch bereits für das Jahr 2023 von zuvor 20 auf insgesamt 30 Tage pro gesetzlich krankenversichertem Kind aufgestockt worden. Alleinerziehende können sogar für insgesamt 60 Arbeitstage Kinderkrankengeld beantragen, bei mehreren Kindern besteht der Anspruch je Elternteil für maximal 65 Arbeitstage.

Auch bei Schul- und Kita-Schließungen infolge von Corona können diese Kinderkrankentage bei den Krankenkassen eingereicht werden. Diese Möglichkeit spielt mittlerweile allerdings eine deutlich geringere Rolle als noch vor einem Jahr. Vielmehr sind viele Eltern froh, dass ihnen die Kinderkrankentage dabei helfen, ihre Kinder zu betreuen, wenn diese nun nach den Corona-Schutzmaßnahmen zahlreiche Infekte nachholen. „Die Kinderkrankentage werden natürlich nachgefragt“, berichtet etwa Soraya Seyyedi, Sprecherin des hessischen Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Denn manche Kinder hätten einfach ständig Infekte, was beim Eintritt in die Kita zum Beispiel auch ganz normal sei. „Allerdings ist den meisten Eltern gar nicht mehr bewusst, dass sie Anspruch auf je 30 Tage pro Kind haben“, ist die Ärztin überzeugt.

Laut den Daten der Krankenkasse Barmer ging die Zahl der gezahlten Kinderkrankengeldfälle in Hessen und Rheinland-Pfalz in der ersten Jahreshälfte 2022 im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 deutlich zurück. In Hessen um 16 Prozent, in Rheinland-Pfalz um knapp 13 Prozent. Auch bei der Techniker Krankenkasse ging die Zahl der eingereichten Kinderkrankentage in beiden Bundesländern in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 im Vergleich zu 2021 etwas zurück. Allerdings haben sich auch die Gründe für die Kindergeld-Anträge verändert: Machten 2021 die pandemiebedingten Krankentage wegen Kita- und Schulschließungen oder Betretungsverboten bei der Techniker Krankenkasse teilweise bis zu 50 Prozent der eingereichten Anträge aus, sind im Jahr 2022 bislang nur noch fünf bis zehn Prozent der Anträge pandemiebedingt,

Wir haben im Moment eine ausgeprägte Infektwelle, die heftiger ist als sonst.

SS
Soraya Seyyedi Sprecherin des hessischen Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte
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Dafür spielen akute Infekte aktuell wieder eine größere Rolle: „Wir haben im Moment eine ausgeprägte Infektwelle, die heftiger ist als sonst“, berichtet Sprecherin Soraya Seyyedi. „Die Praxen sind rappelvoll mit hoch fiebernden Kindern und Jugendlichen. Dies war auch in den Herbstferien so.“ So habe sie in dieser Zeit zum Beispiel als Vertretung parallel zu ihrer Terminspalte noch eine zweite aufmachen müssen, um alle Patienten eintragen zu können. Auffällig sei dabei, „dass wir bereits seit Mitte / Ende Oktober eine Grippewelle haben mit Influenza A, die ganze Familien erfasst“, sagt sie.

„Die Grippewelle ist schon da”

„Die ‚Grippewelle‘ ist also schon da.“ Normalerweise würde man diese erst für Januar/ Februar bis März erwarten. Die erkrankten Kinder hätten sehr hohes Fieber, teilweise bis 41 Gad, trockenen Husten mit Heiserkeit und im Verlauf auch verengte Bronchien oder bellenden Husten. Teilweise kämen auch Bauchschmerzen und Durchfall vor. Dazu kämen weitere klassische Infekte wie Scharlach, heftige Magen-Darm-Infekte, Erkältungen oder die Hand-Fuß-Mund-Krankheit. „Corona spielt hier ehrlicherweise eine untergeordnete Rolle“, stellt Seyyedi fest. Und die Kinder seien dann auch weniger schwer krank. 

Grundsätzlich könne man sagen, dass die Summe aller Infekte im Jahr gleichbleibe – allerdings komme es durch die Hygienemaßnahmen in der Pandemie zu einigen Verschiebungen, stellt die Sprecherin klar. Der frühe Start der Influenza in diesem Jahr ist ein Beispiel hierfür. Im vergangenen Jahr habe man zudem bereits ab September eine RS-Virus-Epidemie gesehen, die vor allem kleine Kinder betrifft – und üblicherweise erst ab Januar stärker in Erscheinung tritt. „Ebenso gab es im Juni und Juli sehr viele schwer kranke Kinder, was komplett ungewöhnlich war“, erklärt Seyyedi. Die Kinderarztpraxen seien daher eigentlich permanent überlastet.

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