Wohin mit ausgedienten Handtüchern? Silke Schön hatte eine originelle Idee, die auch noch nachhaltig ist. Und das kommt gut an.
WIESBADEN. Silke Schöns Großvater besaß eine große mechanische Nähmaschine. Damit wurden nicht nur Kleidungsstücke genäht: Auch ausgediente Textilien hatte er dort regelmäßig in der Mache: Aus ihnen fertigte er Wisch- und Spültücher für den Haushalt. Als seine Enkelin vor zweieinhalb Jahren das Haus ihrer Großeltern ausräumte, fielen ihr farbenfrohe Handtücher bester Qualität mit 70er-Jahre Muster in die Hände.
„In mein Bad passten sie farblich allerdings nicht, also was damit tun? Eine sinnvolle Nutzung fiel mir ein, als ich über Möglichkeiten nachdachte, im Haushalt Plastik einzusparen. Warum nicht Einweg-Spültücher aus Kunststoff und Microfaserputzlappen durch Baumwolltücher ersetzen? Da Baumwolle allerdings sehr ressourcenintensiv im Anbau ist, lag es auf der Hand, bestehende Textilien zu nutzen. Ganz so wie ich es von den Großeltern noch kannte“, berichtet die gebürtige Lampertheimerin.
Nicht alle Qualitäten sind gleich gut geeignet
Trotzdem ging es nicht ohne Experimentieren ab: „Frotteestoffe sind sehr eigen und schwierig in der Verarbeitung. Sobald sie geschnitten werden, fangen sie an zu fusseln und sind schwer zu bändigen.“ Dazu komme, dass es vielerlei Qualitäten gibt, die in Verarbeitung (zu Walk-, Zwirn- oder Velour-Frottee) und Gewicht unterschieden werden. „Es hat eine Weile gedauert, bis ich die verschiedenen Stoffarten im Griff hatte. Sehr dicke Handtücher musste ich letztendlich ausschließen, da meine Nähmaschine diese nicht verarbeiten kann. Sie kommen allerdings auch selten vor.“ Es blieb nicht beim Privatgebrauch: Wer Wert auf umweltfreundliche Reinigungstücher legt, kann diese nun in ihrem Online-Shop „Schön Wischwaren“ bestellen.
„Viele Verbraucher machen sich kaum Gedanken über ihr Putztuch. Es wird zwar immer häufiger auf ökologisch verträgliche Putzmittel geachtet, aber über die verwendeten Lappen aus Polyester denken im Moment noch die wenigsten nach“, weiß Silke Schön. „Alte Textilen und Schmierseife zum Putzen zu gebrauchen, war für meine Großeltern noch selbstverständlich, ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich der Putzmarkt zu einem Potpourri an Chemiecocktails und einem Mix an Plastikmaterialien entwickelt“, beobachtet sie. „Ich denke, es ist an der Zeit, den Putzschrank auszumisten und sich auf vereinzelte Helfer zu fokussieren, die universell einsetzbar sind, wie zum Beispiel Soda, Essig, Kernseife und ein eben ein Baumwolltuch. Weniger ist hier definitiv mehr – für die Umwelt und die Gesundheit.“
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Die verwendeten Handtücher stammen aus Haushaltsauflösungen, außerdem erhält sie viele Spenden. „Freunde und Unterstützer freuen sich, zu sehen, dass ihre teilweise ausgefransten Schätze bei mir noch ein zweites Leben erhalten.“ Jede Spende ab fünf Handtüchern honoriert sie mit zwei gratis Wischtuch-Sets. Auf Nachfrage fertigt sie auch individuelle Tücher aus ehemaligen Lieblingsstücken.
Baumwolltuch für viele ungewohnt
Für viele Menschen sei der Schritt vom Einwegspüllappen oder Microfasertuch hin zum Frotteestoff erst einmal ungewohnt. „Sehr schnell werden die Baumwolltücher aber geliebt.“ Das liege zum einen an der weicheren Haptik. Zum anderen fingen gewöhnliche Tücher oft an zu müffeln, weil Mikroben sich fest mit den Kunststofffasern verbinden und durch normale Wäschen nicht zu beseitigen seien. „Baumwolle hingegen lässt sich bei höheren Temperaturen waschen, sodass müffelnde Lappen nicht zu befürchten sind.“ Darüber hinaus käme auch die Optik dank der fröhlich-bunten Muster und Vintage-Designs sehr gut an. „Der Ausruf ‚Das kenne ich doch von früher!‘ lässt die Kunden nicht nur in Kindheitserinnerungen schwelgen, sondern die Tücher auch gerne benutzen“, weiß sie. Oft würden die Wischtücher auch zum Verschenken gekauft, denn viele Menschen suchten heutzutage nach nachhaltigen und einzigartigen Geschenken.
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Vor „Schön Wischwaren“ hat die Wahl-Wiesbadenerin als Marktforscherin 20 Jahre in der Industrie und im Institut gearbeitet. „Nach einer Auszeit war es mir wichtig, meine eigene Chefin zu sein, eine sinnstiftende Tätigkeit auszuführen und jeden Tag mit Spaß die neuen Herausforderungen des Unternehmens anzugehen.“ Mit ihrer kleinen Firma sei so ein Traum in Erfüllung gegangen.
Weitere Informationen gibt es unter www.schoen-wischwaren.de