Zuversichtliche Töne beim Benefizkonzert für "Echo hilft!"
Darmstadts Philharmonie Merck spielt notgedrungen ein Neujahrskonzert unter Stahlträgern und Lüftungsrohren statt im gediegenen Kurhaus. Der guten Stimmung tut das keinen Abbruch.
Von Thomas Wolff
Lokalredakteur Darmstadt
Mit Gefühl für die Romantik: Alec Frank-Gemmill spielte als Gast der Philharmonie Merck in Griesheim. Foto: Guido Schiek
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GRIESHEIM - Optimistische Töne prägten schon die Begrüßungsworte zum Benefizkonzert in der Griesheimer Wagenhalle, das sollte auch im musikalischen Teil so bleiben. Zuversicht und Lebensfreude waren Leitmotive des Neujahrs- programms, das die Philharmonie Merck zugunsten von "Echo hilft!" darbot.
Intendant Stefan Reinhardt und Chefdirigent Ben Palmer verknüpften geliebte Evergreens des Klassik-Repertoires mit einer Rarität, und die Musiker ließen ihrer Spielfreude hörbar freien Lauf. Für manchen Zuhörer mochte es das erste Klassik-Erlebnis seit Monaten gewesen sein. So übertrug sich die Begeisterung des Orchesters auf das Publikum in der ausverkauften Halle.
Dem kindlichen Richard Strauss soll, will man der Anekdote glauben, der Klang des Waldhorns stets ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert haben. Nicht unwahrscheinlich, dass es einigen Zuhörern am Sonntag ähnlich ging (schwer zu sagen unter den vorschriftsmäßig sitzenden Masken).
Denn zum einen gilt Straussens Hornkonzert, das er im Alter von 18 Jahren schrieb, als eines der schönsten und farbenreichsten seiner Zeit. Zum anderen stand ein Solo-Hornist als Gast vorm Orchester, der solchen Reichtum brillant zu entfalten vermag.
Der Brite Alec Frank-Gemmill, 37, kennt sich mit der Musik des 19. Jahrhunderts bestens aus und hat daher all die Farben für die Interpretation des Strauss'schen Klang-Kosmos auf seiner Palette parat. Gut so; der vertrackte Dreisätzer verlangt allen Beteiligten ein Höchstmaß an klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten ab.
Mit strahlenden Naturtönen eröffnet Frank-Gemmill seinen Solopart. Da geht es erstmal frisch-fröhlich ins Gelände, die jagdlich inspirierte Blechbläserei des Barock klingt auch beim jungen Strauss noch durch. Aber rasch schlägt die Stimmung um, immer neue Wendungen und überraschende Motive geraten ins Bild. Gern möchte man schon den Forscherdrang des Musikgenies Strauss heraushören. Das fordert den Solisten: Metallische Schärfe legt der Virtuose in die expressiven Momente hinein; mit weich gerundetem Ton modelliert er die lieblicheren, kantablen Motive. Dazwischen jede Menge Nuancen, sehnsuchts- und hoffnungsvolle Töne, die Frank-Gemmill treffsicher auf seiner Palette anrührt.
Das Ganze in geschmeidigem Einklang mit den Bewegungen des Orchesters. Ben Palmer hat seine Musiker auf präzise Richtungs- und Stimmungswechsel bestens eingestellt, und so gleiten die drei Sätze fugenlos ineinander. Bei aller Komplexität und spieltechnischer Raffinesse bleibt der Gesamtklang transparent und die trockene Akustik der Wagenhalle fördert diese klare Wirkung noch.
Ebenso klangfrisch und straff organisiert kommen auch die anderen Werke des Programms herüber. Größter Brocken: Schuberts Große C-Dur-Sinfonie, Auftakt zur Romantik schlechthin, monumental, überbordend vor motivischen Ideen. Dirigent Palmer hält souverän die Spannung über die weiten Bögen, die der Wanderer Schubert in seinem Großwerk schlägt. Aus dem mäandernden Klangfluss lässt er die Glanzlichter schön herausblitzen, die heiteren Gesänge der Klarinette wie der anderen Holzbläser - Berufsoptimisten halt. Sie bekamen nach dem effektvollen Finale einen Sonderapplaus. Mit Musikern wie diesen können wir wirklich zuversichtlich ins neue Jahr gehen.