Warum es Blutkonserven in Kliniken braucht

Besonders häufig benötigen ältere Menschen, die aufgrund von internistischen Erkrankungen in Kliniken behandelt werden müssen, Spenderblut. Archivfoto: dpa

Blutspenden retten Leben, doch der Vorrat nimmt auch in Südhessen ab. Krankenhausmitarbeiter erzählen, warum sie für viele Patienten unverzichtbar sind.

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SÜDHESSEN. Im Odenwaldkreis gehen sehr viele Menschen zum Blutspenden. Nach einer Auswertung des DRK-Blutspendedienstes in Frankfurt waren bei 13 Aktionen im Frühjahr 1040 Blutspenden zusammengekommen. Das kann sich sehen lassen, ist aber nicht die Regel: „Die Versorgungslage ist kritisch“, heißt es beim Deutschen Roten Kreuz. Der Vorrat an allen Blutgruppen nehme ab.

Wie ist die Lage an den Kliniken?

Die Versorgung von Patienten ist sichergestellt. „Aber auch wir merken, dass die Blutkonserven, die vom Blutspendedienst geliefert werden, knapp werden“, sagt etwa Chefarzt Dr. Marc Winetzhammer. Er ist Transfusionsverantwortlicher beim Agaplesion Elisabethenstift in Darmstadt. „Wir sind hinsichtlich unseres Bestandes weit von dem entfernt, was wir gerne hätten, gerade in Bezug auf seltene Blutgruppen.“

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Wie häufig werden Blutkonserven im Klinikalltag gebraucht?

Im Klinikum Darmstadt – der Maximalversorger verfügt über 1000 Betten – sind es durchschnittlich 20 bis 30 Blutkonserven am Tag. „Wobei es auch mal sein kann, dass alleine ein Patient 60 Blutkonserven braucht“, erklärt Dr. Manfred Osendorf, Leiter des Zentrums für Labormedizin. Das Elisabethenstift hat 400 Betten. Dort werden jedes Jahr etwa 1200 Bluttransfusionen durchgeführt. „Auf den Tag runtergerechnet sind das also etwa drei“, sagt Winetzhammer.

Wem retten Blutspenden das Leben?

Besonders häufig werden Blutspenden für Unfallopfer mit starken Blutverlusten gebraucht. Auch nach einer Operation am Herzen ist Spenderblut nötig, etwa wenn die Patienten während der Operation an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen sind. Blutkonserven erhalten häufig aber auch onkologische Patienten, wenn die Zahl der roten Blutkörperchen und der Thrombozyten abfällt. Notwendig sind sie auch bei gefäßchirurgischen Notfällen, bei der Versorgung chronisch Kranker und bei Patienten mit Magenblutungen. „Immer dann, wenn viel Blut verloren geht“, erläutert Osendorf.

Am Elisabethenstift sind es überwiegend ältere Patienten mit internistischen Erkrankungen, die auf Blutspenden angewiesen sind. „Die Bevölkerung wird älter und gerade diese Gruppe benötigt häufiger Bluttransfusionen“, sagt Chefarzt Winetzhammer. Daher sei es wichtig, jüngere Menschen für das Blutspenden zu mobilisieren.

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Nach Medienberichten gibt es auch einen Mangel an Immunglobulinen. Was hat es damit auf sich?

Immunglobuline sind Eiweiße, die für Antikörpertherapien aus dem Plasma gewonnen werden und auf die Menschen mit Immundefekten angewiesen sind. Wie Dr. Marcel Fiegen, Leiter der Apotheke des Klinikum Darmstadt sagt, ist die Marktlage weltweit sehr angespannt. Sein Team könne nicht garantieren, dass jeder Patient zu jeder Zeit immer dasselbe Präparat von derselben Firma bekommt, häufig müssten Präparate getauscht werden. Dabei werde immer auf Unverträglichkeiten geachtet und alles getan, damit die kontinuierliche Versorgung für alle Patienten gesichert ist – auch für die Ambulanzen des Klinikums. „Die Preise steigen derzeit um die 20 Prozent, was auch daran liegt, dass über die Pandemiezeit die Anzahl der Spender zurückgegangen ist“, so Fiegen.

Gibt es Möglichkeiten, im Klinikalltag weniger Blutkonserven zu verbrauchen?

Das Elisabethenstift nimmt dazu seit Juni 2015 an einem Projekt namens „Patient Blood Management“ teil. Dabei geht es um einen rationalen Einsatz von Blutkonservierung, um die Minimierung von Blutkonserven und auch um die frühe Detektion einer bereits vorhandenen Blutarmut vor geplanten Operationen, bei denen es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Transfusion kommt. „Etwa 30 Prozent aller chirurgischen Patienten sind von einer Blutarmut betroffen“, erklärt der Chefarzt. In einem Drittel aller Fälle werde die Blutarmut durch einen Eisenmangel verursacht und könne relativ einfach, mittels Eiseninfusion korrigiert werden.

„Darüber hinaus sammeln wir bei größeren Operationen das Wundblut und können dieses aufbereitet den Patienten zurückgegeben. Auch Medikamente, die die Blutgerinnung beeinflussen, können helfen, den Blutverlust zu minimieren“, so Winetzhammer weiter. Zudem stellten die Mitarbeiter sicher, dass Patienten während einer Operation nicht auskühlen, sondern warm gehalten werden. Damit sinke das Risiko eines verstärkten Blutverlusts.