Temperaturen weit über 30 Grad - kann man da noch Sport machen? Ein Streifzug durch Südhessen.
Von Udo Döring, Bernd Kalkhof und Jens-Jörg Wannemacher
Foto: Udo Döring
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SÜDHESSEN - Viel trinken, Mittagshitze meiden, Schatten suchen, Belastung dosieren. Verhaltensempfehlungen für die heißen Tage, die einfach nicht enden wollen. Empfehlungen, die nicht immer zum Bewegungsdrang aktiver Sportler passt. Wie ein Streifzug durch Südhessen zeigt an einem Wochenende mit knapp 40 Grad - im Schatten.
Den gibt es aber nicht auf dem Fußballplatz des SV Hahn. Dort rollt das ganze Wochenende der Ball. "Wir haben nur eine Absage wegen der Hitze", sagt Jugend- und Turnierleiter Christian Becker. 50 Mannschaften haben sich dagegen nicht abhalten lassen. Von der F-Jugend aufwärts. Für die Jüngsten gab es trotz nur zehn Minuten Spielzeit eine Trinkpause. "Es wäre vielleicht sinnvoller, Turniere bei solchem Wetter abzusagen", grübelt Trainer, Patrick de Nuccio, der mit der C-Jugend der FTG Pfungstadt trotzdem nach Hahn kam. Er weiß, wieviel Energie in der Organisation eines solchen Turniers stecken. Da tut jede Absage weh. Immerhin werden die Spiele zügig durchgezogen. Was aber heißt, dass verstärkt auf dem Kunstrasenplatz gespielt wird. Dort ist es noch heißer.
Bewegung in Bürgerpark Altstadt und auf Tennisplatz
Zehn Kilometer entfernt sprühen Gartenschläuche und sogar ein Hydrant in der ganzen Altstadt. "Alle Startnummern sind vergeben", sagt Herbert Weckerle fast etwas ratlos, warum der von ihm organisierte Fischerfestlauf in Gernsheim ausgerechnet bei Rekordhitze ein Rekordmeldeergebnis erzielt. Gut, ein paar kommen nicht, ein paar geben auf. Aber allein 352 Läufer meistern die zehn Kilometer - auch dank der guten Versorgung durch die hitzeerprobten Anwohner. "Das ist überhaupt nicht mein Wetter", sagt Jürgen Zehnder - und gewinnt trotzdem. Auch die bei den Frauen zweitplatzierte Sina Berger mag es gar nicht heiß: "Ich laufe derzeit sonst morgens um halbsechs."
Nicht ganz so früh sind die Tennisspielerinnen der SG Arheilgen dran. Um der Hitze am Sonntag aber aus dem Weg zu gehen, beginnen in ihrer Bezirksoberligapartie gegen Viktoria Urberach alle Einzel gleichzeitig um 9 Uhr. Um 11.45 Uhr steht es 6:0 für den Tabellenführer. Doch die Damen machen nicht schlapp. Obwohl die Doppel bedeutungslos geworden sind, geht es weiter. "Mir reicht es jetzt aber", sagt SGA-Topspielerin Jasmin Amirzadeh Asl, die allein über drei Sätze gehen musste - und frisch geduscht zuschauen kann, wie ihr Team das 9:0 holt.
Es braucht aber kein Punktspiel, um in Bewegung zu sein. Im Bürgerpark sind alle Anlagen belegt. Alex Metz dreht auf der Laufbahn seine Runden, seine Freundin Linda Dehghan macht sich mit dem Springseil warm. "Man muss sich ja ein bisschen fit halten und die gemeinsame Zeit nutzen", sagen die Studenten. Weil sie keine Frühaufsteher sind, fällt die Bewegung in die Mittagshitze.
Zu dieser Zeit ist auch ein Quartett des TuS Griesheim noch unterwegs, obwohl alle früh aufgestanden sind. Für 120 Radkilometer im Odenwald. "Wenn man regelmäßig trainiert, ist das auch bei diesem Wetter kein Problem für den Kreislauf", sagt Siegbert Krey - 64 Jahre alt. Jörg Hartmann, Jean-Francois Chabilan und vor allem Helen Schumacher sind etwas jünger, fahren aber bis zu 20 000 Kilometer im Jahr.
Nicht jeder Sportler ist in der prallen Sonne im Einsatz - viele sind es in heißen Hallen. Wie die Handballer beim Weininsel-Turnier der MSG Groß-Umstadt. "Wir hatten bereits in den vergangenen Jahren hohe Temperaturen. Deshalb haben wir frühzeitig einen Maßnahmenkatalog ausgearbeitet", erklärt Michael Blechschmitt von der sportlichen Regie. Beispiele: Belüftungsanlage auf höchster Stufe, alle Türen offen, niedrigere Getränkepreise, gesponsertes Mineralwasser für die Mannschaften, drei große Ventilatoren im Zuschauerbereich, der aber spärlicher als üblich besetzt ist.
Beim Tischtennis müssen die Türen zu bleiben
Alle Türen würden auch die Organisatoren beim 56. Odenwaldturnier des 1. FC Niedernhausen gerne aufmachen. Der Luftzug hätte aber Auswirkungen auf die Flugbahn der Tischtennisbälle. Also ist es in der Groß-Bieberauer Großsporthalle noch stickiger als beim Testspiel der Drittliga-Handballer am Dienstag gegen die Rhein-Neckar Löwen, deren Teammanager Oliver Roggisch den Einbau einer Klimaanlage vor einer möglichen Rückkehr forderte. Die Tischtennisspieler kommen immer wieder, auch wenn es diesmal ein paar weniger sind, wie Arnold Fleischer und Andreas Nitsche als schwitzende Turnierleiter berichten.
Die kühle Dusche zwischendurch ist Luxus - nicht aber für die Pferde in Groß-Zimmern. Beim Freilandturnier gehört ein "Abspritzplatz" zum Hitze-Angebot, neben Bottichen mit Wasser. Turnierleiterin Petra Krauss berichtet von etwas wenigern Zuschauern und auch Teilnehmern ("allerdings nicht so viele Absagen wie erwartet"). Die Gründe liegen weniger in der Belastung in den Prüfungen, mehr im Aufwand inklusive Anreise. Und auch weniger bei den Pferden als bei den Reitern. Denn wie sagte eine Reiterin beim Abspritzen ihres Pferdes: "Denen macht das Wetter wenig, das sind ja von Natur aus Steppentiere."