Ambulante Hospizvereine in Darmstadt, Riedstadt und Groß-Umstad betreuen Schwerstkranke zuhause. „Echo hilft!“ unterstützt ihre Arbeit.
SÜDHESSEN. Fünf ambulante Hospizvereine werden in diesem Jahr von der „Echo hilft!“-Benefizaktion unterstützt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter kümmern sich um schwerstkranke Menschen, die noch zuhause leben oder in Kliniken oder Pflegeheimen versorgt werden. Wie kann diese Betreuung aussehen und was sind erste Schritte, sie zu bekommen? Darüber hat das ECHO mit Gabriela Enderich vom Hospizverein Wegwarte in Riedstadt, Kim Häussler vom Darmstädter Evangelischen Hospiz- und Palliativ-Verein und Peter Granzow vom Ökumenischen Hospizverein Vorderer Odenwald gesprochen. Hier die Antworten:
Wenn das Ende näher kommt: Wann ist der beste Zeitpunkt, um einen ambulanten Hospizdienst um Hilfe zu bitten?
„Sobald man anfängt, darüber nachzudenken“, sagt Gabriela Enderich. Und lieber früher als später. Es gebe zwar auch Hospizvereine, die erst dann aktiv werden, wenn Ärzte eine Diagnose gestellt haben. „Doch wir kommen, wenn wir gerufen werden – und ziehen uns auch wieder zurück oder pausieren, wenn es den Menschen besser geht.“
Wie sieht die Hilfe aus?
„Wir schicken zuerst einen unserer Koordinatoren nach Hause, ins Pflegeheim oder ins Krankenhaus“, erklärt Peter Granzow. „Wir überlegen dann, wie wir helfen können und klären ab, was gebraucht wird“, sagt Gabriela Enderich. Dabei geht es nie um medizinische Hilfe: darum kümmern sich Palliativteams und Ärzte. Die Hospizbegleiter spenden den Kranken und Angehörigen ihre Zeit, gehen auf Wünsche und Bedürfnisse ein. Wie oft diese Besuche stattfinden, ist unterschiedlich. Mal werden die Schwerstkranken einmal die Woche besucht, mal wird nur telefonisch Kontakt gehalten.
Hospizbegleiter sind also auch für die Angehörigen da?
Ja, sagt Kim Häussler. Es komme häufig vor, dass die Ehrenamtlichen pflegende Angehörige entlasten, die die Zeit, in der die Helfer da sind, nutzen, um beispielsweise mal schnell zum Frisör oder zum Arzt zu gehen.
Was kostet es, wenn man die Dienste in Anspruch nimmt?
Ambulante Hospizarbeit ist ein kostenloses Angebot. Die Krankenkassen fördern zwar die Einrichtungen, ohne Spenden können sie jedoch nicht bestehen. „Die Trauerarbeit ist zum Beispiel ganz auf Spenden angewiesen“, sagt Peter Granzow.
Wie werden die Mitarbeiter für ihre Einsätze vorbereitet? Alle Ehrenamtlichen durchlaufen Schulungen und setzen sich acht Monate lang intensiv mit Tod und Sterben auseinander, bevor sie Sterbende betreuen. Zum Einsatz kommen sie nicht nur bei den Kranken zuhause, sondern auch in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. „Wir kommen überall dahin, wo Menschen zuhause sind,“ sagt Gabriela Enderich. Ziel sei, dass Menschen nach Möglichkeit da sterben dürfen, wo sie gelebt haben.
Kann grundsätzlich jeder Hospizbegleiter werden?
„Man sollte Offenheit, Empathie und Mitgefühl mitbringen“, sagt Kim Häussler. Das Spektrum der Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, sei groß: Die jüngste Hospizbegleiterin in Darmstadt ist 21, der älteste 64 Jahre alt. „Manche haben einen Vollzeitjob, andere sind in Rente oder arbeiten Teilzeit.“ Alleingelassen wird keiner der Helfer. Es gibt regelmäßige Treffen, um die Erlebnisse zu verarbeiten.
Brauchen Sie noch Helfer, die sich engagieren?
„Wir sind derzeit gut aufgestellt, wir brauchen aber immer neue Ehrenamtler“, sagt Kim Häussler. Auch in Groß-Umstadt und in Riedstadt sind alle zwei Jahre neue Kurse im Angebot. „Jeder Hospizverein braucht Menschen, die mitmachen“, sagt Gabriela Enderich. Aufgrund des demografischen Wandels müssten Jahr für Jahr immer mehr Menschen ambulant betreut werden. „Der Bedarf steigt.“
Was leistet ein ambulanter Hospizdienst denn genau?
Die Einrichtungen bieten unter anderem pflegerische und psycho-soziale Beratung, sie informieren über Leistungen der Kranken- und Pflegekassen und helfen bei Themen wie Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. In Darmstadt bietet der Hospiz- und Palliativ-Verein auch Weiterbildungen für Pflegekräfte an. Ein weiterer Schwerpunkt vieler Vereine ist die Trauerarbeit.
Hausärzte sind häufig zurückhaltend, wenn es darum geht, einen ambulanten Hospizdienst einzubinden, woran liegt das?
„Hausärzte wollen heilen“, sagt Kim Häussler. Oft fehle ihnen im Praxisalltag aber auch die Zeit, wenn es ums Thema Sterben geht. „Viele Ärzte hecheln von einem Hausbesuch zum andern.“ Laut Kassenärztlicher Vereinigung in Frankfurt ist es häufig die drohende Regressgefahr und die unzureichende Honorierung, die Ärzte abschreckt, etwa eine Rufbereitschaft für Palliativpatienten einzurichten.
Warum reden Menschen so ungern übers Sterben?
„Viele schieben das Thema von sich weg. Diese Erfahrung machen wir häufig“, sagt Peter Granzow. „Sogar die Mitarbeiter von Pflegeheimen werden oft allein damit gelassen“, so Kim Häussler. Die Pflegenden stünden häufig unter Druck, viele Stellen seien nicht besetzt. Und dabei spiele das „Zeit haben“ eine ganz wichtige Rolle, wenn jemand stirbt.
Sie bieten auch Trauerarbeit an. Haben wir das denn verlernt?
„Manche Menschen empfinden Trauern als Bedrohung des eigenen Lebens“, so Peter Granzow. Dabei sei Trauer eine Ressource von Körper und Seele, die Heilungsprozesse in Gang setze. Aufgabe der Trauerbegleiter ist, Menschen in ihrer Trauer zu stärken. „Wir halten Tränen aus, Taschentücher liegen bei uns immer bereit“, sagt Granzow.