Prozess wegen Misshandlung von Kind: Mutter weist Vorwürfe zurück

Das Gericht urteilte, der Kläger habe seine Dienstpflichten vorsätzlich verletzt. Foto: Daniel Reinhardt/Archiv
Bildunterschrift 2018-06-09 --> Im Mordprozess vor dem Landgericht Siegen ging es um medizinische Fragen.⋌(Foto: Reinhardt/dpa)
Bildunterschrift 2018-06-19 --> Justizia soll es richten: Ein Mann soll bei einer Wohnungsräumung ausgeflippt sein und die Anwesenden übel beschimpft und bedroht haben.⋌(Foto: Reinhardt/dpa)

Im Frankenthaler Prozess um die schwere Misshandlung eines Säuglings hat die angeklagte Mutter die Vorwürfe zurückgewiesen und den mitangeklagten Vater für die Taten...

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FRANKENTHAL. Der 26 Jahre alten Nina R. und ihrem 24-jährigen Lebenspartner Ismail I. wird die Misshandlung Schutzbefohlener vorgeworfen. Das Ludwigshafener Paar soll seinen sieben Wochen alten Sohn Mika am 15. Oktober 2018 mit einer „gefährlichen Waffe" roh misshandelt, ihn sexuell missbraucht, gequält und in eine Lage gebracht haben, dass Todesgefahr bestand. Der Säugling soll schwerste Verletzungen im Rektal- und Genitalbereich sowie Schädel- und Rippenfrakturen erlitten haben.

Die Mutter hat nun in der Fortsetzung des Verfahrens am Landgericht Frankenthal am Dienstag die Vorwürfe zurückgewiesen. Ihr Anwalt Sven Zill verlas eine Erklärung, in der sie allein den Vater für die Taten verantwortlich macht. Sie gehe davon aus, dass ihr nach einer Kneipentour alkoholisierter und aggressiver Lebensgefährte seinen Zorn an dem sieben Wochen alten Kind ausgelassen habe, erklärte sie. Der 24-Jährige, der schon früher oft jähzornig gewesen sei, habe das weinende Kind in der Vergangenheit an den Beinen hochgezogen sowie möglicherweise fallengelassen – so seien vermutlich auch die festgestellten alten Schienbeinbrüche des Kindes entstanden.

Angeklagte sprechen über eigene Kindheit

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Sie habe bei Mika vor der Horror-Nacht, in der das Baby so massiv verletzt worden war, Fieber gemessen. Dabei habe sie das Thermometer aber nicht so weit bei dem Säugling eingeführt, dass dabei eine der festgestellten Verletzungen, ein Riss im Darm, entstanden sein könne. Und die blutigen Quetschungen am Penis des kleinen Jungen rührten wohl daher, dass ihr Lebensgefährte versucht habe, das Kind zu beschneiden. Dies habe er immer gewollt, sie habe dies aber immer abgelehnt. Warum der kleine Bub in beiden Augen Einblutungen hatte, warum er blaue Flecken im Gesicht hatte, dazu sagte die Mutter nichts. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Esther Bechert, sagte am Rande des Prozesses zu der Erklärung: „Wir bleiben bei unserer Anklage, das ist nicht das, wovon wir ausgehen."

Der Lebensgefährte der Mutter äußerte sich am Dienstag zwar ausführlich zu seiner Kindheit und Jugend, nahm zu den konkreten Vorwürfen aber keine Stellung. Die Mutter sprach über ihre Vergangenheit. Sie wie ihr Ex-Freund stammen demnach aus prekären Verhältnissen mit Drogenkonsum und abgebrochenen Berufsausbildungen. Beide wuchsen wie ihre Geschwister in Heimen auf, kennen ihre biologischen Väter nicht. Ihre Mutter, so Nina R., gehe der Prostitution nach.

Ärztin suchte engen Kontakt mit Eltern

Die Kinderärztin, zu der die Eltern am Morgen nach den Quälereien den kleinen Jungen gebracht hatten, zeigte sich als Zeugin entsetzt: „Ich war extrem schockiert – so etwas sieht man nicht jeden Tag, Gott sei Dank.“ Als sie den den nackten Säugling, der in eine Decke gewickelt war, ansah, habe sie sofort erkannt, dass hier „ein schwerster Fall von Kindesmisshandlung vorliegt“. Der Säugling habe sich in akuter Lebensgefahr befunden. Von Anfang an, seit sie nach der Geburt des Buben die betreuende Ärztin geworden war, habe sie gespürt, dass das Paar eine „große Unsicherheit bei der Behandlung des Säuglings“ gezeigt habe – die Ärztin sprach sogar von Distanziertheit. Deshalb habe sie, wie sie das in solchen Fällen immer mache, engen Kontakt mit den Eltern gesucht, viele Untersuchungstermine anberaumt, um „Probleme, die kommen können, rechtzeitig abwenden zu können“.

Die Ärztin hatte, kurz nachdem das Paar mit dem offensichtlich schwer kranken Kind in ihrer Praxis aufgetaucht war, den Notarzt informiert. Nur eine Notoperation, bei der auch ein künstlicher Darmausgang gelegt wurde, hatte das Leben des Kindes gerettet. Der Prozess findet unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt, ein Grund dafür sollen Drohungen im Internet gegen das Paar sein. Der nächste Verhandlungstag ist am 27. Mai.