Die Vesperkirche in Mannheim hat an 21 Tagen etwa 8200 Speisen, Kuchen und Vesperbeutel an Gäste ausgegeben. Zwei Drittel bevorzugten „to go“-Angebot.
MANNHEIM. (red). Das strenge Hygienekonzept hat gegriffen und funktioniert. Die Vesperkirche in Mannheim hat erfolgreich Corona getrotzt. Etwa 8200 warme Essen, Kuchen und Vesperbeutel wurden an 21 Tagen an die Gäste ausgegeben. Etwa zwei Drittel der Gäste bevorzugten das „to go“-Angebot, die anderen – zumeist Wohnsitzlose oder Menschen mit schweren psychischen Belastungen – nahmen im Kirchenraum Platz.
Von Tag zu Tag waren es mehr Menschen, die zur Vesperkirche kamen. Erschienen am ersten Tag noch 200 Gäste, waren es bereits am zehnten Tag über 400 Menschen. Viele waren zu Beginn offenbar verunsichert und trauten sich nicht, das Angebot wahrzunehmen. „Man hat ja Angst vor allem und vor anderen Menschen, hier fühle ich mich sicher“, so ein älterer Herr.
Die Kapazität im Kirchenraum war nie voll ausgelastet, da viele das „to go“ Angebot bevorzugten. Bis zu 135 Gäste nahmen an einem Tag im Kirchenraum Platz. Da sie in drei Schichten bewirtet wurden, hätten in der Kirche bis zu 180 Menschen pro Tag versorgt werden können. Im Jahr zuvor wurden täglich rund 500 Essen ausgegeben, in diesem Jahr waren es knapp 390. „Heute sind wir sehr froh und erleichtert, dass wir die Vesperkirche trotz Corona und des verschärften Lockdowns angeboten haben“, sagt Dekan Ralph Hartmann. Man habe im Vorfeld viel am Konzept gefeilt. Hartmann lobte die gute und enge Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Gesundheitsamt und der Stadt Mannheim. „Das Wichtigste war uns, in diesen schweren Zeiten Menschen helfen zu können, die ohnehin am Rand der Gesellschaft stehen und es jetzt schwerer haben denn je“, erklärt er.
Rund 270 Menschen hatten sich gemeldet, um in der Vesperkirche zu helfen. „Es war natürlich in diesem Jahr alles ganz anders“, berichtet Ingeborg Schmidt. Sie half bereits 1998 bei der ersten Mannheimer Vesperkirche mit. „Es war längst nicht so viel Trubel wie in den Jahren zuvor, alles lief sehr geordnet ab“, erzählt sie. Dennoch freut sich auch Ingeborg Schmidt, wenn in der Vesperkirche im kommenden Jahr wieder „volles Haus“ ist. Zumal dann ein großes Jubiläum ansteht – 25 Jahre Vesperkirche Mannheim. Auch in der Mannheimer Stadtgesellschaft stieß die Durchführung der Vesperkirche auf positive Resonanz. Stadträte, Land- und Bundestagsabgeordnete bewirteten die Gäste in der Kirche oder halfen am Wärmezelt.
Grundsätzlich galt ein strenges Hygiene-Konzept mit Abstandsregeln, Maskenpflicht und Desinfizierung der Hände. Alle 270 Ehrenamtlichen wurden mit FFP2-Masken ausgestattet. Gäste, bei denen eine erhöhte Temperatur festgestellt wurde, konnten die Kirche nicht betreten. Unterstützt wurde das Hygiene-Konzept von den Johannitern, die mit einer medizinischen Notversorgung vor Ort waren. Die Sozialberatungen des Diakonischen Werks und anderer Einrichtungen fanden nicht wie bisher im Kirchenraum statt, sondern in einem großen Raum im gegenüberliegenden Gebäude. „Dennoch haben viele den Weg zu uns gefunden“, berichtet Michael Graf, Direktor des Diakonischen Werks Mannheim. „Deutlich wurde, wie Corona die Situation vieler Menschen verschärft hat“, sagt er. So sei der Job-Verlust durch die Pandemie ein immer wiederkehrendes Thema gewesen. „In einigen Fällen haben wir mit dem Corona Hilfefonds schnell und unbürokratisch helfen können“, so Graf, „etwa, wenn es um Mietschulden ging“.