Terrorverdächtiger Ex-Doktorand der TU Darmstadt schweigt vor Gericht
Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt hat ein Terrorprozess gegen einen in Syrien geborenen ehemaligen Doktoranden der TU Darmstadt begonnen. Dem 37-Jährigen wird vorgeworfen, im Internet Werbung für die Extremistenmiliz Islamischer Staat betrieben und um Unterstützer geworben zu haben.
Von Rainer H. Schlender
Leitung Reporter Rhein-Main/Südhessen
Als Angeklagter betritt Malik F. (rechts) den Sicherheitssaal des Landgerichts, daneben sein Verteidiger Ali Aydin. Foto: dpa
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FRANKFURT - Er soll für die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) geworben und eine "schwere staatsgefährdende Gewalttat" vorbereitet haben. Am Freitag hat der Prozess gegen Malik F. (37) begonnen. Der gebürtige Syrer, bis zum Jahr 2016 Doktorand an der Technischen Universität Darmstadt, lebte mit Ehefrau und sechs Kindern in Weiterstadt. Im Februar vergangenen Jahres wurde Malik F. in seiner Wohnung festgenommen und sitzt seitdem in Frankfurt in Untersuchungshaft.
Zur Hauptverhandlung vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt erscheint Malik F. mit einem dicken Aktenordner unter dem Arm und einem feinen Lächeln auf den Lippen. Er scheint die Aufmerksamkeit zu genießen, die ihm Kameraleute und Fotografen zuteilwerden lassen, und strafft seinen kräftigen Körper. Das muss dem Gericht an diesem Tag als Statement genügen.
"Mein Mandant wird sich schweigend verteidigen und auch zu seiner Person nichts sagen", erklärt sein Anwalt Ali Aydin. Der Hinweis des Vorsitzenden Richters Thomas Sagebiel, dass sich ein Geständnis günstig auf die Strafzumessung auswirken könne, "wenn es etwas zu gestehen gibt", bleibt ohne Resonanz.
PROZESS BIS JUNI
Der Prozess gegen Malik F. wird am Dienstag kommender Woche fortgesetzt.
Für diesen Verhandlungstag ist die Vernehmung eines Polizeibeamten des Polizeipräsidiums Südhessen geplant, der mit den Ermittlungen gegen den Angeklagten federführend betraut war. Bis Juni sind Prozesstermine angesetzt.
Die Vorwürfe wiegen schwer, wenngleich das Gericht die ursprünglich eingereichte Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft kräftig zusammengestrichen hat. Lediglich vier Fälle wurden zur Hauptverhandlung zugelassen. In drei weiteren Anklagepunkten sahen die Richter dagegen keinen hinreichenden Tatverdacht. Dabei ging es um Äußerungen des Angeklagten in Videobeiträgen, in denen er Sympathien für den "Islamischen Staat" bekundete.
Die Malik F. vorgeworfenen Straftaten - Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Volksverhetzung und Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie Nötigung eines Mitgefangenen - können mit fünf Jahren Haft geahndet werden.
So soll der Syrer sich im Juni 2014 Anleitungen zum Bau eines Schalldämpfers für Präzisionsgewehre und Kalaschnikows, zur Herstellung von Zündern und Explosivstoffen und deren Verwendung in Splitter- und Autobomben sowie zum Umbau eines Weckers als Auslöser für Spreng- und Brandbomben verschafft haben. Die Staatsanwälte referieren bei Verlesung der Anklageschrift grausige Hinweise, mit denen die Handreichungen gespickt sind. Immer geht es darum, bei der Herstellung von Bomben darauf zu achten, dass eine möglichst große Zahl von Menschen verletzt oder getötet wird - auf Märkten, an Haltestellen oder anderen öffentlichen Orten.
Diese Anleitungen dienten dem Angeklagten nach Darstellung der Staatsanwaltschaft zur Vorbereitung eines Anschlags in Deutschland oder einem anderen europäischen Land. Allerdings haben die Ermittler keinen Hinweis gefunden, dass Malik F. tatsächlich ein Anschlagsziel im Auge hatte.
Die Anleitungen waren bei Durchsuchung der Wohnung des 37-Jährigen in Weiterstadt sowie seines Büros an der TU Darmstadt auf elektronischen Speichermedien sichergestellt worden. Zwar waren die Daten auf den Festplatten gelöscht und Computer-Betriebssysteme teils mehrfach neu aufgespielt worden. Doch gelang es den Spezialisten der "Digitalen Forensik" am Polizeipräsidium Südhessen in Darmstadt, 2153 Dateien in Teilen wiederherzustellen. Allerdings hatten nur drei davon einen darstellbaren Inhalt - sie waren gelöscht, aber nicht überschrieben worden. Darauf stützt sich nun im Wesentlichen die Anklage.
In Facebook-Einträgen soll der Angeklagte zudem die Bewohner der syrischen Stadt Idleb zur Teilnahme am Kampf der Terrormiliz IS aufgerufen und einen getöteten Kritiker des IS - stellvertretend für alle Nicht-Moslems - als verachtenswert und unwürdig dargestellt haben.
Schließlich wird dem Angeklagten vorgeworfen, in der Untersuchungshaft einen Mitgefangenen mit dem Tode bedroht zu haben. Ursprünglich soll er den Mann aufgefordert haben, "beim Töten der Ungläubigen zu helfen". Doch stellte sich später heraus, dass sich der Mitgefangene nur aus Angst als Moslem ausgegeben hatte und in Wirklichkeit Christ ist. Er erzählte alles der Polizei.