Rebound-Effekt: Wenn Energiesparmaßnahmen verpuffen

Die gute alte Glühlampe verbraucht bis zu 90 Prozent mehr Strom als die LED.
© Christin Klose/dpa-tmn

Spritsparende Autos und gedämmte Häuser – trotzdem fällt unser Verbrauch nur in kleinen Schritten. Warum Fortschritt alleine keine Lösung ist und jeder Verbraucher gefordert ist.

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Region. Vom ersten motorisierten Flug der Gebrüder Wright bis zu Apollo 11, der ersten bemannten Mission auf den Mond, lagen gerade einmal 66 Jahre. Es ist nur ein Beispiel für den rasanten technischen Fortschritt in der jüngeren Vergangenheit der Menschheit. Beinahe wöchentlich werden Wissenschaft und Wirtschaft durch Innovationen vorangetrieben – sie helfen, dass Produktionen vereinfacht werden, die Effizienz steigt und der Energieverbrauch für die gleiche Arbeit zurückgeht.

Gerade letzterer ist ein wichtiger Baustein, um die Folgen des Klimawandels zu bremsen. Ein Beispiel: Studien der Universität Michigan zeigen, dass der durchschnittliche Benzinverbrauch amerikanischer Autos zwischen 1973 und 2013 von 17,5 Liter pro 100 Kilometer auf knapp 10 Liter pro 100 Kilometer gesunken ist – ein Rückgang von fast 43 Prozent. Seltsamerweise wirken sich die technischen Weiterentwicklungen aber bislang nicht auf eine signifikante Reduktion des menschengemachten Treibhausgas-Ausstoßes aus. Doch woran liegt das?

Trotz Energiesparmaßnahmen bleibt Verbrauch zu hoch

Experten sprechen in diesem Fall vom „Rebound-Effekt“. Während Sportler den Rebound vom Basketball kennen (ein Ball, der vom Korb zurück ins Feld springt), begegnet Wissenschaftlern dieses Paradoxon in verschiedenen Disziplinen, darunter auch der Klimaforschung. Hierfür eignet sich der Blick zurück auf das Auto: Durch den technischen Fortschritt wurden Pkw über die Jahrzehnte hinweg für Privatpersonen erschwinglicher. Auch der Verbrauch und der Ausstoß von Treibhausgasen konnte Schritt für Schritt gesenkt werden. Das Ziel, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, habe man aber nicht erreichen können, da die Einsparungen zu einem veränderten Nutzerverhalten geführt haben, so die Klimaforscher.

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Menschen haben demnach größere Autos gekauft und sind plötzlich wesentlich mehr Kilometer gefahren. Ähnlich verhält es sich mit TV-Geräten: Über die Jahre hinweg haben Hersteller den Stromverbrauch moderner Geräte senken können. Am Stromzähler merkt man davon allerdings wenig, da Fernseher gleichzeitig größer werden und die Zahl der Bildpixel laufend steigt. Der theoretische Einspareffekt wird in der Praxis teilweise aufgehoben. Hier setze der Rebound-Effekt ein, so die Forscher.

Experten unterscheiden heute den direkten und den indirekten Rebound-Effekt. Führen die Ressourceneinsparungen zu einem größeren Verbrauch des gleichen Produkts, spricht man vom direkten Rebound-Effekt. Ein passendes Beispiel ist der Endenergieverbrauch in deutschen Haushalten. Wie die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen in ihren jährlichen Erhebungen zusammenfasst, benötigten private Haushalte im Jahr 2021 etwa gleich viel Energie wie im Jahr 1990, trotz milliardenschwerer Investitionen in Gebäudesanierungen und -isolierungen in den letzten 30 Jahren.

Die Überlegungen der Forscher: Neben steigenden Haushaltszahlen und größeren Wohnflächen werde zudem häufiger als früher in ungenutzten Räumen geheizt. Das Umweltbundesamt schätzt den Effekt, also das verlorene Einsparpotenzial, auf zehn bis 30 Prozent. Auch eine neue energieeffiziente Waschmaschine sorgt noch nicht automatisch für Einsparungen, wenn sie plötzlich öfter oder mit höheren Temperaturen arbeitet.

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Tipps gegen den Rebound-Effekt

Fließen Heizkosteneinsparungen im Haus durch eine verbesserte Dämmung dagegen in andere Lebensbereiche, also beispielsweise in eine Flugreise oder einen zweiten Fernseher, gehen Experten von einem indirekten Rebound-Effekt aus. Einsparungen zugunsten des Klimas sind also in vielen Bereichen möglich, werden aber nicht vollends ausgeschöpft. Wie können wir diesem Dilemma in Zukunft entgegenwirken und den Rebound-Effekt verhindern? Hier sind einige Tipps, die helfen können:

Bewusstseinsbildung:

Informationskampagnen sind entscheidend, um die Öffentlichkeit über den Rebound-Effekt aufzuklären. Wenn Menschen sich der potenziellen Fallstricke bewusst sind, können sie gezieltere Entscheidungen beim Kauf von Produkten treffen. Jeder Verbraucher hat es schlussendlich selbst in der Hand.

Lenkungsabgaben:

Die Einführung von Lenkungsabgaben auf energieintensive Produkte kann Anreize schaffen, trotz Einsparungen bewusster mit Ressourcen umzugehen. Im Alltag finden wir diese bereits in der CO2-Abgabe für Heizöl und Erdgas.

Regulierung und Standards:

Die Festlegung von Umweltstandards und Vorschriften für bestimmte Sektoren kann dazu beitragen, den Rebound-Effekt einzudämmen und unkontrollierten Konsum zu begrenzen.

Nachhaltiger Lebensstil:

Statt allein auf technologische Lösungen zu setzen, sollten wir auch unseren Lebensstil überdenken. Eine bewusste Konsumkultur und Genügsamkeit als Umweltpolitik, die auf Qualität und Langlebigkeit setzt, kann den Ressourcenverbrauch reduzieren.

Forschung und Innovation:

Weiterhin müssen wir in Forschung und Entwicklung investieren, um effizientere Technologien zu entwickeln, die den Rebound-Effekt minimieren. Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Abkehr von fossilen Brennstoffen könnten in Zukunft dazu weiter beitragen.

Die Bewältigung des Rebound-Effekts ist ein entscheidender Schritt, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Es bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, der auf technologischen Fortschritt, bewussten Konsum und politische Maßnahmen setzt. Nur so kann eine nachhaltige Zukunft für kommende Generationen sichergestellt werden.