Peter Feldmann hat die Frist verstreichen lassen, um die Abwahl durch die Stadtverordneten anzunehmen. Wie es jetzt in Frankfurt weitergeht.
FRANKFURT. Bis Donnerstag um Mitternacht hatte er Frist, die Abwahl durch das Stadtparlament anzunehmen. Erwartungsgemäß hat der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) diese Frist verstreichen lassen. „Es ist keine Nachricht des Oberbürgermeisters an die Stadtverordnetenvorsteherin eingegangen“, sagte die Leiterin des Büros der Stadtverordnetenversammlung, Brigitte Palmowsky, am Freitagvormittag der Deutschen Presse-Agentur. Das bedeutet, dass es am 6. November die Frankfurter selbst in der Hand haben, ihren 2018 mit großer Mehrheit wiedergewählten und seither tief gefallenen OB in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken.
Dazu muss allerdings ein Quorum von 30 Prozent der Wahlberechtigten erreicht werden, das sind in Frankfurt rund 150.000 Bürgerinnen und Bürger, die Feldmann aktiv abwählen müssten. In etwa so viele, wie ihn vor vier Jahren im Amt bestätigt hatten. Eine hohe Hürde, und auf die scheint Feldmann, der sich ab Oktober einem Strafprozess wegen Vorteilnahme im Amt im Zusammenhang mit der Awo-Affäre stellen muss, zu spekulieren. Wird die Mindestprozentzahl nicht erreicht, könnte er bis 2024 im Amt bleiben.
Neue Besoldungsstufe bald erreicht
Offensichtlich pokert Feldmann in jeder Hinsicht, und es scheint ihm auf jeden Tag und jeden Monat anzukommen. Unbedingt, so kolportieren es kommunalpolitische Insider, wolle er Walter Kolb als längst regierenden Frankfurter SPD-OB beerben. Das gelingt ihm mit Ablauf des August. Des Weiteren wird Feldmann am 7. Oktober 64 Jahre alt, könnte im November somit eine neue Besoldungsstufe erreichen, die sich auch auf seine Ruhestandsbezüge auswirkt. Dass er sehr wohl das Finanzielle im Blick hat, darauf deutet auch hin, dass er bei den Verhandlungen mit den Koalitionsfraktionen um einen möglichen Rückzug mehr oder weniger verklausuliert einen Anschlussjob verlangt haben soll. Wie der FDP-Fraktionsvorsitzende Yanki Pürsün berichtet, habe Feldmann „im Magistrat einen Job gefordert“. Er sei an die Fraktionen verwiesen worden. Pürsün: „Die Fraktionen hat er nicht gefragt, aber auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass er noch zwei Jahre arbeiten müsse.“ In Einzelgesprächen habe er das oft wiederholt.
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Aus dem Magistrat wird das nicht bestätigt, die Dezernenten verweisen sämtlich auf die Vertraulichkeit der Sitzungen. Von den Fraktionen ist anderes zu hören. Der Grünen-Fraktionschef Dimitrios Bakakis beispielsweise erinnert sich, dass Feldmann gesagt habe „dass er noch arbeiten müsse“. Eine Jobforderung habe er, Bakakis, indes „nicht mitbekommen“. Und die SPD-Fraktionsvorsitzende Ursula Busch will zwar „wegen der Vertraulichkeit der Gespräche“ nichts sagen, offenbart dann aber soviel, dass man ja von vorneherein versprochen habe, intransparente oder vertrauliche Absprachen oder Nebenabsprachen zu vermeiden. „Und daran haben wir uns gehalten.“ Ein Kommunalpolitiker, der nicht genannt werden will, glaubt, „dass die berufliche Perspektive und finanzielle Erwägungen eine entscheidende Rolle für Feldmanns Motivation gespielt haben könnten, den vorzeitigen Ruhestand als Rücktrittsoption für sich und später auch öffentlich auszuschließen“.
Feldmann spricht von „Schmutzkampagne“
Dementi aus dem OB-Büro: Feldmanns Sprecher Olaf Schiel, früher als „Bild“-Reporter für etliche schmeichelnde Personalitystorys gut („Wer ist dieser Hottie?“, „Feldmanns privater Kosmos“), nennt „das Jobgerücht völligen Blödsinn“. Er erinnere in diesem Zusammenhang an die Pressekonferenz am 8. Juli, als Feldmann erklärt hatte, er sei bereit, Ende Januar seinen Stuhl zu räumen – „und zwar ohne Job-Alternative“.
Schnee von gestern. Feldmann räumt seinen Stuhl mitnichten. Zumindest ist er nicht bereit, das Votum der überwältigenden Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung zu akzeptieren, was bedeutet, dass jetzt ein 1,6 Millionen Euro teures Abwahlverfahren auf die Stadt mit ihrem Skandal-OB zukommt. Der soll laut Bericht der mittlerweile Feldmann-kritischen „Bild“-Zeitung („Pattex-Peter“) bereits am Montag seine restlichen Getreuen zu einem Unterstützer-Meeting in einer Frankfurter Kneipe geladen haben. Und in einer Erklärung direkt nach der Abwahl im Stadtparlament vergangene Woche hatte er die Fraktionen bereits vor einer „Schmutzkampagne“ gegen ihn gewarnt und einen „Fairness-Pakt“ angeboten.
Wie aber sollen denn nun die Wähler mobilisiert werden? Eine solche Art „(Ab-)wahlkampf“ kennt die ehrwürdige Rhein-Main-Metropole bisher nicht. Für die Grünen sagt Dimitrios Bakakis, man müsse nun natürlich alles tun, möglichst viele an die Urne zu bringen: „Wir werden aber versuchen, soweit möglich eine positive Kampagne für einen Neuanfang zu fahren und möglichst keine Negativkampagne gegen den Amtsinhaber.“ FDP-Fraktionschef Pürsün meint, es bleibe abzuwarten, welche Aktivitäten sich entwickeln. „Ich denke, dass es da viele individuelle Ideen geben wird.“ Und Thorsten Weber, Kreisgeschäftsführer der CDU, erklärt zum Ziel, „eine breite und überparteiliche Bewegung aller Frankfurterinnen und Frankfurter für den dringend notwendigen Neuanfang für unsere Stadt zu erreichen“. Dafür müsse man werben, so Weber, denn es gehe „nicht um Parteipolitik, sondern das Wohl der Stadt und ihrer Menschen“.