In dieser Frage geht ein Riss durchs Land. Umfragen zeigen, wie viele Verfechter und Gegner der Corona-Impfung für Kinder es gibt. Und wie verunsichert die Eltern sind.
BERLIN/NEW YORK. Das Zitat schlug ein wie eine Bombe. Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), hatte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Anfang Dezember erklärt, wenn er ein sieben- oder achtjähriges Kind hätte, würde er es „wahrscheinlich jetzt nicht impfen lassen“. Die Reaktionen darauf waren so heftig, dass er sich gezwungen sah, seinerseits darauf zu reagieren. „Die Entscheidung über die Impfung ist wirklich eine sehr persönliche Sache. Es war damals wahrscheinlich der einzige Fehler, den ich gemacht habe, dass ich überhaupt etwas Persönliches gesagt habe“, sagte er dem Nachrichtensender Welt.
Überhaupt sei das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er habe nämlich gesagt, dass er ohne das Vorhandensein eines für Kinder konfektionierten Impfstoffes und ohne abschließende Bewertung durch die Stiko das Kind nicht impfen lassen würde. Mittlerweile hat die Stiko eine Corona-Impfung von Kindern von fünf bis elf Jahren empfohlen, die Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf oder Angehörige mit hohem Risiko haben. Außerdem können Eltern nach einer Aufklärung auch ihre gesunden Kinder impfen lassen. Doch die Eltern gerade kleiner Kinder sind nach wie vor gespalten. Wie sehr, das zeigen Umfragen.
Klare Befürworter und Gegner halten sich die Waage
In der Kinderimpffrage ist das Land zerrissen, und das schon seit geraumer Zeit. So hat das Meinungsforschungsinstitut Civey im August 2021 rund 1500 Personen mit Kindern von unter 18 Jahren zur Impfbereitschaft befragt. Ergebnis: 38,7 Prozent antworteten mit „Ja, auf jeden Fall“, 30,7 Prozent mit „Nein, auf keinen Fall“. 13,3 Prozent entfielen auf „Eher ja“, neun Prozent auf „Eher nein“. Ein ähnliches Bild ergab eine Ende Dezember 2021 durchgeführte und ebenfalls repräsentative Umfrage der Krankenkasse Barmer unter mehr als 1000 Eltern von Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren. Fast 40 Prozent der Eltern würden sich dafür entscheiden, ihre Kinder gegen Covid-19 impfen zu lassen. Rund 28 Prozent zeigten sich noch unschlüssig, während 32,5 Prozent die Impfung ablehnten. Aktuell sind hierzulande nach offiziellen Zahlen von den 5,3 Millionen Fünf- bis Elfjährigen knapp 20 Prozent mindestens einmal geimpft, gut zwölf Prozent zwei Mal. Von den 4,5 Millionen Zwölf- bis 17-jährigen sind es bereits 64 beziehungsweise 60 Prozent.
Weniger als ein Drittel will Kleinkinder sofort impfen lassen
Umfragen zur Impfbereitschaft im Falle von Kleinkindern beziehungsweise von unter fünf Jahren gibt es hierzulande noch nicht. Eine Erhebung in den USA zeigt jedoch, wie gespalten und verunsichert gerade Eltern von Kleinkindern sind. Zunächst einmal kommt die jetzt veröffentlichte groß angelegte Umfrage der Kaiser Family Foundation (KFF), einer US-Denkfabrik zu Gesundheitspolitik und -themen, bei Kindern zu ähnlichen Ergebnissen wie vergleichbare Erhebungen in Deutschland. Der Anteil der Eltern, die eine Impfung ablehnen, ist sogar niedriger.
So gaben in der KFF-Umfrage 33 Prozent der Eltern von Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren an, dass ihr Nachwuchs bereits geimpft ist, 13 Prozent, dass sie ihre Sprösslinge noch impfen lassen werden. Dagegen wollen 19 Prozent noch „abwarten und sehen“ und 24 Prozent ihr Kind „auf keinen Fall“ impfen lassen. Für Kinder im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren sind Corona-Impfstoffe noch nicht zugelassen. Und der KFF-Umfrage zufolge sind klaren Impfbefürworter noch in der Minderheit.
So sagen 31 Prozent der Eltern, also weniger als ein Drittel, dass sie ihr Kleinkind sofort impfen lassen werden, sobald der Impfstoff für diese Altersgruppe zugelassen ist. Ein ähnlich großer Teil (29 Prozent) will lieber noch abwarten, ist also noch unschlüssig. Und auch bei den Kleinkindern beläuft sich der Anteil der harten Impfgegner („auf keinen Fall“) auf rund ein Viertel (26 Prozent). Zwölf Prozent wollen ihr Kind „nur bei Bedarf“ impfen lassen. Etwa, wenn sie den Impfnachweis quasi als Eintrittskarte benötigen.