Für wen ist der neue Corona-Impfstoff?

aus Coronavirus-Pandemie

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Eine Impfung gegen das Coronavirus wird verabreicht. Symbolfoto: Guido Schiek

Die europäische Arzneimittelagentur gibt grünes Licht für die Zulassung der Vakzine gegen die Virusvariante BA.1. Wichtige Fragen und Antworten.

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BERLIN. Der Impfstoffhersteller Biontech hätte seinen an Omikron angepassten Impfstoff bereits ab Ende März ausliefern können. Damals war die Virusvariante BA.1 noch nicht von der Bildfläche verschwunden. Weil die europäische Arzneimittelagentur EMA jedoch weitere klinische Studiendaten angefordert hatte, wurde die Zulassung immer weiter verschoben. Nun ist es endlich soweit: Mehr als zweieinhalb Jahre nach Pandemiebeginn sollen erste an Virusvarianten angepasste Impfstoffe in der EU zugelassen werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Um welche Impfstoffe geht es jetzt? Es geht um die sogenannten bivalenten mRNA-Impfstoffe der Unternehmen Biontech/Pfizer und Moderna. Bivalent bedeutet, dass die Präparate sowohl vor dem ursprünglichen Sars-CoV-2-Virus als auch vor der Omikron-Sublinie BA.1 Schutz bieten.

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Wann wird die Zulassung kommen? Ein Expertenausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur EMA hat am Donnerstag den Weg für die zwei an die Omikron-Variante angepasste Corona-Impfstoffe freigemacht. Die EU-Kommission muss nun noch formal über die Zulassung entscheiden. Für Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, ist die EU-weite Zulassung eine Formsache: Es lägen klinische Daten vor, das Präparat sei an mehreren Hundert Probanden getestet worden, sagte er der Deutschen Presseagentur.

Ab wann wird damit geimpft? Die Hersteller haben laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) eine zügige Auslieferung ihrer an die Virusvariante BA.1 angepassten Impfstoffe zugesagt. Arztpraxen können den neuen Impfstoff bereits mit der Impfstoffbestellung anfordern, die bis zum 6. September erfolgt. Erste Dosen sollen voraussichtlich noch am Donnerstag oder Freitag derselben Woche (8./9. September) an die Praxen ausgeliefert werden. Laut dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch werden in Rheinland-Pfalz ab dem kommenden Mittwoch erste Auffrischungsimpfungen mit dem neuen Impfstoff möglich sein.

Wer braucht den neuen Omikron-Impfstoff? Die Omikron-Variante BA.1 wurde inzwischen weltweit von den Varianten BA.4 und BA.5 verdrängt. Was würde ein daran angepasster Impfstoff überhaupt noch bringen? Laut dem Mainzer Unternehmen Biontech wirkt der BA.1-Impfstoff auch gegen BA.4 und BA.5, allerdings deutlich schwächer. Das hätten Labortests gezeigt.

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Das sieht auch Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt so. Ob allerdings auch junge, gesunde Menschen ihren Immunschutz durch eine Impfung mit den neuen BA.1-Vakzinen steigern sollten, müsse die Ständige Impfkommission beurteilen, sagt er. Mittlerweile liege die letzte Impfung bei vielen Menschen schon einige Monate zurück, erinnert Reinhardt.

Was empfiehlt die Ständige Impfkommission? Aktuell wird eine vierte Auffrischungsimpfung mit den verfügbaren Impfstoffen nur Menschen ab 60 Jahren und Risikopatienten empfohlen. Sobald Varianten-angepasste Impfstoffe zugelassen und verfügbar sind, wird die Stiko die Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit prüfen und eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen aussprechen, heißt es beim Robert-Koch-Institut.

Wird jetzt automatisch mit BA.1-Impfstoff aufgefrischt? Arztpraxen können künftig jeweils beide Impfstofftypen bestellen – für Auffrischimpfungen den BA.1-Impfstoff, für die Grundimmunisierung den bisherigen Impfstoff. „Wir erwarten nun eine schnelle Empfehlung für die neuen Omikron-Impfstoffe durch die Stiko. Eine aktualisierte Empfehlung wäre jetzt deshalb wichtig, weil sich die Ärztinnen und Ärzte daran orientieren. Sie ist die wissenschaftliche Richtschnur für die Praxen“, so ein KBV-Sprecher.

Was ist beim Impfzeitpunkt zu beachten? Laut der Stiko-Empfehlung zur Viertimpfung soll die Impfung mindestens sechs Monate nach der dritten Impfung beziehungsweise nach einer Corona-Infektion erfolgen. Ein weiterer Booster nach zu kurzer Zeit bringe Experten zufolge keinen Zusatznutzen. Für Personen, die bereits vier immunologische Ereignisse (Impfungen oder Infektionen) hatten, wird vorerst keine weitere Auffrischungsimpfung empfohlen.

Können sich Ungeimpfte mit dem neuen Impfstoff immunisieren lassen? Nein. Beide Impfstoffhersteller haben eine Zulassung ihres angepassten Impfstoffes nur für Auffrischimpfungen beantragt. „Die Impfstoffe können damit nicht für eine Grundimmunisierung eingesetzt werden. Hierfür stehen weiterhin die bisher eingesetzten Vakzine bereit“, so die KBV.

Sollte man besser auf einen an BA.4/BA.5 angepassten Impfstoff warten? Gerade ältere Menschen und Patienten mit Immunschwäche und Vorerkrankungen sollten sich zügig ein viertes Mal impfen lassen – selbst wenn in einigen Wochen mit der Zulassung weiterer neuer Impfstoffe gegen die BA.4- und BA.5-Varianten zu rechnen sei, empfiehlt der Bundesärztekammer-Präsident. Und auch die Stiko empfiehlt Risikogruppen nicht auf einen angepassten Impfstoff zu warten oder gar eine angezeigte Impfung zu verschieben.