Fluglärmgesetz schützt nicht: Umweltbundesamt fordert drastische Absenkung der Grenzwerte
Das Fluglärmschutzgesetz schützt die Menschen nicht genügend vor Lärm. Die im Zuge der Novelle 2007 getroffenen Neuregelungen haben nicht zu der angestrebten Verbesserung der Situation geführt. Dies geht aus einem neuen Bericht des Umweltbundesamtes hervor.
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Bürger, die in An- und Abflugschneisen von Flughäfen leben, leiden unter dem Lärm. Der Schlaf ist oft schlechter, der Blutdruck höher und Kinder entwickeln sich langsamer, so Untersuchungen. Foto: dpa
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FRANKFURT - Das Fluglärmschutzgesetz schützt die Menschen nicht genügend vor Lärm. Dies geht aus einem neuen Bericht des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, der seit wenigen Tagen vorliegt. Darin heißt es: "Insbesondere hat sich gezeigt, dass die im Zuge der Novelle 2007 getroffenen Neuregelungen nicht zu der angestrebten Verbesserung der Fluglärmsituation geführt haben."
Das Gesetz wurde 2007 vom Bundestag beschlossen und definiert Schutzzonen rund um die Flughäfen, etwa in Frankfurt. Ab einem bestimmten Lärmpegel haben Anwohner Anspruch auf Schallschutzfenster, Dachisolierung oder Lüfter für die Schlafzimmer. Für Belastungen im Außenbereich sind finanzielle Entschädigungen möglich. Dabei geht es vor allem um passiven Schallschutz und nicht darum, den Lärm an der Quelle zu verringern.
Im Grunde gebe das Gesetz nur die Belastung innerhalb von zehn Jahren wieder. Es biete "keine Möglichkeit, den Fluglärm zu begrenzen oder zu vermindern", schreibt das UBA in dem 100 Seiten starken Bericht. Statt der erwarteten 800 Millionen Euro werden die Flughafenbetreiber voraussichtlich nur 150 Millionen Euro für Erstattungen zahlen. In der Studie heißt es, mittlerweile sei "als gesichert zu erachten, dass chronischer Fluglärm den Blutdruck beeinflusst und das Risiko von (insbesondere ischämischen) Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht". Die aktuellen Forschungsergebnisse belegten, dass die Grenzwerte des Fluglärmgesetzes "keinen umfassenden Schutz hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Auswirkung bieten". Das Umweltbundesamt fordert eine "deutliche Absenkung" der Grenzwerte für die Schutzzonen, verbesserte Erstattungsregelungen für baulichen Schallschutz und höhere Erstattungsbeträge. Es schlägt vor, die Grenzwerte (Dauerschallpegel) für die Tagschutzzone 1 von derzeit 65 auf 50 Dezibel sowie für die Tagschutzzone 2 von 60 auf 45 Dezibel abzusenken. Für die Nacht regt das UBA einen Wert von 40 Dezibel an. Darüber hinaus empfiehlt die Behörde das Schutzkonzept des Flughafens Leipzig/Halle, das an der Wirkung ausgerichtet ist. So reicht in der Nacht schon ein lauter Flug, um wach zu werden. Das UBA empfiehlt darüber hinaus, das Fluglärmgesetz grundsätzlich zu überprüfen. Denkbar seien Lärmkontingente am Tag sowie "aus Gründen des präventiven Gesundheitsschutzes ein Ruhen des regulären Flugbetriebs zwischen 22 und 6 Uhr". Grundsätzlich sei eine Lärmkontigentierung auch nachts möglich. Dazu bräuchte es ein integriertes Luftverkehrskonzept für alle Flughäfen. So könnte der unbedingt notwendige Nachtflugbetrieb von wenigen Flughäfen abgewickelt werden, etwa von Parchim in Mecklenburg-Vorpommern oder Hahn in Rheinland-Pfalz.
==Schutzzonen==
Das Fluglärmgesetz unterteilt in zwei Tag-Schutzzonen und eine Nacht-Schutzzone. Die Grenzwerte für die Tag-Schutzzonen 1 und 2 liegen für bestehende Flughäfen bei einem Dauerschallpegel von 65 bzw. 60 Dezibel. Bei neuen oder erweiterten Flughäfen wie Frankfurt sind es Dauerschallpegel von 60 bzw. 55 Dezibel. Für die Nacht (22 bis 6 Uhr) gelten 50 Dezibel oder pro Nacht mindestens sechs Überschreitungen eines Maximalpegels von 53 Dezibel.
==Fluglärmbericht 2017==
Der Fluglärmbericht 2017 des Umweltbundesamts kann kostenlos im Internet auf www.umweltbundesamt.de heruntergeladen werden.