Den Kontrolleuren stockte der Atem: In einer Metzgerei wurden in mehreren Kilogramm „Dry Aged Beef“ Fliegenlarven gefunden. Nun äußert sich der Inhaber.
FRANKFURT. Das abgebildete Ausmaß bei diesem Fall von Ekelfleisch ist schwer zu ertragen, das Frankfurter Ordnungsamt schreibt in einer Mitteilung diplomatisch von „Bildern, die selbst für gestandene Bedienstete nicht alltäglich sind“. In einer Metzgerei im Frankfurter Westen haben die Lebensmittelkontrolleure am Mittwoch bei Rindfleisch „ein erhebliches Aufkommen an Fliegenlarven festgestellt“. Laut der Mitteilung müssen Dutzende Rinderrücken, insgesamt 800 Kilogramm Fleisch, auf Kosten der Metzgerei entsorgt werden. Inhaber Thomas Reichert beziffert auf Nachfrage den Gesamtwert auf 18.000 Euro. Das Fleisch, in Gourmetkreisen als „Dry Aged Beef“ bekannt, ist teuer, weil die Produktion zeitaufwendig ist und mit der Trockenreifung viel Gewichtsverlust einhergeht.
Lücken in der Kühlkette beim Transport als Ursache?
Bereits am 29. Juni habe eine Kontrolle in der Traditionsmetzgerei stattgefunden. Dabei sei „augenscheinlich verdorbenes Dry-Aged-Roastbeef“ festgestellt worden. Der zum Verkauf bestimmte Rinderrücken „erschien damit nicht sicher und definitiv nicht zum Verzehr geeignet“, so die Stadt. Das Fleisch sei „umgehend sichergestellt“ worden. Weil die Kontrolleure zudem „allgemein unhygienische Zustände“ und Mäusebefall festgestellt hätten, wurde die Metzgerei vorübergehend geschlossen.
Nachdem sich bei einer Nachkontrolle am 1. Juli zeigte, dass die Mängel behoben waren, durfte der Familienbetrieb wieder öffnen. Doch bei einer erneuten Untersuchung des Rindfleischs sei „ein akuter Befall mit Fliegenlarven in den Rinderrücken“ festgestellt worden. Die Kontrolleure hätten 39 Rinderrücken sichergestellt und Proben genommen.
Die Untersuchung im Hessischen Landeslabor führte nun am Mittwoch dazu, dass die Lebensmittelkontrolleure wieder anrückten. „Im Beisein des Inhabers der Metzgerei“, teilt die Stadt mit, „wurden zehn der sichergestellten Rinderrücken geöffnet“ – mit dem bekannt ekligen Ergebnis. Woran lag es? „Wahrscheinlich eine Schwachstelle in der Kühlkette beim Transport vor der Anlieferung, der nicht in unserer Hand liegt“, betont Reichert. Im eigenen Kühlhaus könnten Fliegen bei Temperaturen zwischen 0 und 5 Grad keine Eier ablegen.
Der Befall sei von außen auch nicht erkennbar gewesen. In Umlauf gelangt sei nichts von dem Fleisch, „da die Roastbeefs zum Zeitpunkt der Beanstandung noch im Reifeprozess waren“, sagt der Metzger. Gegen ihn wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Weitere „engmaschige Betriebskontrollen“ sollen folgen. Er wolle nun “alle unsere Prozesse auf Tauglichkeit” überprüfen, damit ein solcher Vorfall nicht mehr passieren könne. Die Dry-Aged Roastbeef-Reifung werde “ganz sicher auch so nicht mehr stattfinden”. Bezüglich der städtischen Sanktionen gab sich Reichert gelassen, schließlich habe weder ein Risiko für den Verbraucher vorgelegen noch sei die Ware verdorben gewesen, etwa durch Aflatoxine, Listerien oder Salmonellen. „Fleisch mit Mückenlarven entspricht einfach nicht der Verbrauchererwartung und ist eklig“, räumt Reichert ein. Deshalb sei der immaterielle Schaden vermutlich höher als der materielle.: „Ich war heute den ganzen Tag im Betrieb, und natürlich ist die Berichterstattung nicht folgenlos geblieben“, berichtet der Metzgermeister.
Lesen Sie auch: Listeriose-Skandal: Rätsel um Todesursache
Weil die restlichen Umstände nicht zu beanstanden gewesen seien (die Prüfberichte liegen der Redaktion vor), sei der Betrieb nicht erneut geschlossen worden. „Eine Gefahr für Verbraucherinnen und Verbraucher war wegen der rechtzeitigen Sicherstellung des Fleisches nicht gegeben“, betont die Stadt Frankfurt. Das Ordnungsamt wollte über die städtische Pressemitteilung hinaus am Freitag keine weiteren Angaben machen.
Lesen Sie auch: Lebensmittel-Skandal: Nach Ekel-Wurst jetzt Gammel-Gemüse
Es ist nicht der erste Frankfurter Lebensmittelskandal in diesem Jahr: Im April erkrankten nach dem Besuch in einem Asia-Restaurant im Bahnhofsviertel mehr als 60 Gäste an einem Magen-Darm-Infekt. Kurz vor Ostern sorgte dann verunreinigtes Gemüse überregional für Entsetzen: Geschnittene Gurken eines Lebensmittelbetriebs im Kreis Groß-Gerau hatten mehrere Listeriose-Fälle verursacht, in einer Offenbacher Klinik starb sogar ein Patient nach dem Verzehr von verseuchtem Krankenhausessen.