Stefan Schröder erhält den Hessischen Journalistenpreis. Weitere Ehrungen gab es für Beiträge, die die Folgen des Ukraine-Krieges für Hessen beleuchten.
WIESBADEN. Stefan Schröder ist mit dem Hessischen Journalistenpreis für sein Lebenswerk geehrt worden. Der ehemalige VRM-Chefredakteur und langjährige Chefredakteur des Wiesbadener Kurier erhielt die Auszeichnung vor rund 70 Gästen aus Medien und Gesellschaft VIP-Bereich des Stadions am Bieberer Berg in Offenbach. Prämiert wurden die besten Einsendungen zum Thema „Kriegsfolgen“. Höhepunkt der Preisverleihung: die Auszeichnung von Stefan Schröder.
In einer launigen und pointierten Laudatio würdigte HR-Kulturredakteur Hans Sarkowicz, der Schröder seit mehr als 30 Jahren kennt, den Preisträger für seine journalistischen Leistungen und seine Qualitäten als Führungskraft. Nach dem Volontariat bei den Badischen Neuesten Nachrichten und Stationen bei der Rhein-Main-Zeitung der FAZ sowie der Rheinischen Post war Schröder 1999 zur Allgemeinen Zeitung nach Mainz gewechselt – als stellvertretender Chefredakteur. Unter seine Ägide wurde die Kinderzeitung „Kruschel“ aus der Taufe gehoben und viele neue Ideen und Formate begründet. 2008 übernahm er beim ebenfalls zur VRM gehörenden Wiesbadener Kurier die Rolle des Chefredakteurs. „Dort verfolgte er weiterhin konsequent sein Ziel, den Lokaljournalismus zu stärken und die digitalen Herausforderungen zu meistern“, erläutert Laudator Sarkowicz. „Stefan Schröder entwickelte mit seinem Team ein ganzes Bündel von Aktivitäten, bei denen er nicht nur Verantwortung übernahm, sondern auch bereit war, sich als Journalist einzubringen. Denn das hat er trotz seiner vielfältigen Leitungsaufgaben nie vernachlässigt, das Schreiben, Sprechen und Moderieren. In seinen Kommentaren war er brillant.“ Er führte in einem erfolgreichen Pilotprojekt die VRM Videoformate ein, rief ein weiteres neues Magazin ins Leben und begann die erfolgreiche Podcast-Reihe „Schröder trifft“. „Medial war er, auch schon als etwas älteres Semester, immer auf der Höhe der Zeit und damit auch Vorbild für seine jüngeren Kolleginnen und Kollegen.“
Schröder begründet in Wiesbaden Talks und Initiativen
Der heute 65-jährige Schröder werde im Kollegenkreis auch deswegen geschätzt, weil er konsequent auf die Jugend setzt: Viele junge Journalistinnen und Journalisten hat er gefordert und gefördert, sie langsam auf Führungsaufgaben vorbereitet. Wichtig sei ihm auch stets gewesen, die Bedürfnisse der Leserschaft im Fokus zu behalten und ihre Nähe zu suchen.
"Warum machen Sie, was Sie machen?": Diese Frage hat Stefan Schröder seinen Gesprächspartnern im Podcast "Schröder trifft" gestellt. Die Folgen können Sie hier nachhören.
Schröder begründete auf der einen Seite die Initiative „Wiesbaden lernt erste Hilfe“, forderte Leserinnen und Leser beim Diktatwettbewerb „Wiesbaden schreibt“ und veranstaltete zusammen mit dem Hessischen Staatstheater den „Talk im Foyer“. „Auf Augenhöhe, das hieß für ihn, bei und mit den Menschen zu sein, auf sie zu hören. Und gemeinsam mit ihnen Ideen zu realisieren. Sein Spektrum war dabei weit und gelegentlich unkonventionell“, sagte Sarkowicz. Bei dem Preis, der mit 3.000 Euro dotiert ist, handele es sich um eine Auszeichnung für das bisherige Lebenswerk, betonte der Laudator. Da Schröder weiterhin schreibt und moderiert, sei das Lebenswerk noch nicht abgeschlossen.
Erster Preis für Diana Deutschle vom HR
Für den diesjährigen Wettbewerb wurden journalistische Beiträge aller Genres und Sparten gesucht, die die Folgen des Krieges in und für Hessen beleuchten. Diese konnten sowohl soziale, gesellschaftliche, politische als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen. Und dies sei den Preisträgerinnen hervorragend gelungen. „Sie kommen ihrer Aufgabe als Multiplikatoren mit gesellschaftlich-politischer Verantwortung in vorbildlicher Weise nach. Und das nicht nur mit journalistischer Brillanz in Sprache, Stil und Form, sondern auch mit viel Einfühlungsvermögen“, betonte Michael Weidmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Hessen. Die Bank richtet den Preis in Kooperation mit dem Landesverband des Deutschen Journalistenverbands aus.
Im Wettbewerb um den besten Beitrag zum Thema „Kriegsfolgen“ überzeugte Diana Deutschle vom Hessischen Rundfunk mit ihrem Film „Geboren im Krieg – ein Wunschkind aus Kiew“. Die Multimedia-Journalistin erhielt den ersten Preis für eine laut Jury „herausragende“ Produktion des hr-Fernsehens, die auf ARTE, in der ARD-Mediathek und im hr-Fernsehen publiziert wurde. Ihr sei es „mit großer Sensibilität gelungen, das sehr persönliche, intime Thema der Leihelternschaft am Beispiel eines Paares aus Hessen darzustellen“, begründete die Jury ihre Entscheidung für Platz eins und ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro. Die Eltern holen unter dramatischen Umständen ihr Kind einer ukrainischen Leihmutter aus Kiew ab, während die Stadt unter Beschuss steht.
Den zweiten Platz (2.000 Euro) belegte Theresa Weiß von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die sich nach dem ersten Preis 2018 zum zweiten Mal unter den Preisträgern des Hessischen Journalistenpreises wiederfand. Sie überzeugte mit ihrem Beitrag „Leere Teller“, erschienen am 19. April 2022 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in dem sie schildert, wie aus Hilfsbereitschaft für ukrainische Geflüchtete Chaos erwächst. Die Autorin schreibe zweispurig: „Gut recherchierte Fakten grundieren eine reflektierte Empathie für die notleidenden ukrainischen Geflüchteten. Dass auch die Nöte der ehrenamtlichen und privaten Helfer und die Schwierigkeiten der städtischen Bürokratie thematisiert werden, hebt den Artikel aus der Fülle lediglich beifälliger oder nur klagender Berichte heraus“, urteilte die Jury.
Den dritten Platz und damit verbunden ein Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro vergab die Jury an Kathrin Rosendorff von der Frankfurter Rundschau. Sie habe dem Thema des diesjährigen Wettbewerbs in überzeugender Weise entsprochen. Das liege auch an der 98-jährigen Ukrainerin Alexandra Kosiakova, die sich als Zeugin der Kriegsschrecken im 20. und 21. Jahrhundert als ergreifende alte Dame und kluge Gesprächspartnerin von Format erweist. „Ganz besonders liegt es aber an der Autorin selbst. Mit einfühlsamen, auf gründlicher Recherche fußenden Fragen bringt sie die Urgroßmutter, die mit Tochter, Enkelin, Urenkelin und Hündchen aus Kiew geflohen ist, zum Sprechen und Erzählen“, war sich die sechsköpfige Jury einig. Die Auszeichnung nahm Thomas Kaspar, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, stellvertretend für seine im Urlaub befindliche Mitarbeiterin entgegen. Kaspar betonte, dass die Autorin das Thema fortführe und in weiteren Artikeln das Schicksal der Familie begleitet.
„Balance von Empathie und hoher Fachlichkeit“
Mit einem Sonderpreis und 1.000 Euro Preisgeld wurde Yvonne Backhaus-Arnold vom Hanauer Anzeiger geehrt. In ihren beiden Artikeln „Angekommen – und dankbar“ sowie „Ein neues Zuhause“, erschienen im Hanauer Anzeiger am 8. und 18. März 2022, sei es ihr gelungen, mit genauen Blicken auf die Situation der unverschuldet durch die Flucht in Not geratenen Menschen, die Leserinnen und Leser umfassend zu informieren. Zugleich erkannte die Jury an, dass die Zeitung dem wichtigen Thema viel Platz eingeräumt hatte.
Bei allen ausgezeichneten Beiträgen wurde die gelungene „Balance von Empathie und hoher Fachlichkeit“ durch die Jury gelobt. Die sechsköpfige Jury besteht aus Knud Zilian (Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, Landesverband Hessen), Hilmar Börsing (Chefredakteur des Wiesbadener Kuriers a.D.), Werner D‘Inka (Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung a.D.), Bascha Mika (Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau a.D.) und Peter Hoffmann (Direktor Unternehmenskommunikation der SpardaBank Hessen). Jury-Vorsitzender ist Prof. Dr. Heiner Boehncke, Literaturwissenschaftler und Autor.