Eine Galeristin lädt am Ostersonntag zu Spaziergängen durch Frankfurt. Die Touren, individuell und geführt, führen an Orten vorbei, die der berühmteste Dichter der Stadt, Johann Wolfgang von Goethe, besonders mochte.
Von Katja Sturm
Das klassizistische Gartenhaus „Willemer-Häuschen“, bekannt aus den Begegnungen des Dichters Johann Wolfgang von Goethe mit Marianne von Willemer, steht in einem kleinen Park.
(Archivfoto: dpa)
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FRANKFURT - „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick“: So beginnt der Monolog aus „Faust I“, der sich bei vielen eher als Gedicht mit dem Namen „Osterspaziergang“ eingenistet hat. Johann Wolfgang von Goethe soll sich dazu inspiriert haben lassen, als er einmal vom Sachsenhäuser Mühlberg zur Frankfurter Gerbermühle lief. Die Stadt nahm 1999 den 250. Geburtstag des Dichters zum Anlass, den Mousonturm mit einer Art Kulturwanderung zu beauftragen, bei der auf dem Weg vom Goethehaus in der Innenstadt zum heutigen Restaurant nach Oberrad Theatergruppen und andere Künstler an mehreren Stationen etwas zum Thema präsentierten. Das Massenevent erlebte 2001 eine zweite Auflage, dann wurde es erst mal wieder begraben.
Ungewöhnliche Orte, die nicht jeder kennt
Die Galeristin und Restauratorin Annette Gloser und der Kunsthistoriker Robert Bock, beide fest in der regionalen Kulturszene verankert, buddelten die „schöne Idee“ vor zwei Jahren wieder aus. Doch, wie die 53-Jährige erklärt, wollten sie sie weniger als Spektakel anlegen, sondern sie wieder zu dem zurückführen, was das Herumschlendern am Festtag ursprünglich war: ein Naturerlebnis.
Gloser, die einen Hang zur Kunst an ungewöhnlichen Orten hat, sucht den Vergleich mit dem Wäldchestag. Der war einst auch nur dafür gedacht, einfach mal die Arbeit liegen zu lassen und ins Grüne zu ziehen. Mittlerweile sei der freie Dienstag nach Pfingsten mit „Konsumwahnsinn“ verbunden.
Der Osterspaziergang, den sie am Sonntag zum zweiten Mal kuratiert, legt den Schwerpunkt auf die Naturwissenschaft, mit der sich auch Goethe intensiv beschäftigt hat. So geht es an der Goetheruh, einem kleinen Aussichtshügel im Stadtwald, um das Innenleben von Pflanzen und wie man dieses zugunsten eines gesunden Wachstums beeinflussen kann. Im Sachsenhäuser Jagdklub wartet auf die Besucher neben einer Käfersammlung eine große Ostertafel, an der es unter anderem Kuchen gibt, wie er zu Goethes Zeiten gebacken worden sein könnte. „Wir haben keine genauen Rezepte gefunden“, sagt Gloser. Nur Hinweise, aus denen heraus die Kreationen entstanden. Die Station ist zum ersten Mal dabei. Es könne durchaus sein, dass einige der Wanderer dort hängen bleiben, vermutet die Verantwortliche. Den Bezug zum berühmten Sohn der Stadt hat sie sich selbst ausgedacht. So, wie das Innere des Klubheims gestaltet sei, mit vielen ausgestopften Tieren an den Wänden, stelle sie sich das Arbeitszimmer des so vielseitig Begabten vor.
Auch im Willemer-Häuschen am Mühlberg, 1814 Treffpunkt des großen Mannes mit der befreundeten Marianne von Willemer, gibt es wieder eine Installation. Alles will Gloser noch nicht verraten, aber man begegne auf dem Weg „tanzenden Eiern und lebend gebärenden Goethe-Pflanzen“; zudem erhalte man Einblicke in Räume, die sonst verschlossen bleiben.
Alle drei Anlaufpunkte liegen eng beieinander. Wer gut zu Fuß ist und Spaß daran hat, kann sie zwischen 12 und 18 Uhr im Verlauf einer Wanderung auf dem elf Kilometer langen Goethe-Rundweg vom Großen Hirschgraben aus erkunden. Entweder individuell per Faltblatt, das es am Start sowie an den Kunst-Haltestellen gibt, oder in einer geführten Gruppe, die um 13 Uhr am Goethehaus startet. Bequemere haben die Möglichkeit, zum ehemaligen Goetheturm zu fahren. Von dort aus sind alle drei Stationen nicht weit entfernt.
2017 hatten bei trübem Wetter mehr als 700 Menschen die Route in Angriff genommen. Damals gab es noch sechs Anlaufpunkte. Die Beschränkung auf die Hälfte erklärt Gloser damit, dass man sich aus finanziellen Gründen mehr nicht leisten könne, obwohl es einen Zuschuss vom Kulturamt gibt.