Das Landgericht Darmstadt hat einen 20-Jährigen verurteilt, der in Reichelsheim einen 89 alten Rentner beraubt und diesem tödliche Verletzungen zugefügt hatte.
Von dpa
Die Große Jugendkammer des Landgerichts Darmstadt mit dem Vorsitzenden Richter Jens Aßling hat als Schwurgericht einen 20 Jahre alten Odenwälder wegen Raubmordes zu acht Jahren Jugendfreiheitsstrafe verurteilt.
(Foto: Marc Wickel)
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DARMSTADT - Wegen Raubmordes hat die Große Jugendkammer des Landgerichts Darmstadt einen 20 Jahre alten Odenwälder zu acht Jahren Jugendfreiheitsstrafe verurteilt. „Sie haben aus nichtigem Grund, wegen ein paar Euro, einem Menschen das Leben genommen“, formulierte der Vorsitzende Richter Jens Aßling in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe das Vertrauen seines 89 Jahre alten Opfers und dessen wehrlose Situation ausgenutzt. Und zugeschlagen, um den alten Mann als Zeugen zu beseitigen.
Mit dem Geld Kokain gekauft
Der 20-Jährige hatte im Prozess gestanden, dass er am 15. Dezember, nach 20 Uhr, einem Reichelsheimer Rentner mit einem langen Ratschenschlüssel mehrfach auf den Kopf geschlagen und rund 400 Euro aus dessen Vitrinenschrank genommen zu haben. Mit dem Geld hatten der Angeklagte und seine schon länger drogensüchtige Freundin kurz darauf in Darmstadt Kokain gekauft und in einem Schnellrestaurant gegessen.
Der 89 Jahre alte Rentner kam bis zur Tat weitgehend selbstständig zurecht, er war noch am Nachmittag des 15._Dezember bei einem Adventkaffee. Die Tat hatte er zunächst überlebt, war danach aber ein Pflegefall. Anfang April starb er. Das Gericht folgte dem rechtsmedizinischen Gutachten, dass den Tod als mittelbare Folge der schweren Kopfverletzungen analysiert hatte.
Das Gericht schloss aus, dass der Angeklagte im Drogenrausch oder unter Suchtdruck die Tat beging. Er habevielmehr planvoll gehandelt, den Ratschenschlüssel und Handschuhe mitgenommen und den Rentner mit einem Telefonanruf vor die Tür gelockt, um so ins Haus zu kommen.
Der Angeklagte, der noch bei seiner Mutter wohnte, schien vor der Tat relativ freundlich aufgetreten zu sein. So hatte ihn der Rentner auch mal zu seinem Geburtstag eingeladen. Und eine Familie, die ebenfalls ein Haus im Odenwald hat, hatte den jungen Mann in einen Urlaub mitgenommen und versucht, ihn in seiner Selbstständigkeit zu unterstützen.
Handwerklich begabt, aber ohne Ausbildung und kaufmännisches Grundwissen hatte sich der 20-Jährige als Gartenbauer selbstständig gemacht und ein teures Auto gekauft. Dabei aber nicht berücksichtigt, dass er in einem Saisongeschäft arbeitet. „All das zeigt, dass der Angeklagte versuchte, mehr zu sein als er ist“, sagte der Richter.
„Beim Angeklagten bestand sicherlich der Wunsch nach heiler Welt und Familie“, blickte Jens Aßling auf das Leben des Verurteilten zurück: Halbwaise mit neun Jahren nach dem Tod des Vaters, danach Erbstreitigkeiten in der Familie und Schwierigkeiten in der Schule. Allerdings seien die Vorstellungen überzogen gewesen, dass mit der Selbstständigkeit die Gründung einer Familie einhergehen werde. Der Angeklagte habe seinen Freundinnen schnell viel bieten wollen, sagte der Richter und erinnerte daran, wie der 20-Jährige seiner ersten Freundin ein Pferd und Hundewelpen kaufte, weil diese sich das gewünscht hatte.
Mit einer weiteren Freundin hatte der Angeklagte – um ihr zu gefallen und um Bestätigung zu bekommen, wie er vor Gericht gestand – gemeinsam Drogen konsumiert. Um ihr dann zu zeigen, wie leicht sie vom Rauschgift wegkommen könne, so seine Aussage. Allerdings gab er so mehrere Tausend Euro aus. Dies führte am Tattag dazu, dass er dringend Geld für Kokain brauchte. Und so plante er, das Geld beim 89-Jährigen zu besorgen, weil er als dessen Brennholzlieferant wusste, wo das Ersparte lag.
Das Gericht vermisste Reue und Empathie beim Angeklagten. „Wenn man sich die Telefonüberwachung zu Gemüte führt, kann man kaum erkennen, dass Sie Mitgefühl mit dem Opfer gehabt haben“, hielt der Richter dem Angeklagten vor. Unter anderem hatte der seiner Freundin gegenüber die Tat gestanden und gesagt: „Das hättest Du nicht von mir gedacht“.
Als der Angeklagte immer mehr ins Visier der Ermittler geriet, denen Widersprüche zwischen vermeintlichem Alibi und den Geodaten seines Smartphones aufgefallen war, telefonierte der junge Mann mit der Betreuerin des Rentners. Und beklagte sich bei ihr, dass er wegen der Ermittlungen Kunden verloren habe. „Es ging nur um das Bedauern der eigenen Situation“, so Aßling. Der Vorsitzende legte dem Angeklagten nahe, die kommende Zeit für Berufsausbildung und Psychotherapie zu nutzen.
Das Gericht folgte mit dem – noch nicht rechtskräftigen – Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf ein Urteil mit Perspektive für den Angeklagten plädiert.