Kommt die Lösung in der Energiewende aus dem Odenwald?

aus Energiekrise

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Eine sogenannte Plasmaquelle der Firma Muegge. Sie wird von einem 100-Kilowatt-Mikrowellengenerator angetrieben. Das lila leuchtende, hochreaktive Plasma kann Gas, zum Beispiel Methan, konvertieren und in Wasserstoff und Acetylen umsetzen.

Die Reichelsheimer Firma Muegge produziert Plasmaquellen, mit denen aus Treibhausgasen Wasserstoff gewonnen werden kann. Wie das zukünftig für grüne Energie sorgen kann.

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Reichelsheim. „Für den Klimaschutz und eine sichere Energieversorgung muss sich Deutschland unabhängig von fossilen Brennstoffen machen. Wasserstoff als Ersatz für Erdgas, Öl und Kohle spielt dabei eine entscheidende Rolle”. So steht es auf der Internetseite der Bundesregierung. Ein Odenwälder Unternehmen könnte nun entscheidenden Anteil an der Energiewende haben. Die Firma Muegge aus Reichelsheim produziert sogenannte Plasmaquellen, die zum Beispiel Methan in Wasserstoff umwandeln können.

Plasmatechnologie statt Elektrolyse

„Unsere Technologie muss in die Köpfe der Menschen kommen”, sagt Markus Dingeldein, Zweiter Geschäftsführer von Muegge. Was er damit meint? Viele verbänden die Herstellung von grünem Wasserstoff mit der sogenannten Elektrolyse. So auch die Bundesregierung: „Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt: Dabei wird das Wasser mithilfe erneuerbaren Stroms in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt”, heißt es im Netz. Doch es gibt auch einen anderen Weg: die sogenannte Gaskonversion. Dabei könnte ein Treibhausgas, etwa Methan, beispielsweise aus der Biogasanlage in Groß-Umstadt, mithilfe von hochreaktivem Plasma in Wasserstoff und Acetylen umgesetzt werden. „Das ist zum Teil weit über 20 Prozent effizienter als die Elektrolyse”, versichert Dingeldein. Denn zum einen könnten umweltschädliche Treibhausgase für die Energiewende genutzt werden. Zum anderen entstünden so auch nutzbare Beiprodukte wie Acetylen – etwa benötigt zum Schweißen und in der Chemieindustrie. Der notwendige Strom kann überdies wie bei der Elektrolyse grün aus Windkraft oder Photovoltaikanlagen gewonnen werden.

Warum wird also noch nicht flächendeckend über Plasmatechnologie bei der Wasserstoffherstellung gesprochen? „Bislang ist das ein Nischenthema”, erklärt Muegge-Geschäftsführer Dr. Klaus Martin Baumgärtner. Man habe zwar Kontakt zu Start-ups, die noch im Prototypenbereich arbeiteten, „aber wir glauben, dass unsere Technologie in Serie gehen kann”, versichert er. Muegge produziert dabei jedoch nicht das Endprodukt, sondern Komponenten für die Industrie. Etwa die Plasmaquelle und den Mikrowellengenerator, mit der diese angetrieben wird. „Wir sind deshalb auf vielen Messen unterwegs, um unsere Produkte bekannt zu machen”, berichtet Markus Dingeldein.

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Mehr Aufmerksamkeit wegen Energie-Krise

Förderlich ist dabei nun die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. „Der Krieg ist selbstverständlich furchtbar”, unterstreicht Geschäftsführer Baumgärtner. Es sei jedoch „spannend, dass es oft Krisen braucht, damit es vorangehen kann”. So häuften sich aktuell Anfragen, auch von Universitäten und Forschungsinstituten, die sich für die Plasmatechnologie von Muegge, welche unter anderem auch bei der Beschichtung von Photovoltaikanlagen eingesetzt wird, interessieren.

Wenn die Nachfrage steigt, vergrößert sich zugleich häufig ein Unternehmen. So auch die Firma Muegge. Das wird deutlich, wenn man den Umsatz der Reichelsheimer Firma und dessen Wachstum betrachtet. 2021 lag er bei 37 Millionen Euro. „In diesem Jahr wachsen wir im zweistelligen Prozentbereich. Das erwarten wir auch im nächsten Jahr”, unterstreicht Baumgärtner die Entwicklung von Muegge, die sich auch bei den steigenden Mitarbeiterzahlen zeigt. „Ende September hatten wir 173 Beschäftigte. Bis Jahresende planen wir mit 198 Angestellten. Ende 2023 wollen wir 238 Mitarbeiter stark sein”, sagt der zweite Geschäftsführer Markus Dingeldein.

Wir sind schon immer hier und werden dem Odenwald treu bleiben.

MD
Markus Dingeldein Zweiter Geschäftsführer, Muegge

Dass das 1979 gegründete Unternehmen im Aufschwung ist, wird auch direkt am Standort in Reichelsheim deutlich. Erst 2020 hatte man dort ein drittes Gebäude in Betrieb genommen. „Eigentlich sollten die drei Gebäude unsere Kapazitäten abdecken. So war der Plan”, berichtet Dingeldein. Schnell habe man sich jedoch eingestehen müssen, dass das nicht ausreicht. „Deshalb haben wir kürzlich unsere Logistik nach Brensbach ausgelagert”, so Dingeldein weiter.

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Auch in Amerika und Italien gibt es inzwischen Muegge-Niederlassungen, und die Produkte werden in über 40 Länder auf der ganzen Welt verkauft. Der Mittelpunkt soll jedoch weiterhin der Odenwald sein. „Die meisten unserer Mitarbeiter kommen hier aus der Umgebung”, berichtet Klaus Martin Baumgärtner. Und weiter: „Wir wollen ein Innovationszentrum und starker Arbeitgeber im Odenwald bleiben.” Markus Dingeldein ergänzt: „Wir entwickeln, montieren, fertigen, prüfen, verkaufen und servicen weltweit aus Reichelsheim. Das ganze Knowhow der Muegge hüten wir hier im Odenwald.” Kein Grund also, um wegzugehen. „Wir sind schon immer hier und werden dem Odenwald treu bleiben”, versichtert Muegges Zweiter Geschäftsführer.