Wanderung mit Schäfermeister Bernd Keller im Odenwald
Bei Bernd Kellers "Lammguck"-Wanderung hören 120 Interessierte von den Folgen des trockenen Sommers.
Von Kirsten Sundermann
Rauf auf die neue Weide dürfen Bernd Kellers Schafe - interessiert beobachtet von 120 Wanderern.
(Foto: Kirsten Sundermann)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
LANGENBROMBACH/REHBACH - Wenn der Rehbacher Schäfermeister Bernd Keller zu seinen "Lammguck"-Wanderungen aufruft, dann kommen die Menschen in Scharen, um sich dieses besondere Erlebnis nicht entgehen zu lassen. Nicht einmal "ein richtiges Sauwetter" kann sie dann davon abhalten, den sympathischen Tierfreund und -halter zu begleiten. Und so durfte Keller im Hof des Odenwald-Gasthauses "Zum Löwen" in Langenbrombach auch diesmal wieder gut 120 Wanderer begrüßen, die zudem mehrere Hunde mitgebracht hatten.
Der erste Kommentar des Schäfers galt natürlich dem Wetter - über das er sich gewaltig freute. Denn "die Natur braucht dringend Regen", erklärte er. Und kündigte gleich eine kleine Programmänderung an: So sollten seine Schafe diesmal nicht - wie angekündigt - von der Sommerweide in den Winterstall begleitet werden, sondern "nur" von einer Weide zu einer anderen.
Extreme Witterung verringert Wintervorräte
Wegen des trockenen und heißen Sommers habe er nur sehr wenig Heu machen und Wintervorräte aufbauen können. Die Tiere sollten daher in diesem Jahr so lang wie möglich draußen bleiben, "um sich noch ein Weilchen selbst zu versorgen".
VIELFÄLTIG ENGAGIERT
Bernd Keller ist gelernter Automobilverkäufer, hat aber schon lange eine Schwäche für Schafe. Daher ließ er sich zum Tierwirt der Fachrichtung Schafhaltung ausbilden und legte auch die Prüfung zum Schäfermeister ab. Die Schäferei Keller erfüllt die Qualitätskriterien der Regionalmarke Odenwald und ist offizieller Lieferant der Odenwald-Gasthäuser.
Keller engagiert sich überdies als Vorsitzender im Odenwälder Schäferverein für die Belange der Tiere und ihrer Besitzer, die ihre Herden weitestgehend im Nebenerwerb halten. Mehr auf www.schaeferverein-odenwaldkreis.de. (sun/jös)
Und dann ging sie los, die rund fünf Kilometer lange Advents-Wanderung: in langen Schritten, immer bergauf und fast immer unter aufgespannten Regenschirmen. Weitere Erläuterungen gab es unterwegs. So berichtete Keller, dass er als Odenwälder Hobby-Schafzüchter mit seinen knapp hundert Muttertieren recht unglücklich sei über die seit 2004 geltende Agrarförderung. Denn diese beziehe sich nicht mehr auf die Zahl der vorhandenen Mutterschafe, sondern auf die Größe der beweideten Flächen.
"Da ich aber nur wenig eigene Flächen habe und meine Tiere sich vorwiegend auf gepachteten Arealen tummeln", sei ihm dadurch ein Großteil der Förderung weggebrochen. Früher habe er 170 Mutterschafe gehabt, aber seitdem seine Söhne nicht mehr im Haus wohnten und ihn bei der Arbeit unterstützen könnten, habe er die Größe seiner Herde reduzieren müssen. "Reich werden kann man nicht mit der Schafhaltung", berichtete er.
Als die Gruppe die Sommerweide oberhalb von Rehbach erreicht hatte, kam Hütehund El Rey zum Einsatz. Er trieb die "Schwarzköpfigen Fleischschafe", die sich vor den anrückenden Menschen erst einmal in Sicherheit bringen wollten, an das untere Gatter, wo Bernd Keller das Tor für sie öffnete. Die Tiere hatten es nun ziemlich eilig und rannten geradezu, bis sie rund 500 Meter weiter ihre nächste Weide erreicht hatten - auch diese eingezäunt.
"Auf dem Zaun ist normalerweise eine Spannung von 3000 Volt drauf", erläuterte der Schäfer. Wie er darlegte, gehe die Regierung davon aus, dass der 90 Zentimeter hohe Zaun einen ausreichenden Schutz der Herde vor Wölfen gewährleiste. Dann signalisierte Keller seinem Border Collie jedoch, mal eben drüber zu springen, was dieser lässig bewerkstelligte. "Jeder Wolf kann das auch", meinte Keller, und zeigte sich froh darüber, dass es in diesem Jahr nicht zu weiteren Vorfällen im Odenwald gekommen sei. Höhere Zäune zu stellen, könne vielleicht helfen, glaubt Keller, aber diese seien erstens doppelt so teuer und zweitens doppelt so schwer: "Allein kann man da gar nichts machen."
Unterhalb der Russeneiche gelangte die Wandergruppe dann zum rund zehn Jahre alten "Winterstall", wo Mitglieder des Langenbrombacher Posaunenchors die wetterfesten Teilnehmer mit Weihnachtsliedern begrüßten. Im Innern des Stalls hatten Kellers Ehefrau Christel und einige Helfer für warme Getränke und süße Waffeln gesorgt. Nach einer weiteren Hütevorführung machten sich die Besucher dann frohgemut auf den Rückweg über die Kreisstraße von Rehbach nach Langenbrombach.