Radfahrer und andere Waldnutzer müssen Rücksicht nehmen
Zunehmende Konflikte zwischen Freizeitnutzern, Flächenbesitzern und Jägern provozieren Ruf nach Regeln. Das Anlegen offizieller Mountainbikestrecken soll illegale Trails eindämmen.
Von Elmar Streun
Die Mümlingtalradler auf der Geopark-Mountainbike-Strecke in Michelstadt. Der neu angelegte Slow-Trail ist zwar bereits befahrbar, wie das Foto von vergangenem Sommer beweist, wird aber erst in diesem Frühjahr eingeweiht.
(Archivfoto: Dirk Zengel)
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ODENWALDKREIS - Der Konflikt zwischen Freizeitnutzern des Waldes auf der einen Seite, der Jägerschaft und den Waldbesitzern auf der anderen hat anscheinend in der jüngeren Vergangenheit eine größere Dynamik bekommen. Dieses Szenario jedenfalls beschreibt Christian Raupach als Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbands.
Ständig verbesserte Produkte der Sportartikelindustrie und digitale Kommunikationsmedien ermöglichen eine immer freiere Nutzung des Waldes auch abseits fester Wege, beschreibt Raupach. Dabei drohten die Belange der Eigentümer und der Schutz der Natur mehr und mehr „unter die Räder“ zu kommen. Offene digitale Karten im Internet ermöglichen es, gelaufene oder gefahrene Strecken als Tour in diese Karten einzustellen, sodass jeder andere Nutzer diese Touren nachfahren kann. „Brauchen wir neue gesetzliche Regeln, die den „digitalen Wegebau“ im Wald unterbinden?“, fragt Raupach. Und: „Wie können wir Besucherverkehr im Wald lenken und können wir dafür sorgen, dass Grenzen eingehalten werden?“
Der Wald als Sportarena
Christian Raupach, der Förster und bekennender Mountainbiker ist, will speziell die Frage klären, wie das Radfahren im Wald kanalisiert werden kann. Er fährt nach eigenem Bekunden auf befestigten Wegen, wo es eben auch erlaubt ist. Das tun aber längst nicht alle Biker, obwohl das Hessische Waldgesetz das Querfeldeinfahren untersagt. Raupach: „Da ist kein Naturverständnis, da wird der Wald zur Sportarena gemacht.“
STRECKENANGEBOT
Christian Raupach, Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbands, hält zur Vermeidung oder Verringerung von Konflikten zwischen Radfahrern, anderen Nutzern und Eigentümern im Forst ein klares Streckenangebot und Sanktionen bei Verstößen gegen Vorschriften für erforderlich.
Der Odenwald sei mit dem Radwegenetz des Geoparks vorbildlich. So gibt es bekanntlich in Beerfelden eine ausgewiesene Downhillstrecke, und in Michelstadt soll im Frühjahr ein Mountainbiketrail eingeweiht werden.
Der ist als Slow-Trail für eher langsame Fahrten gedacht und führt als Rundkurs am Habermannskreuz vorbei über den Höhenweg nach Weiten-Gesäß und Richtung Michelstadt an den Ponyhof. (est)
Dies wiederum ist der Anlass, in Michelstadt einen autorisierten Mountainbike-Waldrundkurs auszuweisen. Neben Vertretern des Geoparks und Bikern ist das Forstamt daran beteiligt. „Man versucht, sich mit allen Teilnehmern zu einigen“, erklärt Forstdirektor Thomas Mecke dazu auf Anfrage. Der Leiter des Forstamts Michelstadt sieht wie Raupach eine wesentliche Problematik in der Haftung bei eventuellen Unfällen. Verantwortung tragen letztlich die Waldbesitzer, jedenfalls bei illegalen Strecken. Daher sei der Besitzer verpflichtet, diese zu sperren.
Weil in den Wäldern immer wieder neue Trails angelegt werden, ist der Sache jedoch kaum beizukommen. Daher der Plan, eine legale Strecke auszuweisen. Bei der müsse die Verkehrssicherungspflicht gegeben sein, die Nutzung aber in Eigenverantwortung erfolgen. „Jäger und Naturschützer könnten damit zufrieden sein, wenn dann illegale Kurse ausblieben“, meint Mecke. Mit dieser Entzerrung der Waldnutzung sollen Konflikte vermieden werden, ähnlich wie beim Ausweisen von Wegen für Reiter. „Entmischungsplan hieß das früher.“
Neu geregelt wurde das Hessische Waldgesetz 2013: Um vor allem Tiere im Forst nicht zu stören, ist das Betreten des Waldes in den Abendstunden und frühmorgens untersagt, erklärt Forstdirektor Mecke. Es gehe darum, zusammen mit den jeweiligen Nutzergruppen etwas Positives zu erreichen. „Aufklärung tut Not“, meint Mecke, denn oft wissen Spaziergänger, die mal eben noch schnell mit dem Hund Gassi gehen, oder auch Radfahrer nicht, was sie in der Dämmerung mit einem Waldausflug anrichten.
Die durch Anlegen und Nutzen von Mountainbiketrails entstehenden Schäden hält der Forstdirektor für ein eher kleines Problem. „Die Störungen für die Natur sind da relevanter, und besonders das Haftungsproblem“, findet er.
Das sieht der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbands ähnlich. Dennoch weist Raupach auf beachtliche Schäden hochfrequentierter Strecken hin, etwa infolge der Erosion der Trails bei starkem Regen. Den eigentlichen Schaden erkennt er an anderer Stelle: So gebe es Probleme im Forstbetrieb bei der Holzernte. Zum Einsatz schwerer Maschinen und Motorsägen würden zwar Wege gesperrt, aber die Gefahr abseits davon plötzlich herannahender Mountainbiker sei enorm, ein möglicher Personenschaden nicht zu verantworten.
Und schließlich werde die Jagd verpachtet, um die Wildbestände zu regeln. Das Wild ordentlich zu bejagen, wird immer schwieriger, meint Raupach. Das gelte auch für Drückjagden, wenn sich die Leute nicht an Regeln halten.