Donnerstag,
14.11.2019 - 16:30
3 min
Viel Geld fließt ins marode Kanalnetz in Beerfelden
Von Thomas Wilken

Ein zweistelliger Millionenbetrag wird in den nächsten Jahren benötigt, um das Kanalnetz in Oberzent zu sanieren. Fotos: Thomas Wilken
BEERFELDEN - Jetzt holen Oberzent die Sünden der Vergangenheit ein: Außer in Hesseneck wurden in den drei früheren Gemeinden Rothenberg, Sensbachtal und Beerfelden bisher Wasserleitungen und Abwasserkanäle eher stiefmütterlich behandelt. Weder wurden sie groß untersucht geschweige denn saniert. Das Ergebnis: Bis 2025 muss die Stadt jährlich eine Million Euro ausgeben, um das Kanalnetz wieder - zumindest weitgehend - von den größten Mängeln zu befreien.
Albert Lautenschläger von der Firma Schweiger und Scholz aus Bensheim hatte die Zahlen in die Sitzung des gemeinsamen mit dem Haupt- und Finanz- tagenden Bau- und Infrastrukturausschuss gebracht. Nach der ersten Periode bis 2025 ist es aber noch lange nicht mit den Investitionen getan. Bis 2040 veranschlagt er jährlich weitere 800.000 Euro, was auf 20 Jahre betrachtet dann 17,2 Millionen Euro zusammenkommen lässt. 3,5 Millionen davon sind als Aufwand deklariert, 13,7 Millionen für Renovierung und Erneuerung veranschlagt.
Drei Punkte sind bei einem Kanalnetz zu gewährleisten, erläuterte der Sanierungsberater. Es muss standsicher, dicht und betriebssicher sein. Für 73 Prozent der Kanäle von Oberzent liegen keine auswertbaren Inspektionen vor, sagte Lautenschläger. Wesentliche Teile dürften in den siebziger Jahren erstellt worden sein. Die Kanalisation in Hesseneck ist neueren Datum und deshalb in Ordnung.
Die Rohre aus den Siebzigerjahren weisen oft Schäden auf
In der Region wurden in den Siebzigerjahren häufig Falzmuffenrohre aus Beton mit einer Baulänge von nur einem Meter verlegt, so der Fachmann. Diese weisen häufig Schäden auf. Er erwartet deshalb eine Schadensdichte von 37,5 Prozent der 170 Kilometer auf der Gemarkung. Die Reparaturen gliedern sich in geschlossene Bauweise mittels Robotertechnik und offene Bauweise.
Lautenschläger geht davon aus, dass um die 90 Prozent der Schäden mit der günstigeren Robotertechnik behoben werden können. Bei zwei Prozent muss aufgegraben werden. Der Anteil von neueren Schäden hält sich seinen Worten zufolge stark in Grenzen, weil in späteren Jahren mit besserem Material sorgfältiger gearbeitet wurde.
Zum Oberzent-Kanalnetz gehören derzeit folgende Sonderbauwerke: 30 Regenüberläufe, zwei Regenüberlaufbecken, sechs Pumpwerke und die Kläranlage in Hebstahl. Diese soll auch nach der geplanten Übertragung des Netzes an den Abwasserverband Mittlere Mümling (AVMM) weiter von der Stadt Oberzent betrieben werden.
Umbauzeit von fünf Jahren
An den übrigen Bauwerken werden zur Anpassung an den Stand der Technik und für einen wirtschaftlichen Betrieb etwa 200.000 Euro benötigt. Bei einem Umbauzeitraum von fünf Jahren ergeben sich jährliche Kosten von 40.000 Euro, so der Ansatz der Verwaltung. Verwertbare Kanalinspektionen, die nicht älter als zehn Jahre sind, liegen vor allem für Beerfelden und Rothenberg vor. 73 Prozent der Kanäle sind bis 2025 wiederkehrend zu untersuchen. Hierfür werden etwa 600.000 Euro benötigt.
Lautenschläger bezeichnete das Kanalnetz in Oberzent als "weder besonders gut noch besonders schlecht". Hausanschlüsse, undichte Muffen und Wurzeln bilden die hauptsächlichen Gründe für Schäden, die zum Großteil in den Ortschaften auftreten. Vor allem die dringenden Schäden müssen vorrangig angegangen werden, um den Auflagen der Aufsichtsbehörde nachzukommen. Gleichzeitig plädierte der Fachmann aber auch nachdrücklich für ein Konzept, wie man in den kommenden Jahren agieren will.
Bis 2025 steht auf jeden Fall die Vervollständigung der Inspektionsdaten an, um eine fundierte Basis für weitere Maßnahmen zu haben. "Wir brauchen Befahrungen, die nicht älter sind als zehn Jahre", betonte Lautenschläger. Es geht um eine langfristige Planung über Jahre hinweg. "Nicht mit der Brechstange rangehen", empfahl auch AVMM-Betriebsleiter Gunnar Krannich. Die Behörden bekommen seinen Worten nach Erläuterungen mit an die Hand, was erledigt wird. Dann die müssen bei Laune gehalten werden, betonte auch Kehrer. Weil es jahrelang nur Beschwichtigungen gab, verstehen die Ämter inzwischen keinen Spaß mehr und wollen Ergebnisse sehen.