Im Gesundheitsversorgungszentrum Beerfelden arbeiten Haus- und Fachärzte zusammen, zudem gibt es Psycho- und Physiotherapeuten. Das Konzept der kurzen Wege geht offenbar auf, wie ein Tag der offenen Tür zeigt.
Von Thomas Wilken
Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises, Petra Karg, spricht mit Alwin Weber, Bürgermeister Christian Kehrer und Elke Kessler von der Beerfelder GVZ-Geschäftsstelle (von links).
(Foto: Thomas Wilken)
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BEERFELDEN - Das Gesundheitsversorgungszentrum (GVZ) ist seit seiner Eröffnung im März kräftig gewachsen. Und es ist noch lange nicht am Ende, wie der zweite Vorsitzende des Vereins Gesundheitsversorgungskooperation Oberzent (GVKO), Dr. Alwin Weber, bei der Begrüßung anlässlich des Tags der offenen Tür betonte. Die Organisatoren hatten ein abwechslungsreiches Vortragsprogramm zu Themen wie Demenz, Schlaganfall, Arthrose oder Depression vorbereitet. Dazu informierten verschiedene Aussteller über ihr Angebot.
„Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, bei der Gesundheitsversorgung in der Fläche für Verbesserung zu sorgen“, betonte Weber. Die Stadt (früher Beerfelden, jetzt Oberzent) habe den Fehlbedarf frühzeitig gesehen und begonnen, gegenzusteuern. Die Ausstellung „zeigt, was die Region leisten kann“, hob Weber mit Blick auf die Pflegeanbieter und Wohlfahrtsorganisationen sowie Beratungsstellen hervor.
„Gesundheit ist unser höchstes Gut“, sagte Bürgermeister Christian Kehrer. Gerade jetzt, wenn eine Erkältungswelle durchs Land rolle, „von der Männer besonders betroffen sind“, sagte er schmunzelnd, werde der Bedarf an ärztlicher Versorgung deutlich. Vor drei Jahren sei man vor dem Hintergrund der kommunalen Daseinsvorsorge tätig geworden, erläuterte er. Denn damals wie heute „haben wir ein Marktversagen festgestellt“. Es gab immer weniger Ärzte, die immer älter werden.
KONTAKT
Das Gesundheitsversorgungszentrum befindet sich im ehemaligen Breimer-Gebäude am nordöstlichen Ortsausgang von Beerfelden Richtung Hetzbach, Mümlingtalstraße 58, Telefon 06068-75910-00, im Internet auf www.gesundheitsregion-oberzent.de. (wilk)
Kehrer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Thema Gesundheit „nicht die originäre Aufgabe der Kommune ist“. Jedoch gelte es, die wohnortnahe Versorgung sicherzustellen. Gerade bei einer immer älter werdenden Bevölkerung mit mehreren Leiden reiche ein Hausarzt nicht mehr aus. „Wir können die Leute nicht von Pontius zu Pilatus schicken“, sagte er. Gerade auf dem Land gebe es lange Wege.
Im GVZ, wo Haus- und Fachärzte zusammenarbeiten und es darüber hinaus noch Psycho- und Physiotherapeuten gibt, „haben wir kurze Wege“. Kehrer hob hervor: „Die Vernetzung aller Akteure ist notwendig.“ Zum Glück gebe es bei der Gesundheitsversorgung gerade im Hausarztbereich inzwischen „punktuelle Lichtblicke“.
Weber warnte davor, „den Blick auf die gute Hausarztsituation zu verengen“. Die Analyse habe ergeben, dass in Oberzent der größte Bedarf herrsche. Der Mediziner sprach von einer „Superversorgung in Deutschland“. Jedoch befänden sich die einzelnen Sparten „in Silos“. Es gebe kaum Querverbindungen. Er stelle jedoch derzeit den Beginn einer Neuentwicklung fest. Mit dem GVZ „haben wir ein zartes Pflänzchen geschaffen, das weiterentwickelt werden muss“.
Das Jahr 2020 bezeichnete er als „gewissen Endpunkt“, auch im Hinblick auf bisher bestehende Förderungen. Danach, betonte Weber, „wird sich die Region selbst um die Strukturerhaltung kümmern müssen“. Bis dahin, wünschte er sich, soll das GVZ ein Selbstläufer werden. Er zeigte sich optimistisch, dass dieses Ziel erreicht werden kann.
„Es geht nicht nur um die körperliche, sondern auch um die psychische und soziale Gesundheit“, meinte er. Alle drei Teile sollten miteinander verknüpft werden. Die Versorgung von Bedürftigen „dürfen wir nicht vom Arzt aus denken“, forderte Weber. Die Befragung der Bürger habe ergeben, dass neben dem Hausarzt großer Bedarf bei Augenärzten und Orthopäden gesehen werde. Deshalb sei das Ziel des GVZ, „Multiprofessionalität unter ein Dach zu bringen“. Ziel sei es, „die Region für neue Niederlassungen attraktiv zu machen“.
Wichtig ist es nach Webers Worten, dass das GVZ für die Bevölkerung leicht erreichbar ist. Er warb angesichts der Bevölkerungszahl von Oberzent für Verständnis, dass die Fachärzte nicht an jedem Wochentag Sprechstunden anbieten können. Der Mediziner bezeichnete es als Herausforderung, die neue Stadt so zu versorgen, dass die Erreichbarkeit aus allen Stadtteilen gewährleistet ist. Da drei Viertel der Bevölkerung mit dem Auto unterwegs sind, „müssen wir auch immer die Parkplätze im Fokus haben“, so Weber.