In all den 42 Jahren "Guru-Feschd", wie die Einheimischen das Finki-Festival liebevoll nennen, hat es das noch nicht gegeben: "Ausverkauft" heißt es bereits am frühen Freitagabend.
FINKENBACH. In all den 42 Jahren "Guru-Feschd", wie die Einheimischen das Finki-Festival liebevoll nennen, hat es das noch nicht gegeben: "Ausverkauft" heißt es bereits am frühen Freitagabend. "Guru-Guru"-Booker Karl-Heinz Osche freut sich am Eingang wie ein Schneekönig: "So einen guten Besuch habe ich noch nie erlebt." 2500 Armbänder wurden hergestellt - alle verkauft. Auch Armin Löffler vom mitveranstaltenden FC Finkenbachtal hat ein breites Lächeln im Gesicht. Ein Lohn der harten Arbeit im Vorfeld, sagt er. Mani Neumeier, der Kopf von "Guru Guru", ist im Jahr des 50. Bandjubiläums einfach nur glücklich darüber, dass "seine" Musik so viele Anhänger hat.
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Dass die Band ein halbes Jahrhundert bestehen würde und das Festival seit 42 Jahren, "hätte ich damals nie gedacht", meint er. "Es ist ein Wunder, dass so etwas passieren kann", sagt der 77-Jährige angesichts der heutigen Gesellschaft, in der nur das "Schneller, Höher, Weiter" zähle. Ihm tut es leid, dass manche Interessierte nicht mehr aufs Gelände dürfen. Für die wurde aber dann am Samstag als Jubiläumsgeschenk der blickdichte Zaun entfernt, sodass sie noch einen guten Blick auf das Geschehen haben.
Wenn Mani Neumeier 50 Jahre zurückschaut, wird er etwas wehmütig. "Viele Kollegen von damals sind schon gestorben." Deshalb ist es für ihn ein großes Glück, "dass ich immer noch mitspielen darf": Das diesjährige Festival sei "wie Geburtstag und Weihnachten zugleich". Der Musiker empfindet es als faszinierend, "so lange diese Kultur machen zu können, die man sonst auf dem Land nicht findet. Denn wir haben einen hohen Qualitätsanspruch."
Die Besucher kommen von weit her, um Bands geballt live zu sehen, die anderswo kaum noch zu erleben sind. Auch wenn es dieses Mal bei bestem Festivalwetter - leicht bewölkt, nicht wärmer als 25 Grad - besonders voll ist und sich die Menschen beim Auftritt der Gurus dicht an dicht drängen, "bleibt es immer noch gemütlich", weiß Neumeier. Jeder kennt jeden. Laufend muss der 77-Jährige eine Hand schütteln, wird umarmt, bekommt von Amon Düül ein T-Shirt in die Hand gedrückt, signiert Plakate. Geduldig macht der Gründer alles mit. Alte Weggefährten, mit denen er vor mehr als vier Jahrzehnten auf der Bühne stand, kommen vorbei und freuen sich wie Bolle, endlich mal wieder den Mani zu treffen.
Der Auftritt von "Guru Guru" ist dann auch so etwas wie eine Zeitreise. Es gibt Stücke der neuen CD "Rotate" zu hören, aber auch einen Ausflug in frühere Jahrzehnte. Ex-Gitarrist Ax Genrich kommt zum "LSD-March" von 1970 auf die Bühne, Luigi Archetti greift bei "Moshi Moshi" aus 1997 in die Saiten. Die Jungs von "Epitaph", dieses Jahr der Opener des Festivals, "habe ich das erste Mal in den 70er Jahren in Darmstadt getroffen", erzählt Neumeier. Auch die Musiker von "Amon Düül" kennt er "bereits seit Urzeiten". Mit "Kraan" hat er vor ein paar Jahrzehnten CDs aufgenommen. Alle freuen sich, "dass wir noch leben", grinst der Guru-Chef. Wann Schluss sein wird, weiß auch er nicht. "Das macht das Ganze prickelnder", gewinnt Mani Neumeier dem Altern eine gewisse Spannung ab.
"Das waren die Besten heute Abend", war mehrfach über den Opener Epitaph zu hören. Die Hannoveraner Krautrock-Legenden, denen sich die langen Musik-Jahre als Falten ins Gesicht gemeißelt haben, spielen Hardrock ohne viele Schnörkel.
Weltmusik mit Querflöte, Drehleier und Mandoline
Die "Dissidenten" im Anschluss sind eindeutig sperriger, auch wenn ihre Weltmusik mit Querflöte, Drehleier und Mandoline samt arabischen Klängen viel differenzierter rüberkommt. Mit viel Verspätung geht's dann mit Amon Düül II weiter. Und die Ohren machen Augen. Komplex, verspielt, vertrackt, rockig, mächtig schallt der Sound über den sich langsam wegen der herankriechenden Kälte leerenden Platz.
Marblewood beschließt am frühen Morgen den Tag. "Jane" am Samstagabend bildet nach dem umjubelten Guru-Auftritt einen hochkarätigen Abschluss. Die Band mit ihrem puren Hardrock begeistert noch einmal die Massen, während sich bei "Vibravoid" langsam aber sicher die Reihen leeren. Kein Wunder, denn das Thermometer zeigt nur noch zehn Grad.