Die Spieleabende in Beerfelden eröffnen neue Lernfelder und kommen bei allen Altersgruppen gut an.
BEERFELDEN. „Die Quacksalber von Quedlinburg“ heißt das 2018 ausgezeichnete Strategiespiel, das die grauen Zellen am einen Tisch glühen lässt. Nebenan wird ganz konzentriert gewürfelt, damit bei „Mensch ärgere dich nicht“ die richtige Zahl herausspringt. Am dritten Tisch wiederum zieht man das Kartenspiel vor: Erst ist es das gute alte Rommé, dann folgt mit „Just One“ eine modernere, diffizilere Ausgabe. Dazu ist der Schrank im Kellerraum des evangelischen Gemeindehauses prall gefüllt mit einer Vielzahl von Spielvarianten, die kaum Wünsche offenlassen.
Ob es die Karten-Klassiker sind, die bereits von den Großeltern „gekloppt“ wurden, oder aktuelle Gesellschaftsspiele, bei denen viel Gehirnschmalz eingesetzt werden muss: Auch im Smartphone-Zeitalter hat diese Form der Freizeitbeschäftigung zusammen mit Gleichgesinnten nichts von ihrer Faszination verloren. Das zeigt jeden ersten Freitag im Monat der Spieleabend im evangelischen Gemeindehaus.
Die Idee dazu hatte Stadtjugendpfleger René Tunn, der seit jeher an Gesellschaftsspielen interessiert ist. Gesagt, getan: „Zu Beginn testeten wir verschiedene Spiele während der offenen Donnerstagtreffs“, erinnert sich Tunn. Die Jugendlichen waren so begeistert, „dass wir uns dazu entschieden, einen monatlich stattfindenden Spieltreff für Jung und Alt in den Wintermonaten zu initiieren“.
„Mindestens zehn Spielinteressierte zwischen elf und 76 Jahren sind pro Veranstaltung da“, freut sich René Tunn über die große Resonanz. Zudem sind vier Spiele-Erklärer dabei, die den Teilnehmern zum einen bei den Grundzügen helfen, zum anderen auch bei Fragen zwischendurch als Ansprechpartner fungieren. Die Veranstaltung hat bis dato an die 80 Besucher. „Manche kommen einmal pro Spielesaison, und andere sind regelmäßig da“, hat Tunn festgestellt. Warum Spielen? „Das eröffnet Lernfelder“, weiß der Kenner. Man lernt mit Niederlagen umzugehen und mit anderen Menschen zu kooperieren. Und: „Das Gewinnen sorgt für schöne Erlebnisse.“ Eine wichtige Erfahrung ist aber auch, „dass das Verlieren zum Leben dazugehört und schon im nächsten Spiel die Karten neu gemischt werden“. Werte wie Fairness, Respekt, Toleranz und Gleichheit sind genauso wichtig wie Offenheit und der gemeinsame Dialog – egal ob es sich um kooperative Spiele handelt oder ob man gegeneinander antritt.
Wie der Stadtjugendpfleger ergänzt, waren es gesellschaftliche Ereignisse, die Ende 2018 dazu führten, dass sich deutschlandweit eine Gruppe von Spielebloggern zusammentat, um die Wichtigkeit dieser Werte hervorzuheben. Innerhalb kürzester Zeit schlossen sich hunderte Spieleblogger der Aktion „Spielend für Toleranz“ an. Die Jury zum „Spiel des Jahres“ unterstützte sie ebenfalls. „Aktuell steht unser Spieltreff genau unter diesem Motto“, so Tunn. Die Spiel-des-Jahres-Jury sponserte im Dezember den Treff mit einem großzügigen Spielpaket.
Gespielt werden aktuelle Karten-, Würfel- und Brettspiele wie etwa „Looping Louie“, „Geistesblitz“, „Klask“ oder „Speed Cups“ sowie Klassiker wie Dame, „Mensch ärgere dich nicht“ und Rommé. Ob ein kurzes Würfel- oder ein Legespiel oder verschiedene Spaß-Spiele: „Für jeden ist etwas dabei“, versichert Tunn. „Der Einzelne kann aus sich rausgehen, aber auch das Erlebnis in der Gruppe genießen.“
Spiele-Erklärer Tim Koch, ein Mitinitiator des Spieltreffs, ist Jurymitglied beim „Spiel des Jahres“. Durch ihn kommen die Teilnehmer – neben seinem unschätzbaren Wissen in dieser Sparte – in den Genuss, jedes Mal Neues ausprobieren zu können, ohne diese Spiele gleich kaufen zu müssen.