Ein Opel Blitz zum Löschen

Zu den Großeinsätzen der Beerfelder Feuerwehr in deren nunmehr 140-jähriger Geschichte zählt der Brand des ehemaligen Gasthauses „Zur Sonne“ im Dezember 2016. Foto: Thomas Wilken
© Thomas Wilken

Die Feuerwehr in Beerfelden feiert 140-jähriges Bestehen. Das Aufgabenspektrum der Einsatzkräfte befindet sich im Wandel.

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BEERFELDEN. Was muss das für ein Bild in den Straßen Beerfeldens Ende des 19. Jahrhunderts gewesen sein. Mit dem Pferdefuhrwerk schaffte die Feuerwehr im Brandfall die Wasserpumpen an die benötigen Punkte, um ein Feuer zu bekämpfen. Männer in ihrer Uniform und mit den kaiserreich-typischen Helmen blickten vor der Martinskirche ernst von einem Bild herab. Heute, genau 140 Jahre nach Gründung der Freiwilligen Feuerwehr, hat sich absolut alles gewandelt.

Zu den Großeinsätzen der Beerfelder Feuerwehr in deren nunmehr 140-jähriger Geschichte zählt der Brand des ehemaligen Gasthauses „Zur Sonne“ im Dezember 2016. Foto: Thomas Wilken
Die Feuerwehr Beerfelden im Jahr 1904. Foto: Thomas Wilken

Die älteste Feuerwehr im Odenwald, die Michelstädter, ist zehn Jahre älter als die in Beerfelden. „Dafür sind wir aber die stärkste Ortsteilwehr“, sagt Vereinsvorsitzender Marc Gärtner. In der Stadt am Berge war es die Erinnerung an das Feuer von 1810, die am 19. Januar 1879 zur Gründung im „Schwanen“ führte.

Hakenleiter, Einreißhaken und Löscheimer waren um die Jahrhundertwende am Turnplatz gelagert, weiß Wehrführer Rolf Scheuermann. Zwischen den Pfarrhäusern gab es früher die Realschule, in deren Schuppen Handpumpe und Schläuche untergebracht waren. 1925 entstand das erste Feuerwehrhaus in der Neuen Straße, heute der Alte Bauhof. Dort war auch das erste Löschfahrzeug abgestellt. Bei dem Horch-Achtzylinder handelt es sich um ein ehemaliges Taxi mit Anhängerkupplung.

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Mit dem fuhren die Beerfeldener Ende des Zweiten Weltkriegs nach Darmstadt oder Offenbach, wenn sie nach den Bombenangriffen von dort zu Löscheinsätzen angefordert wurden, erzählt Scheuermann. In den Kriegsjahren erhielt die Wehr auch die erste Motorspritze. 1954 kam dann der legendäre Opel Blitz hinzu, der noch vielen Wehrleuten in Erinnerung ist. 1966 entstand das heutige Feuerwehrgerätehaus, an das 1980 eine zweite Fahrzeughalle angebaut wurde. 2011/12 folgte die Aufstockung. Große Waldbrände, extreme Wetterlagen und Verkehrsunfälle beschäftigen heutzutage die Brandschützer, während es früher Scheunen- und Bauernhof-Feuer waren. Gerade im vergangenen Jahr schlugen sich solche Ereignisse stark in der Einsatzbilanz nieder. Um immer up to date zu sein, gibt es Fortbildungen für die Waldbrandbekämpfung. Außerdem existieren neuerdings spezielle Rucksäcke, die den Transport von Wasser auf dem Rücken erleichtern.

Wo heute der digitale Piepser angeht, sah das noch vor 40 Jahren völlig anders aus, erinnert sich der 57-jährige Scheuermann. Denn Ende der Siebzigerjahre startete er bei der Feuerwehr. Wurde per Telefon ein Brand gemeldet, „musste einer auf den Metzkeil rennen und die Sirene auslösen“, erzählt er. Der damalige Wehrführer kam dann zu Fuß oder mit dem Schlepper zum Metzkeil und los ging die Löschmission. Natürlich waren die Schäden damals noch viel größer, da es ungleich länger dauerte, zum Brandort zu kommen.

„Die Funktechnik wurde zu dieser Zeit erst eingeführt“, erzählt Scheuermann. Durch sie gelangten die Wehrleute schneller an die Einsatzstelle. Auch die Kommunikation vor Ort wurde besser. „Vorher wusste einer hinter dem Haus nicht, was vorn abgeht“, schildert er das Problem. Der Fortschritt machte sich in den Folgejahren auch in anderen Aspekten bemerkbar. Etwa bei der Atemschutzausrüstung: Die bestand noch Ende der siebzigern Jahre aus Blaumann-Overall plus Gummistiefel. Die Fahrzeugflotte erfuhr erst ab den Achtzigerjahren eine Modernisierung, ergänzt Gärtner. Höhepunkt: der Drehleiterkauf im Jahr 2000. Ausschlaggebend hierfür war ein Brand beim Fachmarkt Hartmann. Großbrände wie 1972 auf einem Bauernhof, beim Sägewerk oder vor drei Jahren an der früheren „Sonne“ hatten die Brandschützer immer wieder zu bewältigen. Als „unersetzlich im städtischen Leben“ charakterisiert der Wehrführer heute die Truppe. Scheuermann weiß, wovon er redet, denn seit 23 Jahren ist er Wehrführer in Beerfelden. Sorgen bereitet ihm für die Zukunft die Tageseinsatzstärke. Die ist nur noch in Beerfelden und Rothenberg gegeben, aber mit abnehmender Tendenz.