ZUSAMMENARBEIT
Die Science-Slam-Bewegung im Odenwald geht auf die Odenwald-Akademie (Ideengeber und Initiator) und das Bad Königer Unternehmen Peripherique (Betreiber des Clubs „Unterholz“) zurück. Diese haben auch schon zuvor das ebenfalls beliebte Genre der Poetry-Slams ins Kreisgebiet geholt. (mgi)
MICHELSTADT - Von wegen Wissenschaft sei eine trockene Angelegenheit. Mit etwas Ideenreichtum lassen sich Forschungsergebnisse so humorvoll präsentieren, dass ihre Aufnahme eine Freude ist. Auf die Bühne übertragen, nennt sich diese Art der Vorlesung Science Slam. Mehr als 150 Besucher hatten am Mittwoch ihren Spaß am etwas anderen Wettstreit der Wissenschaften im Michelstädter Club „Unterholz“, in dem junge Besucher, der beengten Verhältnisse wegen, selbst auf der Bühne Platz nehmen durften und die ersten Stuhlreihen ebenso nahe an das Geschehen heranrückten.
Licht für die Suche nach dunkler Materie
Inhaltlich bot der dritte Science Slam Odenwald mit Moderator Alexander Deppert ein kurzweiliges und spannendes, ideenreiches und mit präzisen Übertreibungen und Vergleichen bestücktes Unterhaltungsprogramm, in dem der wissenschaftliche Anspruch an Korrektheit und Messbarem nicht zu kurz gekommen war. Jeder der sechs Wissenschaftler hatte zehn Minuten Zeit, um dem Publikum sein Thema samt einer teils provokant formulierten Fragestellung oder Behauptung näher zu bringen. Gewonnen hatte, wer den stärksten Beifall erhielt. Da dies ohne technische Vorkehrung schwer messbar blieb, war im Zweifelsfall das Handzeichen ausschlaggebend.
Die erste Wahl fiel auf Philipp Gadow vom Münchner Max-Planck-Institut für Physik, der mit starken Bildern und simplen Vergleichen „Licht ins Dunkel: Die Suche nach dunkler Materie am LH“ brachte. Die Lösung sei nobelpreisverdächtig, davon war nicht nur der Physiker überzeugt. Überhaupt: Wenn im Universum vier Mal mehr Teilchen unterwegs sind als bisher bekannt, gebe es noch jede Menge zu erforschen. Aber weshalb sich mit der Quantenfeldtheorie herumschlagen und mit Elementarteilchen wie den W- und Z-Bosonen (Teilchen der schwachen Kernkraft) aufhalten, wenn ein Abflussrohr ausreicht für den einfachen Vergleich mit einem Teilchenbeschleuniger? Die Demonstration des „Hundebeschleunigers“ erbrachte den Beweis: Das Stofftierchen landete im Publikum, und das von der Auszubildenden im Elfenbeinschnitzhandwerk, Laura De Luca Romina, als erster Preis hergestellte Unikat war dem Science Slamer sicher.
Kreativität bewiesen aber auch die nicht preisgekrönten Wissenschaftler. Peter Heiland ist Bauingenieur aus Darmstadt und stellte die Frage „What the fuck is Hochwasserrisikomanagement?“ Der Biotechniker Johann Liebeton von der TU Darmstadt unterhielt mit dem Gedanken „Was Sie schon immer über Entengrütze wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten“ und der gebürtige Odenwälder Michel Keller, der derzeit in Paris promoviert, veranschaulichte „Wenn Moleküle Party feiern – Chemie im Dieselmotor“. Sascha Staubach vom Goethe-Institut Frankfurt beleuchtete den Wert von Heilsteinen aus wissenschaftlicher Sicht, und der in Etzen-Gesäß geborene Philosoph Martin Weyrauch gab sich zunächst als Neurowissenschaftler aus, um seinem Vortrag „Der neurowissenschaftliche Ursprung des freien Willens“ mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Der Preis des Abends wurde von der Berufsfachschule gestiftet. Wilfried Schulz, Schulleiter des Beruflichen Schulzentrums, war nicht nur zur Gratulation, sondern bereits zu Beginn der Veranstaltung auf die Bühne gekommen, um vertretungsweise auch für den Odenwaldkreis und den Ausrichter die Gäste zu begrüßen.
Die weiteren Slammer und der Moderator erhielten zum Dank für ihre Beiträge für einen gelungenen Abend Buchgeschenke. Mit Moderator Deppert stand nicht nur ein Poetry Slam Champion auf der Bühne, sondern auch der Erfinder des Science Slam, der die Idee in den Odenwald exportiert hatte. Auf seine Anregung hin stimmte das Publikum auch über eine mögliche Namensgebung der Veranstaltung ab, die aus ihren Reihen eingereicht worden war. Mit „Science oft the Forest“ setzte sich ein Vorschlag durch, über den die Odenwald Akademie nun zu befinden habe.