WÜRZBERG - Die Stadt Michelstadt wird sich mit ihren Grundstücken nicht am geplanten Windpark in der Gemarkung Mies bei Würzberg beteiligen. Dies hat die Stadtverordnetenversammlung am Dienstagabend im Dorfgemeinschaftshaus des Michelstädter Höhen-Stadtteils beschlossen. Gegen eine Beteiligung der Kommune stimmten CDU, FDP und die meisten ÜWG-Vertreter. Für ein Mitziehen beim Windpark-Projekt der Darmstädter Entega GmbH und der Energiegenossenschaft Odenwald (EGO) sprachen sich die Grünen sowie ÜWG-Mitglied Dr. Andreas Untergasser aus. Die SPD enthielt sich. Knapp 50 Zuhörer verfolgten die Beratungen.
Das mehrheitliche Nein der Michelstädter Kommunalpolitiker fußt auf grundsätzlichen Bedenken gegen den Würzberger Standort mit insgesamt fünf geplanten Rotoren; auf den städtischen Grundstücken hätte eines davon errichtet werden sollen. Die Höhe der Windräder, ihre Nähe zur Siedlungsfläche und zum Kastell Würzberg mit seinem Römerbad sind Kritikpunkte der Kommune.
Wie zum Beispiel Tobias Robischon (ÜWG) kritisierte, sollten die Rotoren mit einer Gesamthöhe von 241 Meter deutlich größer ausfallen als ursprünglich angegeben. Zudem sah der Überparteiliche finanzielle Risiken für Grundstückseigentümer und Stadt vor allem bei einem Rückbau der Anlagen, wenn die nach 20 bis 25 Jahren nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sein werden. Robischons Hinweis, die Projektierer seien nicht wirklich bereit gewesen, die Belastungen für Anlieger zu reduzieren, wurde von Bürgermeister Stephan Kelbert relativiert: „Da gab es schon Bereitschaft, doch hier wurde nicht zu Ende verhandelt.“
EGO: WERDEN RECHTE VERKAUFEN
REchte-Verkauf
„Wir werden den Standort nun nicht weiter verfolgen und unsere Projektrechte an mögliche andere interessierte Projektierer veräußern.“ Dies stellte EGO-Vorstandsvorsitzender Christian Breunig gegenüber dem ECHO klar, nachdem Michelstadts Kommunalparlament beschlossen hatte, sich nicht am Windpark bei Würzberg zu beteiligen. „Wir sind enttäuscht, weil von unserer Seite aus stets gemäß Flächennutzungsplan und geltender Regeln gehandelt wurde. Wir sagten von Beginn an, dass wir nichts gegen den Willen der Kommunen tun“, so Breunig.
Den Vorwurf, den Kommunalpolitikern „gedroht“ zu haben, wies der EGO-Chef zurück: „Wir haben nur aufgezeigt, was wahrscheinlich passieren wird.“ (big)
„Es gab viele Beratungstermine, viele Fragen und wenig Antworten“, bekräftigte Georg Walther (CDU) das Nein seiner Fraktion zum Windpark Würzberg. Die Hinweise der Projektierer, auch wenn Michelstadt nicht mitziehe, werde dort gebaut – dann aber von einem anderen Investor und womöglich in größerem Umfang, habe man sehr wohl als Drohung empfunden. „Dies hat uns in unserem Nein eher noch beflügelt.“
Auch FDP sieht mehr Nachteile für die Kommune
Auch Moritz Promny (FDP) sah mehr Nachteile für die Kommune: Der Eingriff in die Landschaft, der Wertverlust der Häuser, Nachteile für den Tourismus wögen schwerer als 25 000 Euro Pachterlös pro Jahr. Zudem laufe beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ohnehin vieles falsch: „Der Nutzen wird privatisiert, die Belastungen werden sozialisiert.“
„Es läuft nicht alles gut mit der Energiewende. Doch wir wollen einen intelligenten Energiemix und stehen zu unserem Odenwälder Windkraft-Flächennutzungsplan.“ Mit diesen Worten wies Hans Jürgen Zinn (Grüne) auf den Fakt hin, dass der Standort Mies in eben jenem Papier vorgesehen ist und somit auch von den Michelstädter Gremien einst gutgeheißen wurde. (Wie berichtet, wurde der Odenwälder FNP vom RP Darmstadt abgelehnt; Landkreis und Kommunen haben inzwischen bereits in zweiter Instanz Klage dagegen eingereicht.) Zudem würden von dem „solidarisch aufgestellten“ Würzberger Projekt, so Zinn, auch rund 30 Kleinpächter profitieren. Und dass es den Klimawandel tatsächlich gebe, sei inzwischen kaum noch zu bezweifeln. „Deshalb sollten wir dem Pachtvertrag zustimmen.“ Dafür erntete der Grüne Applaus von mehreren Zuhörern.
Ähnlich argumentierten Rainer Raßloff (SPD) und Dr. Andreas Untergasser (ÜWG), der damit jedoch allein stand in seiner Fraktion: „Hier geht regionale Wertschöpfung verloren. Und dass Würzberg auch ohne unser Mittun Windräder kriegen wird, steht außer Frage.“ Damit wiesen beide darauf hin, dass angesichts der aktuellen Rechtslage solche Vorhaben derzeit kaum zu verhindern sind: Der Odenwälder FNP hat keine Rechtskraft, der noch nicht rechtskräftige Entwurf des Regionalplans Südhessen sieht eine weit größere Belastung Michelstadts vor.
Bürgermeister Kelbert bekundete grundsätzliches Unbehagen: „Kommunale Planungshoheit ist ein hohes Gut. Mit der Ablehnung unseres Flächennutzungsplanes wurde sie – aus eher geringfügigen Gründen – dem EEG-Ausbauziel der Landesregierung geopfert. Das ist für uns schwer erklärbar.“